Achsenbau im Wandel Das Kuchenstück wird kleiner

Märkte-Situation der Hersteller von Trailerachsen Foto: Thomas Küppers, Kögel, Krone 10 Bilder

Was bleibt den Herstellern von Trailerachsen, wenn die großen Anhängerproduzenten ihre eigenen Produkte fertigen? Immer noch genug! Das sagen zumindest die Experten von BPW sowie SAF-Holland. Gleichzeitig stellen sich ihre Unternehmen neu auf.

Geringe Margen zwingen die Hersteller von Anhängern und Aufbauten trotz guten Gesamtabsatzes dazu, zusätzliche Wertschöpfung ins Haus zu holen und besonders werthaltige Fahrzeugkomponenten selbst zu fertigen. Aktuell stehen die Trailerachsen im Fokus. Das Achstrio macht laut Krone immerhin 20 bis 30 Prozent der Herstellungskosten eines Aufliegers aus. Trendsetter war hierbei Schmitz Cargobull (SCB).

Ein Wettbewerb unter Herstellern

Europas größter Trailerhersteller hat schon Mitte der 90er-Jahre diese Kompetenz ins Haus geholt. Vergangenes Jahr folgte die Nummer zwei, Krone. Die Übernahme der Achsenschmiede Trenkamp und Gehle (Marke: Gigant) im Jahr 2013 hat dies ermöglicht. SCB wählte indes ­einen anderen Ansatz und arbeitete zunächst mit der Achsensparte des Daimler-Konzerns, dann mit SAF zusammen und baut heute in eigener Regie ein Aggregat. Auch die Nummer drei im ­Bunde der Serienproduzenten, Kögel, nimmt gerade neuen Anlauf. Nach einem vergeblichen Versuch in Zusammenarbeit mit Arvin Meritor will Kögel laut Technik-Geschäftsführer Thomas Eschey mit einem in Eigenregie entwickelten Produkt spätestens auf der IAA 2016 die Kunden überzeugen.
Haben damit ausgewiesene Spezialisten wie BPW und SAF-Holland oder auch die bisherige Achsensparte von Mercedes-Benz, die seit Kurzem Bestandteil des Zulieferkonzerns Jost ist, das Nachsehen? "Es gibt mehrere Wettbewerber im Bereich der Fahrwerke. Es ist eine Tat­sache, dass Fahrzeugbauer heute selbst Trailerachsen fertigen", sagt Dietmar Böser, Vertriebsleiter Europa beim Achsenproduzenten BPW. Grund zur Sorge bestehe aber nicht. "Wir haben gelernt, mit diesem neuen Wettbewerb umzugehen", erklärt der BPW-Mann.

Während SCB die eigene Achse 1996 lancierte, habe sich BPW zeitgleich auf neue Märkte und auf den Ausbau der Systemkompetenz konzentriert. Durch das Wachstum in diesen Segmenten und in neuen Absatzmärkten sei der zusätzliche Wettbewerb kompensiert worden, erklärt Böser. Zudem sei BPW bei SCB auch nie der Hauptlieferant gewesen. "Unser Anteil dort führte in den 90er-Jahren zu keiner Zeit in eine Situation der Abhängigkeit. Bei Einführung der SCB-Achse war unser Anteil schon in einer Größenordnung, bei der es uns keine Sorgen bereitet hätte, wenn er auf null gesunken wäre", erläutert Böser. Die breite Aufstellung von BPW sei auch heute die Stärke des Unternehmens. Oberstes Ziel sei es immer schon gewesen, nicht von Großkunden abhängig zu sein.

Man wird mit der Zeit eigenständiger

Anders die Situation für SAF-Holland bei SCB: "Für das alte Unternehmen SAF war SCB mit Abstand der größte Kunde", sagt Detlef Borg­hardt, Vorstandschef von SAF-Holland. Heute sei das anders. SCB ist zwar laut Borg­hardt immer noch ein wichtiger Kunde, habe aber die Ausrüstungsquote nicht zu hundert Prozent auf die eigene Achse umgestellt. "Beide Unternehmen haben die Abhängigkeit voneinander verringert, für beide waren diese Abhängigkeiten zuvor zu groß", erläutert Borghardt. Die Zahl der verbauten SCB-Achsen ist dennoch ansehnlich. Ulrich Schöpker, Vertriebsvorstand von SCB, gibt an, dass inzwischen 90 Prozent aller Trailer das Werk auf der eigenen Rotos-Achse verlassen. Insgesamt seien inzwischen mehr als 640.000 SCB-Trailer europaweit damit unterwegs.

