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Berufskraftfahrer Nur vier Prozent bilden aus

Berufskraftfahrer, Ausbildung, Staatssekretär Dr. Scheuer, Dekra-Vorstand Mannsperger, Pro Lkw-Chef Jedamzik Foto: Küppers/Montage: Grobosch

Firmen dürfen in ihren Ausbildungsbemühungen nicht nachlassen. Sonst bekommen sie die volle Wucht des demografischen Wandels zu spüren. Das war eine Erkenntnis von "Ausbildung vernetzt", einer Gesprächsplattform, zu der trans aktuell geladen hatte.

Der Kampf um die Köpfe hat längst begonnen. Nicht nur Fachkräfte werden händeringend gesucht. Zunehmend buhlen Firmen aus unterschiedlichen Branchen auch um die Gunst der Schulabgänger. Dass diese Gruppe infolge des demografischen Wandels immer kleiner wird, erschwert die Suche zusätzlich. Transportdienstleister, Speditionen im Selbsteintritt und Werkverkehre müssen sich also etwas einfallen lassen, wenn sie weiterhin auf guten Fahrernachwuchs zurückgreifen wollen.

Ausbildung vernetzt

Zahlreiche Unternehmen und Verbände haben die Not erkannt und sich zu entsprechenden Initiativen zusammengeschlossen. Dahinter steht zum Beispiel das Ziel, das Image des Berufsbilds zu verbessern. Oder die Absicht, gezielt junge Leute für die Berufe der Logistik anzusprechen. Oder die Motivation, sich für eine Berufsschulklasse in der Nähe einzusetzen – denn auch an fehlenden Schulen scheitern die Ausbildungsbemühungen häufig. trans aktuell ist in Kooperation mit der Schwesterzeitschrift FERNFAHRER angetreten, diesen häufig regional oder landesweit engagierten Initiativen eine Plattform für Austausch und Diskussion zu bieten. Schirmherr der Aktion "Ausbildung vernetzt" ist der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Dr. Andreas Scheuer.

Bei der Auftaktveranstaltung von "Ausbildung vernetzt" in Stuttgart appellierte Scheuer an die Betriebe, bei der Nachwuchsarbeit nicht nachzulassen. Er lobte, dass sich die Ausbildungszahlen beim Berufskraftfahrer seit dem Jahr 2000 verfünffacht hätten. "Das klingt zunächst gut." Setzt man die Zahl der 3.254 neuen Verträge aus dem Lehrjahr 2012 aber in Relation zur Zahl von rund 90.000 Unternehmen, die hierzulande dem gewerblichen Güterkraftverkehr und Werkverkehr angehören, relativiert sich das Ganze. "Dann reden wir bezogen auf die Branche über 0,04 Azubi pro Unternehmen." Das sei viel zu wenig, um die Folgen des demografischen Wandels auszugleichen.

"Hier ist uns der Durchbruch noch nicht gelungen"

Scheuer hat den Eindruck, dass Jugendliche es zunehmend als "uncool" empfinden, in einer Firma als angehender Lkw-Fahrer anzuheuern. Der Mechatroniker spreche die Jugend stärker an. Also gelte es, in die Schulen auszuschwärmen und jungen Leuten das Berufsbild mit seinen Vorzügen näherzubringen. Der Staatssekretär sieht auch in technikbegeisterten jungen Frauen großes Potenzial. "Hier ist uns der Durchbruch noch nicht gelungen."

Auch die Politik kann seiner Ansicht nach einen Beitrag leisten, um die Berufsbilder der Logistik stärker ins Bewusstsein von Schulabgängern zu rücken. Das Verkehrsministerium will dazu gezielt auf die Kultusminister der Länder zugehen. Scheuer kann sich vorstellen, dass zum Beispiel der Tag der Logistik – dieses Jahr ist das der 18. April – stärker auf das Thema Ausbildung ausgerichtet wird. Scheuer ist überzeugt, dass ferner das wenig schmeichelhafte Ansehen der Branche viele Berufsanfänger abschreckt. "Mein Eindruck ist, dass sich das Image des Berufsbilds massiv verschlechtert hat."

Daher setzt der CSU-Politiker unter anderem auf einen Imagefilm, der etwa unter dem Dach der Gesellschaft Logistics Alliance Germany entstehen könne. Es gibt bereits einen Streifen, der Logistics made in Germany im Ausland bewirbt. Im zweiten Schritt müsse es darum gehen, die Branche auch den Bundesbürgern nahezubringen. Noch aber scheitern Pläne, etwa einen Einspieler vor den Tagesthemen im Fernsehen zu senden, laut Scheuer am nötigen Kleingeld.

Ein Pro Lkw-Tag

Andreas Jedamzik glaubt dagegen nicht an den Erfolg von Bewegtbildern. "Wir können nette Filme machen. Die gucken sich die Leute aber nicht an, weil sie ihnen keinen Glauben schenken", sagt der Vorsitzende des Vereins Pro Lkw aus dem niedersächsischen Rotenburg/Wümme. Er setzt bei Pro Lkw auf andere Aktionen – wie den persönlichen Austausch von Fahrern und Unternehmern, aber auch den Besuch von Schulen und Messen. Ein Pro Lkw-Tag vorigen Sommer in Sittensen mit umfangreichen Aktionen habe mehrere hundert Besucher angesprochen.

Jedamzik, der als Logistikleiter bei der Behrens-Wöhlk-Gruppe, einem Großhändler für Holz und Bauelemente arbeitet, setzt aber wie Scheuer darauf, Schüler frühzeitig über das Berufsbild zu informieren. Dazu böten sich auch Praktika an. Für ihn zählen vor allem die weichen Faktoren – Wertschätzung und Anerkennung. "Wenn wir Fahrern die Hand reichen, brauchen wir keine Filme." Doch hieran hapere es oft, sagt Jedamzik unter Verweis auf eine aktuelle Umfrage in einer Berufsschule. "In der befragten Klasse waren nur 50 Prozent der Schüler mit ihrer Ausbildungssituation zufrieden."

Qualifikation ist das beste Investment

Das Ergebnis von Unzufriedenheit und Enttäuschung ist eine hohe Abbrecherquote. Die bereitet Dekra-Vorstandsmitglied Jörg Mannsperger große Sorgen. Er sprach von einem Riesenproblem. "Viele beginnen, ohne sich über die Ausbildungsinhalte im Klaren zu sein." Das führe zu Frust. Wie Jedamzik sprach sich Mannsperger dafür aus, junge Leute frühzeitig mit dem Berufsbild vertraut zu machen – etwa in Form von Praktika.

Der Dekra-Vorstand sieht wie Staatssekretär Scheuer die Branche in der Pflicht. "Es gibt keinen Grund, durchzuatmen." Ein Drittel der rund 600.000 sozialversicherungspflichtig gemeldeten Lkw-Fahrer in Deutschland sei 50 Jahre und älter. "Es gilt 17.000 Fahrer jährlich zu ersetzen." Mannsperger spricht vor allem die große Masse der kleinen und mittleren Betriebe an, auszubilden. Zwar koste Qualifikation immer Geld. "Aber das ist das beste Investment, das Sie tätigen können." Ausbildung lohnt sich, darin waren sich die Teilnehmer der Veranstaltung einig.

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