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trans aktuell-Symposium mit Zufall logistics Etablierte treffen Start-ups in der Logistik

trans aktuell-Symposium, Zufall logistics group, Göttingen, Etablierte treffen Start-ups Foto: Thomas Kueppers 36 Bilder

Zusammen ist man stark: Beim trans aktuell Symposium "Etablierte treffen Start-ups" ging es in die Praxis bei Zufall logistics in Göttingen.

Gerade für mittelständische Logistiker mutet die Welt der Start-ups bisweilen fremd an. Fängt nun ein Verdrängungswettbewerb an? Eine Angst, die unbegründet ist. Das zeigte das trans aktuell Symposium. Vielmehr eröffnen sich, wie bei Zufall logistics in Göttingen, für beide Seiten überaus fruchtbare Formen der Zusammenarbeit.

Jürgen Wolpert, Geschäftsführer der Zufall logistics group, zeigte vor rund 70 Teilnehmern, was das Unternehmen mit Hauptsitz in Göttingen aktuell umtreibt. So ist der Dienstleister beispielsweise unter anderem für die weltweilte Ersatzteillogistik des Roboterherstellers Kuka verantwortlich. Mit den rund 2.100 Mitarbeitern erzielt das Unternehmen über alle Standorte hinweg einen jährlichen Netto-Umsatz etwa 316 Millionen Euro. Dafür bewegt Zufall logistics rund 4,6 Millionen beförderte und bewirtschaftet 350.00 Quadratmeter in der Kontraktlogistik. Daneben gehören vor allem die Landverkehre in Deutschland und Europa sowie Luft- und Seefracht zum Kerngeschäft.

Der schnelle Euro ist nicht das Ziel

"Wir wollen künftig mehr anbieten, als den Transport. Sondern eben auch etwa Aufbau-Dienstleistungen", erklärte Wolpert. Bislang entfällt rund 24 Prozent des Geschäfts auf die Landverkehre Europa, weitere 38,4 Prozent auf die Landverkehre in Deutschland. Dabei ist ihm aber auch noch etwas anderes wichtig: "Der schnelle Euro ist nicht unser Ziel – sondern nachhaltiges Wachstum".

Wo es hingehen soll, zeigte Peter Müller-Kronberg, geschäftsführender Gesellschafter von Zufall: "Wir finden aktuell nicht die Zeit, um uns mit Innovationen zu beschäftigen." Daher haben Zufall nun eine Immobilie erworben. Dort sollen, räumlich getrennt vom operativen Geschäft, neue Ideen geschmiedet werden. Es gehe darum, Technologien zu testen und ins Tagegeschäft zu überführen. An eben dieser Stelle möchte Müller-Kronberg die Zusammenarbeit mit Start-ups weiter forcieren. "Wir sehen dort großes Potenzial."

Der Weg von der Angst zur Chance

Eine Einschätzung, die Robert Münnich, stellvertretender Niederlassungsleiter in Nohra bei Zufall logistics nur unterstreichen kann. Schließlich hat der Logistiker den "Weg von der Angst zur Chance" bereits hinter sich. Denn der Mittelständler Zufall kooperiert unter seiner Federführung bereits mit dem Start-ups Pamyra. "Der Kontakt ist über das Logistiknetzwerk Thüringen zustande kommen", berichtete Münnich. Mittlerweile habe sich Pamyra für Zufall zum digitalen Vertriebskanal entwickelt: "Wir haben kleine Versandkunden, die unregelmäßig Anfragen herausschicken. Diese verursachen einen ziemlich großen Aufwand", erläuterte er. Waren es 2017 noch rund 8.000 Euro Umsatz über Pamyra, sind des allein schon seit Jahresbeginn 2018 mehr als 15.000 Euro – Tendenz steigend. "So werden bei uns im Haus Zeit und Ressourcen geschont und wir generieren dennoch Umsatz."

Pamyra-Chef Wiegand: "Google mag uns"

Für Felix Wiegand, Gründer und CEO von Pamyra, hat sich das ganze ebenfall gelohnt. Der Softwareentwickler ist seit rund zehn Jahren im E-Commerce unterwegs. Zur Logistik kam er eher durch Umwege. "Mein Schwiegervater ist Niederlassungsleiter bei einem Logistiker." Irgendwann sei ihm dann ganz naiv die Idee gekommen, ein Vergleichs- und Buchungsportale wie bei Hotels oder Reisen auch für die Logistikbranche zu entwickeln. Dabei sei das Start-up gleich auf ein unerwartetes Problem gestoßen: "Viele Logistiker konnten sich nicht vorstellen, den eigenen Preis neben dem eines Wettbewerbers öffentlich darzustellen."

