Verkehrskommissarin Violeta Bulc will, dass der Wettbewerb im Straßengütertransport fairer und sozialer werden soll. Ein Punkt: den Flickenteppich der nationalen Verbote beenden und die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit im Lkw einheitlich regeln.
Ein Punkt in ihrem neuen Mobilitätspaket ist eine Änderung des Artikels 8, Absatz 8, aus der EU-Verordnung 561/2006 über die Lenk- und Ruhezeiten. Nach Bulcs Willen soll es nun einen Absatz 8 a geben: "Die regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten und jede wöchentliche Ruhezeit von mehr als 45 Stunden, die als Ausgleich für die vorherige verkürzte wöchentliche Ruhezeit eingelegt werden, dürfen nicht in einem Fahrzeug verbracht werden", heißt es. "Sie werden in einer geeigneten Unterkunft mit angemessenen Schlafgelegenheiten und sanitären Einrichtungen verbracht."
Bulc reagiert damit auf Forderungen der westeuropäischen Verkehrsminister nach einer einheitlichen Lösung und entspricht einem ausstehenden Urteil des EuGH (Rechtssache C-102/16). Neu ist die Formulierung der "geeigneten Unterkunft". Ob sie konkreter ist, als die Formulierung"„Ort mit geeigneter Schlafmöglichkeit", wie es das deutsche Verbot vorsieht, bleibt abzuwarten.
Was die deutsche Regelung angeht, kommt es für die Kontrollbehörden darauf an, Erfahrungen zu sammeln, wie Andreas Marquardt, Präsident des Bundesamts für Güterverkehr (BAG), und Tom Fiala von der Autobahnpolizei Köln beim 23. DVR-Forum in Frankfurt sagten. Für Marquardt steht Information an erster Stelle. Er spricht von einer dreimonatigen Übergangszeit, ehe sanktioniert wird.
Sprengstoff in Absatz 6
Mit Blick auf eine europäische Regelung sind Verbandsvertreter aus Deutschland aufgeschlossen. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), Prof. Dirk Engelhardt, begrüßt es, dass eine europäische Lösung in Sicht ist, sieht aber noch viel Abstimmungsbedarf.
Sprengstoff bergen die geplanten Formulierungen im Absatz 6, hier geht es um die Reihenfolge der reduzierten und regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten, die auch die Basis für das deutsche Verbot sind. Fortan soll es heißen: "In vier jeweils aufeinanderfolgenden Wochen hat der Fahrer mindestens folgende Ruhezeiten einzuhalten: vier regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten oder zwei regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten von mindestens 45 Stunden und zwei reduzierte wöchentliche Ruhezeiten von mindestens 24 Stunden." Der Ausgleich soll an einem Stück erfolgen – am Fahrerwohnort oder in einer anderen Privatunterkunft.
Mit Inkrafttreten der Verordnung würde auch das deutsche Verbot ausgehebelt. Und nicht nur das, wie die Gewerkschaft Verdi befürchtet: "Da der Fahrer ja nicht nachweisen muss, wo er seine Ruhezeit verbracht hat, kann er in der Zukunft munter mit den reduzierten und regelmäßigen Ruhezeiten jonglieren. Eine Kontrolle wird unmöglich." Das perfekte Chaos.