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Fachkräftemangel Talente finden und binden

Foto: Küppers 15 Bilder

Nicht nur der Mangel an Lkw-Fahrern treibt die Speditions- und Logistikbranche um. Das zeigte das Symposium Talente finden und binden - erfolgreiches Personalmanagement in Spedition und Logistik, veranstaltet von trans aktuell, Dekra sowie dem VSL Baden-Württemberg.

Von einem Grummeln in der Ferne sprach Dekra-Vorstandsmitglied Jörg Mannsperger im Hinblick auf den Fachkräftemangel im Speditionsgewerbe. Einfach nur abwarten sei jedoch keine Lösung. Auch die Prüforganisation habe ehrgeizige Wachstumsziele, brauche also Mitarbeiter.  „Wir müssen daher viel in die Außenwirkung stecken, so wie Sie auch“, sagt der 49-Jährige, der den Bereich Personnel verantwortet, zu dem auch die Dekra Akademie gehört.  Zunächst einmal gelte es daher, die Logistikberufe in der Gesellschaft wieder salonfähig zu machen. Gerade vor diesem Hintergrund sei die Aus- und Weiterbildung extrem wichtig, so Mannsperger.

Transportaufkommen und Fachkräftemangel fordern Branche heraus

Der Präsident des Verbands Spedition und Logistik Baden-Württemberg (VSL) Gerd-Jürgen Britsch sieht das Gewerbe sogar gleich mit zwei Problemen konfrontiert: Zuvorderst stehe die Bewältigung des Transportaufkommens, direkt gefolgt vom Fachkräftemangel. Der wiederum beeinflusse den ersten Punkt. Zwar habe der VSL diese Entwicklung bereits in der Krise prognostiziert, der erfreuliche Konjunkturverlauf sowie die zunehmenden Folgen des demografischen Wandels würden die Situation aber noch weiter verschärfen. Allein die Höhe der Gehälter sei da nicht ausschlaggebend, „Da kann das Speditions- und Logistikgewerbe ohnehin nicht mit anderen Branchen mithalten“, sagte Britsch. Also müsse es andere Stellschrauben geben, um gute Mitarbeiter zu finden und diese auch im Unternehmen zu halten.

Nur mehr Geld ins Recruiting zu stecken ist jedoch laut Prof. Dr. Lars Mitlacher, Leiter des Studiengangs Demografie und Personalmanagement an der Dualen Hochschule in Villingen-Schwenningen keine Lösung. Schließlich werde der zu verteilende Kuchen nicht größer. Auch auf Einwanderer zu setzen, sei nicht ratsam. Denn in anderen Ländern sei der lange vorhergesagte demografische Wandel zu beobachten. Fakt sei, dass die Mitarbeiter älter werden und die Zahl an möglichen Arbeitnehmern zunehmend geringer wird. Er erwartetet daher Engpässe im Bereich der Fachkräfte. Um dem entgegen zu wirken, müssten die Unternehmen auch andere Potenziale ausschöpfen. Ob alternative Arbeitszeitmodelle für ältere Beschäftigte oder flexible Varianten für Frauen.

Auch Eberhard Häfele, Großkundenbetreuer für Arbeitgeber bei der Bundesagentur für Arbeit, ist mit der Branche vertraut. Hatte sein Vater doch selbst eine Spedition. Für ihn sind die derzeitigen Probleme eher struktureller Natur, die es schon länger gibt und die nach der Krise erst richtig sichtbar werden.
Herausforderungen sieht Häfele bereits beim Übergang von der Schule in die Ausbildung. Aber auch in der Unterstützung geringqualifizierter Arbeitsloser sieht er Chancen. Es sei an der Zeit, Netzwerke zu bilden um Aus- und Weiterbildung voranzutreiben. Dabei sind nicht nur die Kommunen und die Arbeitsagentur gefragt, sondern auch die Länder und die Unternehmen.

Mitarbeiter finden und binden


Georg Jäntgen leitet das Büro für Fachkräftelösungen der Dekra Akademie in Berlin. Aus seiner täglichen Arbeit weiß er, dass die Förderinstrumente der Arbeitsagentur sehr komplex sind. Daher sei es nur begrenzt sinnvoll, die eigenen Personaler zu schulen. Dafür gebe es dann externe Dienstleister wie die Dekra Arbeit. Auch in Sachen Mitarbeitersuche hat er einen Tipp für Unternehmer: „Legen sie erst einmal nicht allzu starre Kriterien fest“, riet er. Im Zweifellsfall sei es sinnvoller, erst im Nachgang die passenden Bewerber herauszufiltern. Oftmals seien dann zwar immer noch Kandidaten dabei, die nicht hundertprozentig passen, „aber dafür bieten wir das sogenannte Profiling an.“ Soll heißen, dass die Experten die Charaktereigenschaften der potenziellen Mitarbeiter prüfen. So stellen sie fest, wer sich für eine Stelle eignet und daher auch einen Schulungsaufwand wert ist.

