Spedition MNTS aus Harrislee/Padborg Über die Grenze

Spedition MNTS aus Harrislee/Padborg Foto: Jan Bergrath 12 Bilder

MNTS aus Harrislee ist ein ungewöhnliches Transportunternehmen. Der offizielle Sitz ist in Deutschland, der Firmenstandort mit der ­Disposition in Dänemark. Dort herrscht ein besonderes Betriebsklima.

Die Gründe, warum Lkw-Fahrer bei einem Transportunternehmen arbeiten, sind immer individuell. Aber sie lassen sich in der Regel an einer Hand abzählen: Bezahlung, Betriebsklima, Fuhrpark, Arbeitszeit und Freizeit. Jeder Fahrer hat dabei seine eigene Gewichtung. So wie Heiko Sroka. "Was nützt es mir, wenn ich im internationalen Fernverkehr vielleicht mehr Geld  verdienen kann", sagt der leidenschaftliche Amateurboxer, "aber unter der Woche nicht nach Hause komme oder vielleicht überhaupt kein geregeltes Wochenende mehr habe, um meinem Hobby nachzugehen."

Touren sind auf die maximalen Lenkzeiten geplant

Vor sechs Jahren hat Heiko sein Glück gefunden. Er arbeitet für MNTS. Hinter den vier Buchstaben verbirgt sich Michael Nissen Transport Spedition. 2001 machte sich der ehemalige Disponent eines dänischen Transportunternehmens aus Padborg mit einem Lkw selbstständig. Heute hat er 50 Sattelzugmaschinen fest an dänische Auftrag­geber verchartert. Dreh- und Angelpunkt ist das eigene Büro mit den gemieteten Lkw-Stellplätzen in Padborg. Heiko etwa fährt eine feste Linie für den Logistiker DSV. Den MAN teilt er sich mit einem Kollegen. Der lädt den Trailer tagsüber vor. "Bei uns übernehme ich dann am Montagvormittag den mit Fenstern vorgeladenen Sattelzug, lade ihn noch am frühen Abend in Duisburg aus und mache dort meine Pause. Danach fahre ich nach Jüchen, tausche bei einem anderen festen Kunden den Trailer und fahre zurück."

Dienstag ist Heiko nach dem ersten Rundlauf wieder daheim, der Kollege übernimmt die Ausladung. Die Touren sind genau auf die maximalen Lenkzeiten in der Doppelwoche geplant. "Der Kunde weiß, dass er sich darauf verlassen kann, dass wir die Tour immer pünktlich fahren", sagt Heiko. Noch macht sich der durch die aktuelle Flüchtlingskrise bedingte kleine Stau an der Grenze zu Dänemark auf der A 7 nicht wirklich bemerkbar. "Es sind maximal fünf bis zehn Minuten Rückstau", erklärt Ringo Grud.

Er fährt allerdings eine ganz andere Tour für einen externen Auftraggeber. Mal geht es nach Österreich, meist in die Niederlande und nach Deutschland. Aber auch in Norwegen war er schon. "Ich übernehme mit meinem Volvo einen Trailer mit Teilen für Windkraftanlagen, die ich teilweise auch offen fahre, sogar mit Überbreite." Doch was für Ringo entscheidend ist: Am Wochenende steht sein Lkw auf einem sicheren Parkplatz in Hamburg. "Wir haben einige Kollegen, die ihren Lkw mit nach Hause nehmen. Ein ganzer Trupp wohnt bei Northeim an der A 7. Sie fahren eine feste Linie nach Süddeutschland. Ich bin jetzt seit mehr als einem Jahr bei MNTS und kann einfach nichts Negatives über das Unternehmen berichten."

"Für mich zählt hier vor allem die Menschlichkeit."

Seit Mitte der Jahrtausendwende findet eine schleichende Verlagerung dänischer Flotten nach Schleswig-Holstein, insbesondere in den Raum Flensburg statt, die aber durch die aktuelle Diskussion um den harten Wettbewerb aus Osteuropa untergeht. "Die Gehälter in Norddeutschland waren 1.000 Euro günstiger als in Dänemark", sagt Nissen, der einige Unternehmen bei der Umsiedlung auf die deutsche Platte als Berater unterstützt hat.

Nach der Wirtschaftskrise ist die dänische Karawane nach Osteuropa weitergezogen. Wer sich heute an einem Wochenende auf dem alten Zollhof in Padborg umsieht, trifft dort nur noch auf Lkw aus Osteuropa. Große Firmen wie Kurt Baier werben mit Plakaten an der Einfahrt vor allem Fahrer aus den EU-Beitrittsländern an. Nur in seltenen Fällen, meist weiter im Norden des Landes, finden deutsche Fahrer heute noch Jobs zu alten dänischen Bedingungen. Mit einem Lohngefüge von 1.900 (Einstieg) bis 2.300 Euro liegt MNTS somit so ziemlich im Bereich dessen, was heute in der deutsch-dänischen Grenzregion möglich ist. Das ist selbst für einen dänischen Fahrer wie Steffan Binger, der mit seiner Familie wegen der hohen Lebenshaltungskosten in Dänemark über die Grenze nach Tarp gezogen ist, eine Alternative. So ist neben der modernen Sattelzugflotte vor allem das gute Betriebsklima attraktiv, für das auch der beliebte Fuhrpark­leiter Detlef Knappe mitverantwortlich ist. Er fuhr vorher selbst zehn Jahre für MNTS und organisiert zusammen mit seinem Kollegen Oliver Reimers, der sich um die Fahrer kümmert, auch den alljährlichen Ausflug zur Wolfsmeile. Und mal ganz ehrlich: Welches Transportunternehmen macht schon zwischen Weihnachten und Neujahr komplett dicht und beginnt das neue Arbeitsjahr mit einem zünftigen Fest, bei dem alle Betriebsangehörigen eingeladen sind. Kein Wunder, dass Ringo sagt: "Für mich zählt hier vor allem die Menschlichkeit."

Zahlen & Fakten

Anschrift:
mnts GmbH & Co. KG
Transport Spedition Consulting
Heidewinkel 6
D-24955 Harrislee

Telefon (+49) 461 1600183
Telefax (+49) 461 1600184
E-Mail
Webseite

Gründungsjahr: 2001
Unternehmensgröße: mittelständisches inhabergeführtes Transport- und Speditionsunternehmen
Umsatz: ca. 7 Millionen Euro
Schwerpunkt: Trailertrucking im Deutschland-Dänemark-Verkehr, hauptsächlich Planen- und ­Kühl­trailer mit Schwerpunkt West- und Südwestdeutschland
Beschäftigte: 70
Fahrer: 62
Fuhrpark: 50 Sattelzugmaschinen: 23 MAN (480 PS), davon vier Stück als Dreiachser für Kühlverkehr in Skandinavien, 17 Volvo (460 PS), acht DAF (460 PS), ein Renault (460 PS), ein Scania (V8 500 PS). Außer Renault alle ­große Fernverkehrsfahrerhäuser mit Standklima, zwölf Zugmaschinen von 2015 mit allen Fahrassistenzsystemen, eigene bahnfähige Planenauflieger von Krone.
Eigene Werkstatt: nein
Einsatzbereich der Fahrer: D, DK, NL, B, S, N
Fahrleistung der Lkw: ca. 150.000 km/Jahr
Offene Stellen: auf Anfrage
Alle Angaben nach Geschäftsführer Michael Nissen

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
FERNFAHRER Titel 4/2016
FERNFAHRER 04 / 2016
7. März 2016
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