Das Kuchenstück für die Achsenbauer wird kleiner, gibt auch der SAF-Vorstandschef zu. "Jede Achse, die SCB, Krone oder auch Kögel selbst fertigt, bauen wir nicht mehr", bestätigt er. Eine Stärke von SAF sieht Borghardt darin, dass seit der Übernahme des US-amerikanischen Herstellers Holland der Gesamtkonzern in Absatzmärkten weltweit sehr gut aufgestellt sei. "Verluste in Europa gleichen wir auf anderen Kontinenten aus", erläutert er.

In etwa vergleichbar eng ist die Zuliefer­beziehung von BPW und Krone. Der Emsländer Fahrzeugbauer ist bislang der größte Einzelkunde von BPW. Firmenchef Bernard Krone hatte mit Einführung der eigenen ­Trailerachse das Ziel ausgegeben, eine Ausrüstungsquote von 20 bis 40 Prozent zu erreichen. Das dürfte somit vor allem zulasten von BPW gehen. Böser widerspricht nicht, wiegelt aber ab. "Unser Verhältnis zu Krone ist immer noch sehr gut", stellt er klar. BPW stelle sich entsprechend anders auf. Die Entwicklung laufe bei Krone und BPW gleichzeitig ab, sei damit also keine direkte Antwort auf die Einführung der Krone Trailer-Achse.

"Wir haben unseren Achsenlieferanten früh unsere Strategie erklärt. Krone wächst kontinuierlich und nachhaltig. Selbst, wenn wir unsere eigene Achse bauen, dann sinkt der Anteil der insgesamt zugelieferten Achsen sicher nicht unter 50 Prozent", argumentiert Markus Gehle, Geschäftsführer des Krone-Gruppe-Unternehmens Trenkamp & Gehle. Auch in absoluten Zahlen gemessen, bleibe durch das Absatzwachstum bei Krone die Menge für die Lieferanten interessant.

Der Erfolg für die Krone Trailer-Achse stellt sich indes schon ein. Trenkamp & Gehle-Geschäftsführer Markus Gehle gibt an, dass das Ziel, im ersten Geschäftsjahr (bis 31. Juli) 10.000 Achsen für Krone-Fahrzeuge zu produzieren, voraussichtlich übertroffen wird. "Die Markt­umgebung passt, der Name Krone zieht, die Rechnung ist aufgegangen", freut er sich. 2.500 Trailer mit Krone-Achse seien bereits unterwegs.

Letztendlich entscheidet der Fahrzeugkäufer

"Letztendlich entscheidet der Fahrzeugkäufer. Er bestimmt das Fahrwerk. Wenn unser Produkt in puncto Qualität, Technik und Zuverlässigkeit also genauso gut oder besser als das des jeweiligen Fahrzeugherstellers ist, dann ist der Flottenbetreiber auf unserer Seite", sagt Borg­hardt. Auch gehe er davon aus, dass sich die Fahrzeugeigner nicht allein vom Trailerhersteller abhängig machen wollten. Bei SAF-Holland bekämen die Unternehmer mit die leichteste Achse, eine umfangreiche Garantie, beste Ersatzteilversorgung sowie beste Scheibenbremstechnologie", kontert er. Mehr als 20 Innovationen habe SAF-Holland auf der IAA vorgestellt, das sei ein Pfund, mit dem sich wuchern lasse.

Mit neuen Produkten, hoher Qualität, kurzen Innovationszyklen, einem engmaschigen Servicenetz und mit einer Fahrwerk-Gesamtkompetenz einschließlich ­Telematiksystemen für Zugmaschine und Anhänger will auch BPW die Fuhrparkbetreiber direkt überzeugen. "Wir bieten den Kunden eine Mobilitätspartnerschaft an. Würden wir uns aber nicht verändern, hätten wir verloren", erklärt BPW-Vertriebsmann Martin Strallhofer. So aber blicke man bei BPW zuversichtlich nach vorne, auch weil Abhängigkeiten verringert würden. Noch sei aber das klassische Geschäft mit den Achsen die Basis für das wei­tere Geschäft des Unternehmens. Und auch Borg­hardt sieht es als das solide Fundament von SAF-Holland. Ein Drittel des gesamten ­europäischen Achsenabsatzes verkauft SAF-Holland laut Borg­hardt an die drei großen Fahrzeugbauer.

