Der Mercedes Sprinter City 65 gilt als perfekte Ergänzung für Stadtbusflotten. Dabei zeigt der Minibus aus der Dortmunder Mercedes-Kleinbusschmiede durchaus Qualitäten.
Normalerweise wird die Stuttgarter Linie 42 vom Schlossplatz zum Erwin-Schöttle-Platz mit Mercedes Citaro von 12 bis 19,50 Meter Länge und zwei bis vier Achsen betrieben. Die Auslastung ist zumeist sehr gut, doch nicht zu jeder Tages- und Wochenzeit ist es nötig, mit den größten Bussen wie dem Capa-City ins Rennen zu gehen. Oft tut es auch die "stille Reserve" der Flotte mit bis zu 30 Plätzen und einem Rollstuhl- sowie Kinderwagenplatz. In diesem kleinen, aber doch stabilen Segment hat Mercedes mit seiner Minibus-Tochter in Dortmund, die im letzten Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum feierte, einiges zu bieten. Vorgestellt wurde die runderneuerte Euro-6-Palette mit insgesamt 24 Modellen 2014. "In diesem Jahr gilt es nun, Geld damit zu verdienen", erläutert Bernd Hülsmann, Marketingleiter der Minibus-Sparte.
Ambiente erinnert an Citaro und Co
Zum lastauto omnibus-Test auf der Linie 42 fährt die rund 7,7 Meter lange Version des City 65 vor, die mit dem kurzen Serienradstand des Kastenwagens für einen kleinen Wendekreis von knapp über 15 Metern sorgt. Dank des eigens konstruierten Busaufbaus bietet der Wagen rund zehn Zentimeter mehr Innenbreite als der City 45 und tief heruntergezogene Panorama-Seitenscheiben. Statt der großen Front-Panoramascheibe wie in der Travel-Version kommt hier die Version mit Zielschildkasten und LED-Matrix-Anzeige zum Einsatz. Die Sicht- und Platzverhältnisse im modernen Cockpit sind beinahe perfekt, auch die Durchsicht zwischen rechter Tür und Seitenspiegel ist konstruktiv sehr gut gelöst. Der große Zubehörkasten neben dem Fahrer bietet Platz für eine Tasche sowie die Technik für das rechnergesteuerte Betriebsleitsystem, es gibt ihn aber auch in einer etwas kleineren Ausführung. Der helle und freundliche Innenraum erinnert an das Ambiente von Citaro und Co. Das fängt schon bei der 1,25 Meter breiten, doppelflügeligen Tür an. Leider gibt es für den Sprinter 65 keine elektrischen CADS-Türen, die etwas schneller öffnen als die im Testwagen verbauten. Die sich dahinter anschließende Niederflurfläche von 3,6 Quadratmetern bietet im Testwagen Platz für einen Rollstuhlplatz mit drei Klappsitzen sowie einen Kinderwagenplatz.
Das Kneeling um rund sieben Zentimeter und eine manuelle Klapprampe sorgen für beste Bedingungen beim Einsteigen. Auf der erhöhten hinteren Fläche – hier beträgt die Stehhöhe noch 1,92, vorne 2,28 Meter – sind im Testwagen 13 Sitze des Typs "City Star Eco" mit einer Breite von 420 oder 440 Zentimetern verbaut. Durch den Wegfall der hinteren Tür gibt sich der Innenraum aufgeräumt und übersichtlich. Ein hochwertiger Holzimitat-Fußboden und eine aufwendige Heizung sowie Klimatisierung komplettieren das Wohlfühlambiente. Zum angenehmen Transfer trägt ebenso das aufwendige Fahrwerk mit serienmäßiger Luftfederung an der Hinterachse und verstärken Stabilisatoren vorne und hinten bei. Das Fahrzeug federt gut, auch die Vorderachse mit ihrer Querblattfeder ist ausreichend stramm gedämpft – ein Aufschaukeln ist selten zu verzeichnen. Die Kombination aus drehmomentstarkem Vierzylinder-Diesel mit 163 PS, zwei Turboladern mit variabler Geometrie und Zwei-Massen-Schwungrad sowie dem neuen 7G-Tronic-Plus-Getriebe gibt sich auch im Stadtbus keinerlei Blöße, auch wenn die Sämigkeit des Sechszylinders nicht erreicht wird. Die Spreizung der Gänge ist auch im anspruchsvollen Stadtverkehr ausreichend, eine Haltestellenbremse nebst Anfahrhilfe vereinfacht die Abläufe. Lediglich die antiquierte, da energievernichtende Telma-Wirbelstrombremse lässt es beim Verzögern merklich durch die Gänge rucken.
Verbrauch rangiert genau bei den SORT-Werten
Beim Thema Geräusche hält sich der Mercedes angenehm zurück, der Luftkompressor ist rechts vor der Tür montiert und zeigt gute Manieren. Sehen lassen kann sich auch der Verbrauch des Mercedes Sprinter City 65. Mit 21,6 Litern auf der gesamten Strecke rangiert er genau bei den von Daimler angegebenen SORT-Werten, die sich gegenüber Euro 5 um bis zu 3,7 Prozent verbessert haben sollen. Der CO2-Wert pro Fahrgast liegt mit 21 Gramm bei voller Auslastung in etwa auf dem Niveau eines halb besetzten Gelenkbusses, eine gute Voraussetzung beim Kosten-Nutzen-Vergleich. Von den Segnungen der modernen Assistenzsyteme des Kastenwagens kann der Sprinter 65 vorerst leider nicht profitieren, immerhin passt sich aber das ESP der Beladung an. Denn auch ein Kleinbus muss seine Fahrgäste jederzeit sicher bewegen.