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Panalpina-Chef Stefan Karlen im Interview Panalpina prüft gezielte Akquisitionen

Foto: Matthias Rathmann

Der neue Panalpina-Vorstandsvorsitzende Stefan Karlen rechnet 2017 mit einem schwierigen Jahr. Organisch werde man trotzdem wachsen, sagt er im Interview mit eurotransport.de. Mögliche Übernahmen schließt er nicht aus, noch sei aber nichts spruchreif. Den Blick richtet Karlen dabei vor allem auf Mittelständler im Bereich Frischelogistik.

eurotransport.de: Herr Karlen, Sie haben die vergangenen 16 Jahre im Ausland verbracht. Wie fühlt es sich an, wieder in der Schweiz zu sein?

Karlen: Es ist schon noch etwas ungewohnt. Denn nicht nur das Umfeld, sondern auch die Arbeit hat sich geändert. Durch meine neue Tätigkeit ergeben sich ganz andere Anforderungen. Doch es ist gut, wieder zurück zu sein. Die Aufgabe ist spannend und ich übe sie gerne aus. Ich durfte ein Team übernehmen, das mein Vorgänger Peter Ulber ja schon geformt hat. Es arbeitet sehr professionell und bringt viel Erfahrung mit.

Ist die Schweiz für Sie so etwas wie Ihre Heimat?

Ganz klar. Ich habe einen starken Bezug zur Schweiz. In den vielen Jahren, die ich im Ausland verbrachte, war die Schweiz immer meine Heimat.

Dabei mögen Sie gar keinen Schweizer Käse …

Dafür mag ich die Berge. In den Bergen bin ich aufgewachsen, das hat mich geprägt. Zum Beispiel carve und fahre ich leidenschaftlich gerne Snowboard. Und als Schweizer habe ich auch ein Faible für Schweizer Uhren.

Sie waren zwölf Jahre in Aserbaidschan, Kasachstan und Russland tätig, dann mehr als vier Jahre in Taiwan und Singapur – dort zuletzt als regionaler CEO. Was vermissen Sie aus diesen Aufenthalten am meisten?

Weil es so viele  unterschiedliche Stationen waren, könnte ich sehr viele Dinge nennen. Von meinem letzten Aufenthalt in Singapur bleibt mir sehr positiv in Erinnerung, wie gut organisiert und sauber alles ist. Singapur ist eine sehr internationale Stadt, die viele Möglichkeiten bietet – beruflich, aber auch privat in den Bereichen Sport, Unterhaltung oder Gastronomie. Meine Frau, meine zwei Kinder und ich haben uns dort sehr wohl gefühlt, doch fühlt sich meine Familie auch in der Schweiz wieder sehr wohl. Mir war es immer wichtig, dass meine Kinder eine gute Schulausbildung bekommen. Das ist sowohl in Singapur als auch in der Schweiz gewährleistet.

Schaffen Sie es, Unternehmen und Familie unter einen Hut zu bekommen?

Es wird schon anspruchsvoll sein, die Balance zu finden. Für mich ist die Familie sehr wichtig, genauso wie der Sport. Ich glaube, es finden sich Wege, Beruf und Persönliches in Einklang zu bringen – zum Beispiel gibt es auch in Hotels Fitnessstudios.

Was wird unter Stefan Karlen bei Panalpina anders?

Es wird nicht alles anders. Für mich ist es wichtig, auf die Menschen zuzugehen und ihnen zuzuhören. Ich nehme mir die Zeit, viel mit den Leuten zu reden und ich reise viel. Dadurch kann ich erkennen, wo ich die Teams unterstützen und Synergien herstellen kann. Das sehe ich als eine meiner Stärken.

Sie kennen das Unternehmen seit 20 Jahren. Wie haben Sie es in Ihrer neuen Position wahrgenommen?

Das Unternehmen steht auf einem starken Fundament. Die Finanzen sind solide. Wir haben genügend flüssige Mittel, um nicht nur den laufenden Betrieb zu finanzieren, sondern um uns auch Gedanken zu gezielten Akquisitionen zu machen. Das Unternehmen hat mit seiner Matrixorganisation aus den Produkten und vier Regionen die richtige Struktur und funktioniert gut. Mit Peter Ulber, unserem Verwaltungsratspräsidenten, dem ich als CEO gefolgt bin, habe ich eine klare Arbeitsteilung. Wir ergänzen uns bestens und sind daher ein gutes Gespann.

