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Chancen und Risiken der Digitalisierung Zustellung beschleunigt sich weiter

Test- und Anwendungszentrum L.I.N.K. des Fraunhoferinstitut  Integrierte Schaltungen Foto: Kurt Fuchs, Fraunhofer IIS

Ideen zur Nutzung der Digitalisierung in der Logistik gibt es viele – doch wie praxistauglich sind sie?

Experten zum Thema aus Forschung und Praxis gaben beim diesjährigen Nürnberger Logistikforum, organisiert vom Cluster Bahntechnik und der Logistikinitiative Bayern, an zwei Tagen zahlreiche Impulse für die weitere Diskussion. Dabei machte etwa Prof. Dr. Albert Heuberger, Leiter des Fraunhofer Instituts für Integrierte Schaltungen (ILS), deutlich, dass "virtuelles Planen und Optimieren einen Link zu den echten Prozessen" brauche. "Unsere Technologien können wir nur erfolgreich in die Anwendung bringen, wenn wir die Sprache der Anwender sprechen." Zu diesen gehören Industrie und Handel ebenso wie Transport- und Logistikdienstleister.

Für dieses Ziel arbeitet sein Institut als Teil des Leitprojekts Digitalisierte Wertschöpfung namens Bayern.Digital an Methoden und Techniken, um vernetzte Mobilität und das Internet der Dinge für Behältermanagement und Indoor-Lokalisierung sowie mittels Niedrigenergie-Elektronik und mehr sinnvoll nutzbar zu machen. "Wenn eine AA-Batterie fünf bis zehn Jahre hält, ist vieles möglich", so der Institutsleiter, etwa bei der Steuerung sogenannter Smart Objects.

Fraunhofer: Offenes Labor

Welche Hilfen Digitalisierung und neue Kommunikation konkret bieten, verdeutlichten die Fraunhofer-Wissenschaftler bei einem Rundgang durch ihr offenes Labor namens Link. In der Halle wird demonstriert, wie sich Gabelstapler orten lassen, sich die Kosten für Kommissionierung durch Pick-by-light reduzieren oder die Sicherheit in der Luftfracht erhöhen lassen. Auch energieautarke Systeme für kleinste Einheiten werden hier erprobt, etwa ein Hybridsystem mit Speicher und Energiewandler, dass die Vibration eines Lkw nutzen könnte, um ein Minimum an Energie zu erzeugen. Drei bis fünf Jahre Lebensdauer wären somit möglich. Für die Luftfracht entwickelt Fraunhofer ILS unter dem Namen Cairgolution zurzeit ein System, das für mehr Transparenz in der Luftfrachtkette sorgen könnte. Das Projekt wird mit DHL entwickelt. Das Öffnen einer elektrischen Plombe verursacht eine Warnmeldung. Sie soll in Echtzeit übermittelt werden. Die Röntgensignatur eines Containers erlaubt einen Vorher-Nachher-Vergleich, allerdings müsste dazu ein zweiter Röntgenschritt möglich werden, was bisher nicht vorgesehen ist. Ein eigens für Luftfracht entwickeltes Solarpaneel könnte die Energie dazu liefern. 

Das Unternehmen Eurolog war auf der Suche nach einer Möglichkeit, seine Logistikketten im Rahmen einer Stückgutkooperation schnell und transparenter zu steuern. Alle Beteiligten sowie deren Software- und Telematiksysteme sollten mit sehr wenig zeitlichem und Investitionsaufwand integriert werden. Dabei wollte man sich die Verfügbarkeit eines sehr guten Rechners via Cloud sowie der von Fahrern und anderen Mitarbeitern genutzten Smartphones bedienen, bei denen meist "das neueste Equipment" zur Verfügung stünde. Ziel ist, unter dem Titel Real Pro Net eine Plattform ohne Zusatzkosten zu entwickeln.

