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Vertragsrecht Klug vorsorgen

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Viele Unternehmen erweitern im Zuge des Outsourcings ihr Portfolio – und damit ihr Haftungsrisiko. trans aktuell zeigt auf, was bei Logistikverträgen zu beachten ist.

Schon zu Goethes Zeit war die Wichtigkeit von Verträgen bekannt: "Was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen", steht es etwa im Faust. Heute sollte man eigentlich noch klüger sein, aber dennoch versäumen es viele Unternehmen, sich über die Standardbedingungen hinaus rechtlich abzusichern.

Das Thema Haftung in den Fokus rücken

Reinhard Bohrer, Regionalleiter  Verkehr/Logistik Region Süd der Münchener Schunck-Gruppe, will die Unternehmen zum Thema Haftung sensibilisieren: "Da wird etwa munter eingelagert, ohne sich darüber Gedanken zu machen, was eine unbegrenzte Haftung bedeutet", berichtet er aus der Versicherungspraxis.

Im Zuge des zunehmenden Outsourcings für ihre Kunden übernehmen die Logistikunternehmen mehr als nur die physischen Güter zur Lagerung: "Dabei gehen auch hohe Lagerwerte auf den Spediteur über, der dann im Schadenfall bis zum letzten Euro in Haftung steht." Schadenfall kann heißen, dass ein Karton fehlt – oder auch eine beträchtliche Inventurdifferenz oder gar ein Feuer auftritt.

Einheitlich, gesetzlich normierter Logistikvertrag fehlt

Das Problem:  Es gibt keinen einheitlichen, gesetzlich normierten Logistikvertrag. Weil meistens Elemente aus dem Fracht-, Speditions- und Lagerwesen sowie eventuell Mehrwertleistungen erbracht werden, werden in der Praxis Elemente verschiedener Vertragstypen herangezogen und kombiniert, alle mit einem ganz unterschiedlichen Haftungssystem. Ein Beispiel: So gilt bei Transportdienstleistungen eine verschuldensunabhängige, begrenzte Obhutshaftung. Bei Mehrwertleistungen, etwa der Veredelung von Teilen, gilt hingegen eine Verschuldenshaftung ohne Haftungsbegrenzung – wer nicht Vorsorge trifft, haftet bei werkvertraglichen Leistungen auch für die Kosten von Rückholaktionen oder für Gewährleistungsansprüche.

AGB, VBGL und ADSp

In der Praxis finden zumeist Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) Anwendung, etwa in Form der ADSp (Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen) für ausschließlich speditionell übliche Tätigkeiten beziehungsweise der VBGL (Vertragsbedingungen für den Güterkraftverkehrs-, Speditions- und Logistikunternehmer). Auch für die sogenannte Zuruflogistik bieten die AGB einen guten Rahmen. Die Logistik-AGB mit ihrem speziellen Haftungskonzept und Haftungsbegrenzungen bieten sich für speditionsunübliche Leistungen werk- oder dienstvertraglicher Art an. Auch bei Individualverträgen können laut Bohrer einzelne Bestimmungen aus ADSp und Logistik-AGB als Formulierungshilfe verwendet werden.

Dabei bleibt aber zumindest noch ein Restrisiko. So sehen die ADSp etwa bei grober Fahrlässigkeit eine Aufhebung der Haftungsgrenzen vor. "Wichtig sind daher klare und eindeutige Regelungen in Bezug auf Haftung und Versicherung", sagt der Versicherungsexperte.

Haftung kostet Geld: Eine Versicherungssumme von einer Million Euro für die Haftungsabsicherung verursacht beispielsweise 1.000 Euro Kosten pro Jahr zusätzlich, die die Leistung des Logistikers verteuern. Daher sollten Dienstleister versuchen, überzogene Haftungswünsche ihrer Kunden zu vermeiden und stattdessen angemessene Haftungsbegrenzungen zu vereinbaren, die dann auch entsprechend versichert werden können, sodass kein Restrisiko bleibt, sagt Bohrer.

Wie es nicht gehen sollte, beschreibt er anhand eines Falles, den er bearbeiten musste: Ein Unternehmen gewinnt den Auftrag für ein Logistikprojekt, das schnell umgesetzt werden muss. Noch bevor alles schriftlich unter Dach und Fach ist, sind sechs Monate vergangen – und ein Schaden von 500.000 Euro ist eingetreten. Auf welcher Basis ist der Schaden zu beurteilen? "Der Spediteur dachte, dass die ADSp greifen und der Auftraggeber war sich einer Haftungsbeschränkung nicht bewusst. Letztlich führte der vertragslose Zustand dazu, dass die geschäftliche Beziehung in die Brüche ging."

Vor Unterzeichnung mit Regelungen auseinander setzen

30 Seiten oder mehr Vertragswerk sind daher bei komplexen Logistikprojekten, bei denen sich vor allem die Auftraggeber absichern wollen, keine Seltenheit mehr. In der Schunck-Gruppe gibt es dafür ein Team, das für die Kunden auf Wunsch vor Unterzeichnung das Regelwerk in Augenschein nimmt. "Es macht Sinn, sich nicht erst um die Regelungen zu kümmern, wenn der Schaden da ist – sondern sich schon vorher mit Rechtsanwalt und Versicherungsmakler zusammenzusetzen", sagt Bohrer. Sein Ratschlag: "Die Kontraktlogistik nicht auf die leichte Schulter nehmen."


Haftungsbegrenzung

Worauf Unternehmen bei Verträgen in Bezug auf Haftung und Versicherung beispielsweise achten sollten:


Haftungsbegrenzungen für alle jeweils in Frage kommenden Leistungsbereiche und Vertragstypen festlegen, und zwar für alle Schadenarten.

Festlegen, wer für welches Schadenrisiko in welchem Umfang Versicherungsschutz eindeckt – so lassen sich

Deckungslücken und Doppelversicherungen vermeiden.
Vorsicht bei generellen Freistellungserklärungen – diese gehen oftmals über die gesetzliche Haftung hinaus.

Von Produkthaftungs- und Umweltansprüchen durch den Auftraggeber freistellen lassen.
Quelle: Bohrer/Schunck Gruppe

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