Sie sprechen von gezielten Akquisitionen. Welche Art von Unternehmen haben Sie dabei im Blick?

Wir beschäftigen uns mit diesem Thema seit über einem Jahr. Wir sehen ganz klar Potenzial im Bereich der Frischwaren. Dort haben wir bereits erfolgreich das Unternehmen Airflo übernommen, das auf den Export von Schnittblumen aus Kenia spezialisiert ist. Die möglichst reibungslose Integration in unser Netzwerk ist entscheidend und die Einführung unseres neuen IT-Systems SAP TM wird uns künftig erlauben, auch Unternehmen mit größeren Transportvolumen zu integrieren. Natürlich will aber nicht jedes interessante Unternehmen auch verkaufen.

Richtet sich Ihr Blick bei möglichen Übernahmen auf eine ganz bestimmte Region?

Eine Übernahme kann auf der ganzen Welt erfolgen, aber sie macht selbstverständlich dort am meisten Sinn, wo unsere Präsenz noch ausbaufähig ist. Asien beispielsweise bietet sicher viele Möglichkeiten. Die Bevölkerung dort will neue Produkte probieren, die Kaufkraft wächst – das bietet gute Voraussetzungen. Wir führen grundsätzlich Gespräche mit kleineren Mittelständlern in verschiedenen Regionen. Noch ist aber nichts spruchreif.

Ihr Vorgänger hat die Logistik 2015 in die schwarzen Zahlen überführt. War diese Sparte auch 2016 profitabel?

Die Logistik hat sich weiterhin positiv entwickelt und ist klar auf dem richtigen Weg. Wir sind in Bereichen gewachsen, in denen wir Mehrwert generieren – wo es also über das reine Ein- und Auslagern von Paletten hinaus geht. Das ist zum Beispiel im Bereich Logistics Manufacturing Services der Fall, wo wir Produkte in der Endmontage konfigurieren und zusammenbauen. In diesem Bereich sind wir im Markt ganz vorne mit dabei. Entsprechende Aktivitäten betreiben wir in Süd- und Zentralamerika, aber auch in Europa und mittlerweile in Dubai. Dort sind wir erst vor kurzem in eine größere Anlage umgezogen, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Zum Teil handelt es sich wie in Süd- und Zentralamerika um Kunden aus der Telekommunikationsbranche. Es gibt aber auch Interesse von Kunden aus anderen Bereichen, die ihre Supply Chain mit uns verbessern wollen.

Wo in Europa betreiben Sie diese Logistikaktivitäten?

Wir haben sowohl in den Niederlanden als auch in Osteuropa mit solchen Mehrwertdiensten für verschiedene Kunden begonnen. Sie sind immer an unsere Kernprodukte Luft- und Seefracht angebunden.

Von der Logistik zum Unternehmen insgesamt: Wie liefen die Geschäfte 2016?

Die ersten neun Monate waren trotz vieler Turbulenzen am Markt erfolgreich. Im Öl- und Gasgeschäft hatten wir einen erheblichen Druck. Es ist uns aber gelungen, die Rückgänge auszugleichen, indem wir in anderen Industriezweigen zugelegt haben. Das ist angesichts der Tatsache, dass die Energiebranche bis vor kurzem 20 Prozent unseres Bruttogewinns ausmachte, sehr positiv. Dieser Anteil hat sich inzwischen auf weniger als 13 Prozent reduziert.

Wollen Sie dennoch an der Energiebranche festhalten?

Wir bekennen uns klar zum Öl- und Gasgeschäft und sind in diesem Bereich auch weitherhin marktführend. Der Ölpreis ist nach fast zwei Jahren auch wieder am Steigen. Das Umfeld für die Branche verbessert sich also wieder, daran wollen wir partizipieren.

Stimmt Sie das für 2017 zuversichtlich?

Auch wenn sich das Öl- und Gasgeschäft stabilisieren sollte, wird 2017 kein leichtes Jahr. Das Umfeld in der Seefracht ist alles andere als günstig, auch wegen  des Hanjin-Effekts. Wir erleben Konsolidierungen in Japan und Europa, die den gesamten Markt aufwirbeln und neue Volatilität erzeugen werden. In der Luftfracht wird es auch kein großes Wachstum geben. Wir werden organisch dennoch weiter zulegen.

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