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Autonomes Fahren Technik überholt Gesetze

Fahrer, IPad, Kabine, autonomes Fahren Foto: Daimler AG - Global Communicatio

Wie schnell wird das autonome Fahren Alltag? Bis es so weit ist, müssen noch zahlreiche rechtliche Fragen geklärt werden.

Spätestens bis zum Jahr 2025 will der Stuttgarter Nutzfahrzeughersteller Daimler eine Technik für Lastkraftwagen mit Autopilotenfunktion auf den Markt bringen. Schöne neue Welt: Der Lkw spult auf der Autobahn bei Tempo 80 die Kilometer ab und der Fahrer nutzt die Zeit für andere Aufgaben. Während die Technik also auf dem richtigen Weg ist, gibt es auf rechtlicher Seite noch zahlreiche Baustellen.

2020 müssen Rahmenbedingungen stehen

Auch Daimler-Nutzfahrzeugvorstand Wolfgang Bernhard mahnte die noch offenen rechtlichen Fragen im IAA-Umfeld in mehreren Mediengesprächen an. Spätestens 2020 müssten zumindest die Rahmenbedingungen für Tests auf der Straße stehen, forderte er.
Nach Unternehmensangaben sind aber erste Schritte schon erfolgt. "Die angestrebte Weiterentwicklung der Wiener Konvention von 1968 wurde bereits erreicht. Die Forderung in Artikel 8 nach der jederzeitigen Kontrolle des Fahrzeugs durch den Fahrer gilt demnach als erfüllt, wenn das betreffende System durch den Fahrer abschaltbar oder übersteuerbar ist", teilt Daimler auf Anfrage von trans aktuell mit. Diese Entscheidung sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum automatisierten Fahren und müsse nun in jeweils nationales Recht überführt werden.

Nachbesserung des Wiener Weltabkommens nicht ausreichend

Verkehrsrechtsexpertin Daniela Mielchen teilt diese Ansichten nicht. Nach ihrer Meinung ist die im März erfolgte Nachbesserung des Wiener Weltabkommens nicht ausreichend – weil sie etwa auf Fahrerassistenzsysteme wie einen Bremsassistenten zutreffen soll, der qua seiner Bestimmung eben nicht durch den Fahrer übersteuerbar sein soll.
 "Ich bin der Meinung, dass die derzeitige Technik momentan all unsere Gesetze weit überholt", sagt die Hamburger Rechtsanwältin, die am Runden Tisch des Bundesverkehrsministeriums zum autonomen Fahren teilnehmen wird. "Zukunftsszenarien lassen sich nur mit großer Mühe in den Gesetzgeberwillen eines Gesetzes aus den 60er-Jahren hineininterpretieren", sagt sie.

Neben dem Wiener Abkommen, das das Verkehrsrecht betrifft, sieht Mielchen auch bei den Komplexen Datenschutz/Datensicherheit, Haftungs- und Produkthaftungsrecht, Versicherungsrecht, Ordnungwidrigkeiten-Recht (darunter fallen auch die Regelungen zu Lenk- und Ruhezeiten) sowie bei ethischen und freiheitlichen Fragen Klärungsbedarf.
 "Man muss sich die Probleme sehr bewusst machen und eventuell auch neue Gesetze machen, statt zu versuchen sich alte zurechtzubiegen", sagt sie auf Anfrage von trans aktuell.

Das Gleiche treffe auch auf Datenschutzrecht und Datensicherheit zu – das "gültige Gesetz ist überwiegend ein Interpretationsgesetz". Dabei sei das Thema eines der dringlichsten insgesamt.

"Alle Interessen mit einbeziehen"

Bei den zukünftigen Fahrzeugtechnologien würden bei einem Fahrzeug in einer Minute so viele Daten erhoben, dass sie den Speicher eines jeden ­iPhones sprengen würden. Zwar wird das Thema meistens in Verbindung mit Pkw gebracht, aber laut Mielchen ist es für Lkw-Nutzer noch viel wichtiger, weil Innovationen meist zuerst in den Nutzfahrzeugen getestet würden. Die Anwältin attestiert allerdings allen Fahrzeugherstellern gerade bei dem sehr sensiblen Thema Datenschutz das richtige Augenmaß beim Umgang mit dem Thema und hofft auf deren Umsicht, "alle Interessen mit einzubeziehen".
Was in der derzeitigen Diskussion außerdem zu kurz kommt, sind nach Ansicht der Rechtsexpertin die ethischen Fragen, die sich aus dem autonomen Fahren ergeben. »Wie programmieren wir das System: Wägt es in einer Gefahrensituation etwa zwischen einem Fahrradfahrer oder einem besser geschützten Motoradfahrer als "Hindernis" ab? "Auch diese Frage müssen wir uns stellen." Ein Mensch hingegen denke nicht nach, sondern lenke aus einem Reflex heraus.

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