Rainer Bomba Politik im Cockpit

Politik und Wirtschaft, Herzig Fulda, Volvo FH, Mercedes, Staatssekretär Bomba Foto: Andreas Techel 4 Bilder

Ärger an der Rampe, Schwierigkeiten bei der Parkplatzsuche, teure Verpflegung an den Rasthöfen  Staatssekretär Rainer Bomba erlebte bei einer Tour in einem Herzig-Lkw die Probleme der Fernfahrer hautnah.

Schlau eingefädelt hatte es der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), einen Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums auf eine zweitägige Lkw-Tour einzuladen. Zugegeben, den 47-jährigen Rainer Bomba mussten Präsident Hermann Grewer und Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Karlheinz Schmidt nicht lange überreden. Der Staatsbeamte erdet sich jedes Jahr mit einer Hospitanz in der Industrie. So war nach Stahlgießerei und Mitarbeit im Straßenbau dieses Jahr der Lkw dran.

Spedition Oscar Herzig stellt Fahrzeug und Fahrer

Die Spedition Oscar Herzig aus Eichenzell bei Fulda stellte den Beifahrerplatz zur Verfügung und Firmenchef Claus Herzig suchte den idealen Fahrer heraus. Mit Ingo Kuhn aus Fischbach saß ein Mann am Steuer, der mit seiner langen Erfahrung - allein bei Herzig ist er schon seit 13 Jahren - genau die richtigen Punkte ansprechen konnte, die die Branche derzeit bewegen. »Das Radio war die ganze Zeit aus«, erzählt Kuhn. Denn erstens wollte Bomba alles ganz genau erklärt bekommen und zweitens hatten die beiden so viele Themen, dass die zwei Tage fast zu kurz waren. Los ging es mit Steinplatten und fast exakt 40 Tonnen Gesamtgewicht nach Bremen. Dabei erfuhr der Politiker eine Menge über Fahrphysik und effizientes Fahren. Dazu können auch sinnvolle Überholmanöver zählen, wenn sie nicht durch Lkw-Überholverbote verhindert werden, über deren Sinn sich streiten lässt.

9,60 Euro für eine Bockwurst mit Pommes und Cola

Zur Mittagszeit gelüstete es dem Duo nach einer Bockwurst. Da staunte sogar der Staatssekretär: »9,60 Euro für eine Bockwurst mit Pommes und Cola. Unglaublich! Da muss ich einmal mit Tank und Rast reden.« An vier Raststätten und Autohöfen hat er sich die Preise angesehen und fand kaum ein Gericht unter zehn Euro.  Der nächste Schock kam an der Rampe: In rüdem Ton erteilte ein Lagerist Bomba den Platzverweis - er hatte keine Sicherheitsschuhe an. Da er seinen Anzug mit dem Blaumann vertauscht hatte, wusste der Lagermitarbeiter nicht, wen er vor sich hatte. Bomba nahm es  mit Humor, doch in einem späteren Gespräch mit den BGL-Granden Grewer und Schmidt wurde ihm die Rampenproblematik nochmals in aller Deutlichkeit vor Augen geführt. Denn vor allem in den Zentrallagern des Handels ist nicht nur der Ton oft rüde, sondern auch die arbeitsrechtliche Situation der Fahrer nicht selten fragwürdig. Abladen wird hier meist als Handelsbrauch vorausgesetzt, ohne dass es dafür einen Vertrag gibt. Damit verschenkt etwa das Unternehmen wertvolle Arbeitszeit des Fahrers. Ganz zu schweigen davon, dass im Falle eines Unfalls auf dem Hof oder an der Rampe keinerlei Versicherungsschutz besteht.

Maßnahmenkatalog für die Rampe

Der BGL hat deshalb einen Maßnahmenkatalog erstellt, worauf an der Rampe zu achten ist. Den will Bomba nach dieser Erfahrung auf alle Fälle unterstützen. BGL-Hauptgeschäftsführer Schmidt fordert darüber hinaus im Gespräch, die Arbeitsstättenverordnung durchzusetzen, die zumindest gewisse Standards für Aufenthalts und Sanitärräume umfasst. Mit Whirlpools eng bepackt ging es auf die Rückreise. Bei der Gelegenheit konnte der Ministerialbeamte mit eigenen Augen sehen, dass die Parkplatznot für Fahrer weiter ein Ärgernis ist. Und sein Chauffeur machte ihn gleich auf eine ziemliche Panne aufmerksam. Selbst neu gebaute Lkw-Stellflächen sind ohne Lärmschutz so angelegt, dass die Fahrerhäuser direkt zur Autobahn weisen. Auch hier hofft die Branche, dass Bomba eine entsprechende Richtlinie ausgibt. Natürlich ist  ihm klar: »Nur ausgeruhte Fahrer sind sichere Fahrer.« Doch Abhilfe ist in Sicht: Von den 2008 versprochenen 11.000 Parkplätzen ist bislang die Hälfte gebaut worden, bis Ende 2012 sollen weitere 5.500 hinzukommen. Dazu will Bomba dem Problem mit Zählsystemen und Telematik beikommen. Ob das reicht? Der Güterverkehr steigt Prognosen zufolge bis 2025 um 70 Prozent an und das Budget reicht nicht einmal aus, um die maroden Brücken zu erhalten. Nicht zu vergessen, dass auch normale Straßendecken hohem Verschleiß unterliegen. Die Nacht verbringt Bomba dann aber doch nicht im Fahrerhaus, sondern im Hotel.

Bomba verbringt die Nacht im Hotel

Dennoch bekommt er mit, auf wie viele Dinge sein Fahrer achten muss, wie viel Rücksichtslosigkeit ihm auch andere Verkehrsteilnehmer entgegenbringen. »Und trotzdem bewahrt Ingo immer die Ruhe, das nötigt mir echten Respekt ab«, sagt Bomba.  Offensichtlich stimmte die Chemie im Cockpit. »Ja, der Rainer war ein aufmerksamer Zuhörer und angenehmer Beifahrer«, gibt Kuhn das Kompliment zurück. Auch er hat es genossen, seine Probleme an die entsprechende Schnittstelle der Politik zu transportieren. So fällt das Arbeitszeugnis für den »Praktikanten« in der Schlussbesprechung recht positiv aus. Auch Spediteur Herzig lobt dessen Willen, sich mit der komplexen Materie auseinanderzusetzen. Bomba selbst  hat den Trip genossen und ist begeistert vom Beruf des Kraftfahrers: »Nicht nur die faszinierende Technik heutiger Lastwagen, sondern auch die hohe Verantwortung und die Vielfältigkeit des Jobs beeindrucken mich doch tief.« Einem erneuten Praktikum in einer Spedition steht damit nichts im Wege.

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