200 Mitarbeiter in 18 Monaten finden

Aus der Praxis wiederum berichtete Günter Walser, Geschäftsführer von Seifert Logistik Dienstleistung. Denn er stand beziehungsweise steht immer noch vor einer besonderer Herausforderung: 200 Mitarbeiter in 18 Monaten finden. Dabei geht es um den Aufbau eines Standorts in Malsch. Kunde ist Daimler in Rastatt, wo der Automobilhersteller die A- und B-Klasse produziert. Nicht gerade leichter wurde seine Suche aufgrund des Umstands, dass der Kunde zeitgleich 700 neue Stellen geschaffen hat.
Den Standortleiter fand das Unternehmen über das Online-Netzwerk Xing, dessen Assistenz über das Internetportal Facebook und viele weitere Mitarbeiter über persönliche Kontakte, Personalberatung sowie über Firmen, die Kapazitäten abbauen. „Wir nutzen also letztlich alle Kanäle fürs Recruiting“, sagte Walser. Der Erfolg gibt ihm recht: 140 Mitarbeiter hat das Unternehmen auf diese Weise bereits gefunden.

Hinter dem Personaldienstleister Logistic People steht der Gründer und Geschäftsführer Karl-Heinz Geiger. Der ehemalige Luftfracht-Exportleiter von Thyssen Haniel und Verkehrsfachwirt sieht, dass die Zahl der offenen Stellen in der Branche steigt. „Das Problem ist, die richtigen Leute zu finden. Denn die müssen lernwillig und lernfähig sein“, sagt er. Die bilde er dann über seine eigene Logistic People Academy entsprechend aus. Schon allein aufgrund der demografischen Entwicklung sei es wichtig, auch Seiteneinsteigern einen Zugang in die Logistikbranche zu ermöglichen.

Spedition Fierek schafft Prämienportal


Einen ganz anderen Weg geht die Paul Fierek Spedition. Die hat ein Prämienportal geschaffen, um so die Motivation der Mitarbeiter zu steigern. Unter dem Namen My Favourite Present (MFP) rief Fierek ein eigenes Unternehmen ins Leben. MFP-Geschäftsführer Peter Liepolt stellte vor, wie es möglich ist, monatlich eine Prämie im Wert von 44 Euro auszuschütten. Dem Betrag also, auf den keine Einkommenssteuer oder Sozialabgeben zu zahlen sind. My Favourite Present gibt es auch als Dienstleistung für andere Unternehmen. Das Prämienportal erscheint dann mit dem eigenen Firmenlogo. Bei der Paul Fierek Spedition haben die Prämien jedenfalls Wirkung gezeigt. Die Krankheitstage gingen um 23 Prozent zurück. Und auch die Zahl der Lkw-Unfälle nahm ab“, erzählte er.


After-Work-Treffen binden Unternehmer an die Firma


Siegfried Kiefer, Geschäftsführender Gesellschafter von Simon Hegele Logistik und Service, hat mit seinem Unternehmen am Wettbewerb Top Job teilgenommen und wurde zum „Besten Arbeitgeber im Mittelstand“ gewählt.  Dazu gab es eine Online-Mitarbeiterbefragung, die die Wissenschaftler der Universität St. Gallen ausgewertet haben. Rund 12.000 Euro an Teilnehmerkosten musste das Unternehmen dafür auf sich nehmen. Der Marketingeffekt im Bereich Recruiting sei allerdings nicht zu unterschätzen. Wer bereits an Borfd ist, lernt die After-Work-Treffen schätzen. Das stärke das Bewusstsein ein „Hegeleianer“ zu sein. Das ist wohl mit ein Grund, warum bei der Spedition die Hälfte der Führungskräfte aus den eigenen Reihen besetzt werden. Übrigens: Rund 99 Prozent der Auszubildenden übernimmt das Unternehmen. Und gerade einmal fünf Prozent verlassen das Unternehmen nach fünf Jahren. Um das zu erreichen, gebe es unter anderem mindestens ein Mal im Jahr ein Mitarbeitergespräch. Dem Grollen in der Ferne kann man also auch als Unternehmer durchaus etwas entgegensetzen.

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Daniel Stancke, CEO von Jobmatch.me Daniel Stancke Experte für Recruiting
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