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Fahrermangel in Deutschland Staus gehören zum Alltag von Lkw-Fahrern

Lkw und Pkw auf einer Autobahn Foto: Alev Atas/ETM

Das gesamte Transportgewerbe sieht sich derzeit mit einer enormen Verknappung an Transportkapazitäten konfrontiert.

In Deutschland und Europa steht einem großen Überhang an Ladungen eine äußerst geringe Menge Laderaum gegenüber. Das liegt aber nicht alleine daran, dass es nicht genügend Lkw gibt, sondern weil es massiv an qualifizierten Berufskraftfahrern und Nachwuchs mangelt. Derzeit fehlen der Logistikbranche allein in Deutschland rund 45.000 Fahrer – Tendenz steigend.

Beruf nicht attraktiv

Und nicht nur das: Auch in den Bereichen Lager und Umschlag werden die Nachwuchssorgen größer. Der Arbeitsmarkt sei zum Teil wie leergefegt. "Zwar ziehen die Fahrerlöhne an, doch daraus generiert sich auf dem Arbeitsmarkt kein zusätzliches Arbeitskräfteangebot", ergänzt Mathias Krage, Präsident des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes (DSLV). Trotz nachhaltiger Lohnanpassungen steige die Attraktivität des Berufsbildes nicht.

"Ein hausgemachtes Problem", sagt Marko Vogel, Geschäftsführer von Cargo direct und des Profex Couriersystems. Viele Auf­trag­geber hätten sich Unternehmer aus dem Ausland geholt, die weniger kosten. "Wir würden unseren Mitarbeitern gerne das Doppelte zahlen, leider sind nur die wenigsten Kunden bereit, diese Mehrkosten zu tragen", fügt er hinzu. Es fehle grundsätzlich an der Wertschätzung für die Arbeit des Fahrers, die im Laufe der Jahre nicht nur anspruchsvoller, sondern auch schwieriger geworden sei. Zu viele Staus, Umleitungen und Baustellen machen pünktliches Ankommen nahezu unmöglich. "Nicht selten werden die Fahrer an den Be- und Entladestellen angepöbelt, weil sie zu spät oder zu früh sind oder die Ladung nicht wie erwartet aussieht", bemängelt er.

Zunehmende Kontrollen

Die zunehmenden Kontrollen und die Vielzahl teils neuer, unpraktikabler Verordnungen, wie die Gewichtslimitierung für Minisattel als Einstiegsmodell in das Berufsfeld, machen die Situation nicht gerade besser. Dazu kommt, dass vor allem im europäischen Ausland die Behörden happige Bußgelder, zum Teil für bereits in Deutschland geahndete Verstöße wie Lenk- oder Schichtzeitüberschreitung, kassieren. Vogel gibt zu bedenken, dass im Transportgewerbe jeder sämtliche Strafzettel von seinem ohnehin nicht üppigen Lohn selbst zahlen muss. Deutsche Berufskraftfahrer seien die Prellböcke der Nation.

Die Unternehmen haben längst erkannt, dass sie gegensteuern müssen. "Wir bezahlen unsere Mitarbeiter gut, qualifizieren sie entsprechend und bilden selbst Berufskraftfahrer aus", sagt Vogel. Führerschein und Schulung in den Modulen kosten rund 10.000 Euro – pro Nachwuchskraft. Eine Garantie, dass der Neue dann bleibt, gebe es nicht. Daher gehören die ständige Fahrersuche und eine gute Betreuung der Mitarbeiter heute zu den wesentlichen Aufgaben eines Transporteurs. "Wir halten unsere Flotte auf dem neuesten Stand und achten darauf, dass die Lkw in Sachen Sicherheit und Komfort gut ausgestattet sind", betont Vogel.

Kunden könnten mithelfen

Doch eine Entspannung sei nicht in Sicht. Im Gegenteil. "Es wird noch schlimmer", mutmaßt Vogel, der an das bevorstehende Weihnachtsgeschäft noch gar nicht denken mag. Alles was aus Standardverkehren wie Stückgut, Teil- oder Komplettladungen sowie Paketsendungen liegen bleibt, landet zunehmend bei Kurier­unter­neh­men, die als Feuerwehr unter den Transportdienstleistern gelten. "Wir tun uns zunehmend schwer, selbst im partnerschaftlichen Netzwerk Frachtraum zu organisieren, insbesondere in den Fahrzeugkategorien Lkw", klagt der Profex-Geschäftsführer.

Vogel sieht die Dienstleister am Limit ihrer Möglichkeiten. Es sei an der Zeit, dass auch Auf­trag­geber die Zeichen der Zeit erkennen und bei der Arbeit unterstützen. So appelliert er, dass neben einer frühzeitigen und detaillierten Übermittlung der vollständigen Sendungsdaten insbesondere der Umgang mit dem Fahrpersonal sensibilisiert werden müsse. Dabei seien Terminzusagen an die Empfänger ohne Abstimmung mit dem Frachtführer extrem problematisch und führen häufig zu Frust bei allen Beteiligten. Vogel: "Wenn etwas sein muss, muss es sein. Aber was nichts kostet, ist auch nichts wert. Alle wollen immer mehr und immer billiger – wer will da noch Berufskraftfahrer werden?"

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