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Aerodynamik Sicherer und sauberer

Aerodynamik, Sicherheit, Lkw, EU Foto: Grafik: T&E, Bearbeitung: Haug/Jüngst

Verkehrsteilnehmer müssen sich womöglich auf neue Lkw-Formen einstellen. EU-Kommissar Kallas hat eine Gesetzesinitiative vorgestellt, die auf mehr Sicherheit und einen geringeren Verbrauch abzielt.

Die Verkehrssicherheit erhöhen und gleichzeitig die CO2-Emissionen senken – ein neues Design der Lkw-Fahrerhäuser soll beides möglich machen. Um den Fahrzeugherstellern den nötigen gestalterischen Spielraum zu geben, will die EU-Kommission die bestehenden Lkw-Abmessungen lockern. Die Behörde ist entschlossen, Fahrerhäuser mit abgerundeter Form und aerodynamische Luftleiteinrichtungen am hinteren Teil des Anhängers zuzulassen.

Kosten um rund 5.000 Euro senken

Dadurch könnten die Kraftstoffkosten für einen Lkw, der jährlich 100.000 Kilometer zurücklegt, um rund 5.000 Euro pro Jahr gesenkt werden. Verbunden sei damit eine Verringerung der Treibhausgasemissionen um sieben bis zehn Prozent. Gleichzeitig werde das Sichtfeld des Fahrers verbessert, wodurch jedes Jahr das Leben von 300 bis 500 Fußgängern oder Radfahrern gerettet werden könne.

Ein entsprechender Gesetzesvorschlag sieht darüber hinaus vor, Lang-Lkw in Europa die Fahrt über die Landesgrenzen hinweg zu ermöglichen. Nachdem EU-Verkehrskommissar Siim Kallas mit einer Zulassung dieser Fahrzeuge durch die Hintertür gescheitert war, versucht er jetzt, den bis zu 25,25 Meter langen Fahrzeugen einen legalen Weg zu ebnen: Mit einer Überarbeitung der Richtlinie zu den Fahrzeug-Abmessungen agiert er nicht am Europäischen Parlament (EP) und am Rat vorbei, sondern stellt seine Interpretation der derzeitigen Regelung zur Diskussion.

Lang-Lkw im grenzüberschreitenden Verkehr einsetzen

Das wird auch im EP begrüßt, wo zahlreiche Abgeordnete gegen Kallas’ vermeintliches "Einknicken vor der Lkw-Lobby" Sturm gelaufen waren. "Das ist ein überfälliger Schritt, um die rechtsstaatlichen Verfahren und die Vorrechte der beiden Gesetzgeber zu achten", erklärt der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im EP, Michael Cramer. Jetzt heißt es in den entsprechenden Leitlinien zum Gesetzgebungsvorschlag: "Längere Fahrzeuge können im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt werden, wenn die beiden betroffenen Mitgliedstaaten dies bereits gestatten." Der Verkehr müsse auf diese beiden Staaten beschränkt bleiben und dürfe den internationalen Wettbewerb nicht wesentlich beeinträchtigen. 

Milliarden müssten in Infrastruktur investiert werden

Der Grünen-Abgeordnete Cramer hält es aber für völlig inakzeptabel, dass es keinerlei Folgenabschätzung für die angestrebte Liberalisierung der Lang-Lkw-Verkehre gebe. "Deshalb muss das Parlament den Liberalisierungsversuch ablehnen und zunächst auf einer genauen Untersuchung bestehen." Auch der SPD-Verkehrsexperte im EP, Ismail Ertug, kritisiert den Vorstoß: "Unsere Infrastruktur ist nicht für Gigaliner gemacht. Sie sind zu schwer und zu lang für Europas Straßen und Brücken." Für die Anpassung müssten Milliarden investiert werden und es entstehe ein erhöhtes Unfallrisiko. Beide Parlamentarier befürchten durch die großen Lkw zudem eine Rückverlagerung von Bahnverkehren auf die Straße. Kallas-Sprecher Dale Kidd stellt gegenüber trans aktuell klar, dass mit Blick auf den Lang-Lkw ausschließlich die Mitgliedstaaten entscheiden, ob sie diese zulassen wollen oder nicht.

Türen öffenen für klimafreundlichen Straßengüterverkehr

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) begrüßt den Vorstoß. "Mit diesem Entwurf öffnet die Kommission die Türen zu einem noch klimafreundlicheren Straßengüterverkehr", erklärt VDA-Präsident Matthias Wissmann. Lob kommt auch von der europäischen Umweltorganisation im Verkehrssektor, Transport & Environment (T&E). "Die vorgeschlagenen Änderungen machen Europas Lkw sicherer, sauberer und sparsamer", erklärt sie. Es sei ein "entscheidender Wendepunkt für die Verkehrssicherheit und ein kleiner, aber willkommener Schritt, um die Emissionen des Straßentransports zu senken".

Form der Lkw verbessern

Kallas hat in Zusammenhang mit den neuen Formen große Hoffnungen. "Ein Ziegelstein ist die Form mit der geringsten Aerodynamik, die man sich vorstellen kann. Deshalb müssen wir die Form der Lkw, die auf unseren Straßen unterwegs sind, verbessern", sagt er. Der Fahrzeugbauer MAN sieht das ebenso. "Wir sind überzeugt, dass wir mit neuen Längen die Aerodynamik der Sattelzüge und damit auch die Umweltfreundlichkeit deutlich verbessern können", sagt Sprecher Dr. Detlef Hug auf Anfrage.

In fünf bis sieben Jahren sind die neue Lkw auf den Straßen

Auch die grenzüberschreitenden Fahrten von Lang-Lkw seien eine Möglichkeit, Ressourcen einzusparen. Der Vorschlag, mehr Gewicht für alternative Antriebe zuzulassen, sei erfreulich. "Wir hätten uns allerdings gewünscht, dass man den Vorschlag technologieoffen macht und nicht nur Elektro- und Hybrid-Lkw, sondern auch Gas-Fahrzeuge unter diese Regelung fallen", sagt Hug. Der Vorschlag muss noch vom EP und von den Staaten gebilligt werden. Die Kommission geht davon aus, dass die neuen Lkw in fünf bis sieben Jahren auf den Straßen zu sehen sein werden.

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