Der Kontakt zu Kunden ist den Herstellern sehr wichtig

Die Vertreter der Fahrzeugbauer sehen das naturgemäß anders. "Die eigene Achse stellt für den Kunden sicher, dass er nur einen Ansprechpartner hat", sagt ­Gehle. Im Falle der ­Krone Trailer-Achse ist ein ­weiterentwickeltes Produkt auf Basis der gut eingeführten ­Gigant-Euro-Achse. Aktuell arbeitet der Hersteller an einer Variante für Megaauflieger. Für Gigant eröffnet der "Marken-Split" neue Chancen im europäischen und darüber hinausgehenden Marktsegment der 22,5-Zoll-Aggregate. Traditionell ist der Hersteller bislang nämlich vor allem stark auf 17,5-Zoll-Fahr­werke spezialisiert. Unter dem Namen Gigant soll ­dieses Feld weiterhin für dritte Fahrzeugbauer bearbeitet werden.
Schöpker verweist darauf, dass das kom­plette Fahrwerk zudem ideal auf den Trailer ­abgestimmt sei. Exzellentes Federverhalten, ­hohe Laufleistung, geringe Verschleißkosten und hoher Werterhalt seien die Folge.

Der Preis des Fahrwerks allein spielt neben Technik und Service sowie Zuverlässigkeit nur eine untergeordnete Rolle. Das behaupten zumindest die Vertreter von BPW, Gigant und SAF-Holland. Das beweise unter anderem der misslungene Versuch des niederländischen Unternehmens Valx, mit einem verhältnismäßig preisgünstigen Aggregat – mit Komponenten teilweise aus der Fertigung des chinesischen Herstellers Fuwa – in Europa Fuß zu fassen. "Es gab nur einzelne Projektgeschäfte in Spanien und Dänemark", berichtet Böser. "Wir sehen Valx als Wettbewerber aktuell nur noch sehr wenig", bestätigt Borghardt. Das sei auch nicht weiter verwunderlich. "Wir haben 30 Jahre darauf verwendet, unser Servicenetz aufzubauen", argumentiert er. Auch Arvin Meritor habe diese Erfahrung machen müssen und sei heute ganz aus Europa verschwunden

Jost verlagert Achsenproduktion nach Polen

Inzwischen ist die Übernahme von Mercedes-Benz Trailer Axles (MBTA) durch Jost (unter anderem: Anhängerkupplungen, Sattelplatten, Containerverriegelungen, Tridec-Achslenkungen) vom Bundeskartellamt abgesegnet und vollzogen worden. Erste Ergebnisse der Integration in den neuen Konzern sind bereits spruchreif, etwa die Verlagerung der Produktion vom Daimler-Standort Kassel ins polnische Jost-Werk Nowa Sol zum Sommer. Im Mittelpunkt der Fertigung steht die 22,5-Zoll-Achse für On- und Offroad-Anwendungen, mit der Größe 19,5 Zoll würden zusätzlich speziellere Kundenforderungen abgedeckt. Im Programm bleibt neben dem Standardprodukt auch die Airmaster-Achse mit ins Achsrohr integriertem Luftvorrat, der den kompletten Wegfall von Luftkesseln am Auflieger ermöglicht. Bislang scheint der Absatz von MBTA laut Experten von außerhalb der Jost-Gruppe stabil zu bleiben.

Technologietrends*

▸ Fortentwicklung der Bremsentechnologie (beispielsweise Scheiben- und Spreizkeilbremse)
▸ Weitere Gewichtsreduktion am Achsrohr und der Bremse
▸ Alternative Werkstoffe. BPW: Glasfaser-verstärkter Kunststoff, SAF-Holland: Composite-Metall-Verbindungen
▸ Einsatzspezifische Produkte. BPW: Eco-Vision-Achse für nutzlastsensible Transporte, SAF-Holland: Intra R für Volumenanwendungen, Intra S für nutzlastsensible Spezialanwendungen (Auslieferung steht kurz bevor)
▸ OEMs von Truck und Trailer bedienen
▸ Rekuperierende Achse (beispielsweise: BPW, Krone/Gigant) technisch machbar, derzeit aber nicht wirtschaftlich darstellbar

*eine Auswahl

Problemzone Osteuropa

Für die Achsenlieferanten gilt gleiches wie für die Fahrzeugbauer: Der Absatz in Ost­europa ist eingebrochen. "Wir erleben in diesem Wirtschaftsraum die dritte große Krise nach 1998 und 2009", sagt BPW-Vertriebschef Dietmar Böser. Damals sei der Markt aber um 90 Prozent geschrumpft. Aktuell seien die Auswirkungen noch nicht so groß. Bei SAF-Holland belastete die Krise in Osteuropa vor allem das zweite Halbjahr 2014. Jedoch sei Russland für SAF-Holland kein so wichtiger Absatzmarkt im Gegensatz zu Polen. Der Nachholbedarf in Südwesteuropa gleiche den Einbruch mehr als aus. England, Benelux und Skandinavien würden ebenfalls sehr gut laufen. 2015 sei insgesamt sehr gut gestartet. Das habe die Lieferzeiten verlängert, weswegen das Unternehmen zusätz­liches Personal eingestellt habe.

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