Wiegand sieht das Webportal Pamyra allerdings als autarken Vertriebskanal. "Wenn der Ganze Spaß eingerichtet ist, funktioniert der Rest automatisch." Sein Ziel sei es, den Speditionen unter die Arme zu greifen. Tagespreisanfragen gehen nicht mehr per E-Mail sondern werden über Pamyra abgewickelt. Ansonsten würden eher die großen Konzerne profitieren, "die Google-seitig ganz oben stehen". Mit Pamyra gebe es nun eine Plattform, mit der die Angebote der kleinen und mittelständischen Speditionen online sichtbar werden. Er selbst setzt dabei auf organisches Wachstum. Mit Erfolg: "Google mag uns."

Doch wie funktionieren denn Start-ups überhaupt? Ein immer wiederkehrender Begriff ist der Algorithmus. Den Einsatz dieser selbstlernenden Systeme erklärte CEO Rolf-Dieter Lafrenz am Beispiel von Cargonexx. Das Start-up aus Hamburg will Standard-Lkw-Transporte – und künftig auch anspruchsvollere Logistikprojekte – mittels Algorithmen besser planen und durchführen. Den Grundstock dafür bilden eine Million Frachtdaten, hinter jeder Tour stehen bis zu 400 einzelne Datensätze. Der Algorithmus lernt also jedes Mal dazu, auch zum Thema Preisgestaltung. "Ein Disponent hat ein großes Wissen aus Erfahrung, aber es gibt immer auch Bereiche, in denen er sich nicht so gut auskennt", sagte Lafrenz: Der Algorithmus packe noch viel mehr Daten zusammen und erreiche somit, was ein einzelner nicht könne. 5.000 Unternehmen mit rund 60.000 Lkw hat Cargonexx im Netzwerk.

Für die Unternehmen der Branche stellt die Digitalisierung nach Angaben von Gunnar Zeisler eine Herausforderung dar. Nicht der Preis, vielmehr die Kundenbeziehung werde der künftige Schlüsselfaktor, sagte der Geschäftsführer des IT- und Softwareanbieters Anaxco. "Es geht nicht nur darum, neue Lösungen zu implementieren, sondern auch eine Nachhaltigkeit zu erreichen." Mitarbeiter müssten befähigt werden, Verbesserungspotenziale zu erkennen, gleichzeitig müsse die Organisation im Unternehmen angepasst werden. Aber dafür es gebe es schließlich Technologien zur Unterstützung der Digitalisierung.

Die Branche umkrempeln

Ob Start-ups als Katalysator für digitale Geschäftsmodelle taugen, war das Thema von Max-Alexander Borreck von der Strategieberatung Oliver Wyman. Dafür sprechen für ihn auf jeden Fall  ein hohes Volumen sowie ein großes Maß an Standardisierung. Daraus leite sich ein entsprechendes Automatisierungspotenzial ab. Zudem gebe es, bedingt durch die geringen Margen, einen entsprechenden Bedarf. Des Weiteren sieht Borreck mehrere neue Technologien, die das Potenzial haben, die Branche umzukrempeln – wie etwa die Blockchain.

Er führte aber auch digitale Marktplätze wie Flexport oder Insta­freigt an. Aber auch sogenannte Data-based Services wie etwa automatische Zahlungen seien im Kommen.
Noch sei das Geschäft zumeist manuell gesteuert. Im Jahr 2030, so Borreck, werde rund ein Drittel voll digital und mehr als die Hälfte zumindest teilautomatisiert ablaufen. Um das zu erreichen, brauche es die entsprechenden Technologien.

Oft heiße es, dass die Logistik in Sachen Digitalisierung weit hinterherhinke. Als Berater, der auch Einblicke in andere Branchen hat, sieht Borreck das anders. „Das stimmt so nicht“, lautet sein Resümee. Natürlich gebe es auch Bereiche, die schon weiter fortgeschritten sind. "Die Logistik hat aber bereits die für sie wichtigen Bereiche erkannt und arbeitet daran." So investieren beispielsweise etablierte Logistikkonzerne wie UPS, Fedex, DHL, DB Schenker oder Kühne + Nagel in Start-ups, um den Wandel mitgestalten zu können.