Lösung für die normale Logistik

Durch den Einsatz von Crawlern zum Datentransport wird das Problem nicht kompatibler Schnittstellen umgangen, erklärte Eurolog-Vorstand Jörg Fürbacher. "Wir wollten auch die Fahrer mit integrieren. Er reicht nicht, zu denken, das logistische Netz auf einem Standard auszurichten. Wir brauchen eine Lösung für die normale Logistik", stellte Fürbacher klar. Eine App, die der Fahrer einfach aus dem Google-Store herunterladen kann, sei dabei die einfachste Art, auf Informationen zuzugreifen und den Aufwand der Suche zu verringern.

Wie lässt sich das System aber für tägliche Probleme wie Verzögerungen an der Rampe oder beim Hub sowie durch Staus nutzen? Das vor drei Jahren gestartete Projekt soll das Steuern des Hauptlaufs ermöglichen, indem Fahrer Informationen über Ankunft und Abfahrt eingeben. Per Smartphone kann etwa der Disponent alle Daten auslesen, was auf dem Lkw ist, wo er sich befindet, ob er noch im Zeitplan ist. Allerdings brauche es das datenschutzrechtliche Einverständnis des Fahrers. Das System ermögliche den beteiligten Partner (die Speditionen Lode, Wolf und Geis, das Netzwerk 24plus, Eurolog, Fraunhofer ILS und AISEC), Zeit und Geld zu sparen, es seinen weniger Kommunikation und Rückfragen nötig und vorhandene Software ließe sich schnell integrieren.

Globale Lieferkette soll Informationsfluss verbessern

Über seine globale Lieferkette wiederum will das Logistikunternehmen Hellmann den Informationsfluss verbessern. Das Projekt namens Smart Ocean soll die Containerüberwachung von Seefracht verbessern, vereinfachen und beschleunigen helfen. Dabei wird ein kleiner Sender am Container angebracht, der alle zwölf Stunden oder auch öfters Informationen übermittelt – etwa über den Standort, Temperatur/Feuchtigkeit, Shock, das Öffnen der Türen, den Stickstoffgehalt im Container und mehr, wie Holger Meyer, Direktor für Erneuerbare Energien bei Hellmann erklärte. Das Produkt könnten aber nicht nur Hellmann-Kunden nutzen, so Meyer, es lässt sich auch von anderen Nutzern für ein Jahr mieten. Für Hellmann ist Smart Ocean ein neues Geschäftsmodell, das auch dem Kunden nutzen könne. Die neutrale Infoplattform für hat laut Meyer viele Vorteile, sie verringert Investitionskosten, zeigt Stock Levels an, beugt Out-of-stock-Situationen vor, verbessert Lagerprozesse, reduziert sogar Verwaltungsaufwand und Versicherungskosten. Dies ist möglich, weil sich Container und Datenbanken weltweit miteinander vernetzen lassen, und dies fast in Echtzeit. Entlang der Transportkette lassen sich somit auch virtuelle Schranken aufbauen, deren Überschreitung eine Rückmeldung per Mail oder SMS auslöst, wodurch der Standort ermittelt wird. Im besten Fall schafft so die Digitalisierung viele Chancen. Wer sie nutzt, hat die Chance auf mehr Durchblick im großen Datendschungel.

Das können Hacker anrichten

Allerdings besteht auch immer das Risiko, dass andere Nutzer ungewollt in den Informationsfluss einsteigen. Welchen Schaden etwa ein Hacker anrichten kann, zeigte Marco di Filippo eindrucksvoll. Seine Demonstration unter dem Titel Digitale Angriffsszenarien zeigte, wie leicht IT-Spezialisten in Softwaresysteme von Unternehmen eindringen können, wenn diese nicht geschützt sind. Kritische Netzwerke fand di Filippo überall, im Transportwesen, bei Energieunternehmen, in der kommunalen Versorgung, in der Industrieproduktion und bei im Finanzsektor. So hackte sich der Referent via Google und Shodan in ein Fernwärmenetz ein, an dem sich tatsächlich die Temperatur ändern ließ, oder manipulierte die Überwachungskamera einer U-Bahn-Linie. Ein Problem seinen oftmals auch zu einfache Passwörter wie "Admin". Oft würden Systeme manipuliert, doch die Geschädigten reden nicht darüber, ist sich der IT-Experte sicher. Doch wer die Schwachstellen kennt, kann sich besser rüsten.

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