Iveco Powerstar und Trakker Evolution Die Boliden auf der Teststrecke

Iveco Powerstar Foto: Andreas Techel 14 Bilder

Siegertypen - Nach dem glorreichen Dakar-Sieg prüft Iveco die Rallye-Trucks im Ulmer Werk. FERNFAHRER erlebte die Boliden auf der Teststrecke.

Nur einmal im letzten Jahrzehnt fuhr der Dakar-Sieger in der Truck-Wertung keinen russischen Kamaz. 2007 gewann der Niederländer Hans Stacey auf MAN und nun 2012 verwies er die Russen abermals auf die Plätze. Diesmal allerdings als Pilot eines Iveco Trakker Evolution. Doch für die oberste Stufe des Siegertreppchens reichte es nicht, die holte sich Markenkollege Gerard De Rooy mit dem Iveco Powerstar, dem einzigen Hauber im Feld.

Mit Miki Biasion schaffte es noch ein weiterer Trakker auf Rang sechs, womit die Italo-Holland-Schwaben-Truppe ein echtes Ausrufezeichen setzte. Zwei der Boliden traten nun in Ulm zum Werks-Check an – die Gelegenheit, sie auf der Teststrecke in Blaustein zu erleben. „You break it, you’ll pay it“, sprich „Wer etwas kaputt macht, zahlt“, hieß es von De Rooy.

So war der Platz vorne links ausschließlich für Iveco-Mannen reserviert. Den durchaus prägenden Fahreindrücken tat dies jedoch keinen Abbruch. Die Schlösser der Hosenträgergurte klicken und Martin Vogel dreht den Zündschlüssel. Böse grollend erwacht der sonst eher friedlich gestimmte Iveco Cursor 13. Dabei haben die Iveco-Techniker außer einem größeren Turbolader und geänderten Einspritzdüsen nicht viel gemacht.

Für die angegebenen 840 PS hat dies jedoch allemal gereicht. „Ja, er darf auch noch höher drehen, bis zwosechs, zwosieben“, hat Fahrversuchsleiter Mario Spitz gerade noch erklärt, da setzt schon ein mächtiger Schub ein und der Drehzahlmesser springt geradezu in die genannte Region. Eigentlich scheint der ganze Renner jeden Schaltvorgang mit einem Sprung nach vorne zu beantworten, denn das blitzartige Hochdrehen setzt der Allradler sofort in gewaltigen Schub um.

Der Aufschlag auf den Boden fühlt sich an wie ein mittelschwerer Verkehrsunfall

Dass die vorhandene Piste dabei nicht einmal diese Bezeichnung verdient, ist dem Biest egal und auch Testingenieur Martin Vogel scheint dies nicht zu kümmern. Virtuos dreht er am Volant. Er wirft den Neuntonner fast wie einen Pkw in die Kurve. „Weit hinten liegender 700-Liter-Tank, nach hinten versetztes Verteilergetriebe, zwei Reserveräder im kurzen Überhang, macht eine Gewichtsverteilung von 50 zu 50“, schießt es dem Beifahrer durch den Kopf.

Schon reißen die 3.600 Newtonmeter wieder erbarmungslos an. Nach dem Schalten lässt der Turbo noch ein voluminöses Fauchen hören und der Sechszylinder beißt weiter zu. Die Füße des Kopiloten krallen sich unter die Querstange. Ein mitfühlender Mechaniker hat sie dafür wohl am Fußboden verschraubt. Schon als Passagier artet das nach wenigen Minuten in echte Anstrengung aus.

Wie halten das die Dakar-Teams zwei Wochen am Stück aus? Noch dazu in der Atacama statt auf der Schwäbischen Alb. Respekt. Respekt auch vor diesem kleinen Hügel, der jetzt vor uns auftaucht. Schon verschwindet der Boden aus dem Gesichtsfeld, nur noch Himmel ist zu sehen und die Kiste beschleunigt einfach immer weiter. Heben wir jetzt etwa ab? Krawumm! Offensichtlich, denn der brachiale Einschlag, der uns Mutter Erde wieder vor die Motorhaube legt, fühlt sich an wie ein mittelschwerer Verkehrsunfall. Wer hat da eigentlich gerade geschrien? Testfahrer Vogel grinst vergnügt vor sich hin. Er weiß, dass er das Potenzial seines Boliden nicht einmal zur Hälfte ausnutzt.

Die Antriebseinheit muss zwei Rennsaisonen aushalten

Von außen betrachtet sieht das Ganze tatsächlich viel harmloser aus. Zwar ist die gewaltige Kraft jederzeit zu sehen und zu hören, doch die Räder pumpen geschmeidig in ihren gut 40 Zentimeter langen Federwegen. Jedes Rad verfügt gleich über ein Zwillingspärchen Öldruckstoßdämpfer, deren Inhalt sogar noch in externen Behältern gekühlt wird. „Kein Wunder“, erklärt Ingenieur Spitz, „bei der Beanspruchung wird das Öl sehr heiß und wenn es überhitzt, kann es nicht mehr dämpfen.“

Das möchte man sich als Beifahrer dann schon überhaupt nicht vorstellen. Da ist bereits der Platz im Hauber ein Privileg, denn die Besatzung des Frontlenkers bekommt die Schläge der Vorderachse noch einen Tick direkter weitergereicht. Und das Material? Darüber machen sich die Iveco-Mannen und auch das De-Rooy-Team keine Gedanken.

„Die Antriebseinheit muss zwei Rennsaisonen aushalten und das tut sie, sagt Ingenieur Spitz. Komponenten, die wir hier testen, müssen dies mindestens 13.000 Kilometer unter diesen Bedingungen mitmachen, um in die Serie zu gehen.“ Unvorstellbar, dies zu er- oder überleben, aber technisch gesehen nachvollziehbar.

Die Iveco-Techniker gehen bei den regulären Motoren bis zur ersten Revision von 1,2 Millionen Kilometern aus. Das Gleiche nehmen sie auch für das serienmäßige ZF-Getriebe an. Da bleibt Spielraum fürs Tuning. Bei der Dakar liefen selbst die dreiachsigen Iveco-Servicetrucks so schnell und zuverlässig, dass sie zeitweilig unter den ersten zehn geführt wurden. Wir ziehen den Hut, Gratulation und noch viel Spaß beim Testen.

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