Dabei stehen sie allerdings im Wettbewerb mit Technologiegiganten wie Alibaba, Alphabet (Google), Amazon oder Tencent. In der Mobilitätsbranche sind Shell, Daimler, Uber und MAN besonders aktiv. Hinzu kommen Venture-Capital-Unternehmen (VC) wie Rocket Internet, KPCB, Sequoia oder Accel, die buchstäblich Unsummen in neue Ideen stecken und diese finanzieren. "Die größte Gefahr für die Logistik droht von den Tech-Giganten sowie von den VC, weil hier die Geschwindigkeit unglaublich hoch ist, mit der Entwicklungen vorangetrieben werden – ebenso wie die dafür eingesetzten finanziellen Mittel", erläuterte  Borreck.

Die Hürden der Digitalisierung

Steven van Cauteren, Key Account Manager bei der Transportplattform Timocom, warf einen Blick auf die Hürden der Digitalisierung. Hier führte er unter anderem die Regulierung und den Schutz der Konsumenten­interessen an. Aber auch der geringe Wille zur Zusammenarbeit – trotz des unbestreitbaren gesellschaftlichen Vorteils – sei ein solcher Hemmschuh. Nicht zu vergessen sei zudem, den Mitarbeitern von morgen schon heute die entsprechenden Qualifikationen mit an die Hand zu geben.

Sein Kollege, Timocom-Unternehmenssprecher Gunnar Gburek, warf einen Blick auf die neu angetretenen Wettbewerber. „Wer Fortschritt will, muss Start-ups zulassen. Nur in strebenden Branchen bleiben die Etablierten unter sich“, erklärte er. Tatsächlich gebe es bereits ein riesiges Angebot an Start-ups in der Logistik.

Sofaspediteur ist online

Die Angst vieler, in einer digitalen Welt werde es nur noch Onlinespeditionen geben, teilt Gburek jedoch nicht. "Wie unterscheidet sich die klassische Spedi­tion von der Onlinespedition? Diese Unterscheidung wird es zukünftig nicht mehr geben. Die sogenannte Onlinespedition ist dann vielmehr das, was man früher als Sofaspediteur bezeichnet hat", erläuterte er.

Auch könnten Onlineplattformen keine Disponenten ersetzen, "denn sie können und wollen nicht in die Haftung gehen". Dies sei aber dann der Fall, wenn man einen Frachtführer vorschlage. "Dann schlägt das Speditionsrecht zu." Überhaupt seien Algorithmen mit Vorsicht zu genießen: "Sie sind dann ein Albtraum, wenn sie
die Preisgestaltung übernehmen." Das sei eine Gleichmacherei. "Ich erinnere mich da an die Zeiten von RKT, GFT und GNT. Das fördert die Großen und behindert die Kleinen", erklärte Gburek.

Vielmehr müssten Unternehmen wieder Unternehmer werden. Und an dieser Stelle könnten sie etwas von den Start-ups lernen – etwa Risiken eingehen. Die Start-ups stellen sich dem Wettbewerb, die Etablierten wiederum täten gut daran, es ihnen gleichzutun.

Download Jürgen Wolpert - Zufall logistics group (PDF, 3,36 MByte) Kostenlos
Download Max-Alexander Borreck - Start-ups als Katalysator digitaler Geschäftsmodelle? (PDF, 1,66 MByte) Kostenlos
Download Gunnar Gburek - Wer Fortschritt will, muss Start-ups zulassen (PDF, 3,09 MByte) Kostenlos
Download Rolf-Dieter Lafrenz - Bedeutung der Algorithmen (PDF, 3,48 MByte) Kostenlos
Download Gunnar Zeisler - Herausforderung Digitalisierung (PDF, 1,01 MByte) Kostenlos
Download Andreas Günkel - Palettenmanagement: Swoplo (PDF, 0,98 MByte) Kostenlos
Download Andrej Kasper, Till Juchheim - Digitale Lösungen: KUBIKx (PDF, 1,17 MByte) Kostenlos
Download Andreas Rinnhofer - E-Learning: Spedifort (PDF, 4,74 MByte) Kostenlos
Download Sebastian Sorger - Partnernetzwerk für Teilladungen: Loadfox (PDF, 1,25 MByte) Kostenlos
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