Fahrbericht Volvo FH16-750 Starker Schwede

Volvo FH16 750 Foto: Volvo Trucks 6 Bilder

Auch Volvo Trucks ist nun lieferfähig, wenn Topleistungen auf Euro-6-Niveau verlangt werden. Wir haben den Volvo FH16 mit 750 PS schon gefahren.

Zunächst galt bei der Umstellung der Motorenpalette auf die Abgasnorm Euro 6 das Augenmerk der Fahrzeughersteller den Brot-und Butter-Motorisierungen um 400 bis 460 PS. Es folgten die kleinvolumigen Motoren und erst danach die Aggregate mit Topleistungen. Es hat verschiedene Gründe, warum einige Hersteller im Segment oberhalb von 500 PS erst jetzt nachlegen. Zum einen vereinen die leistungsstärksten Aggregate die kleinsten Stückzahlen auf sich. Zudem sind sie auch bei der Anpassung auf die aktuelle Schadstoffnorm am anspruchsvollsten. Mehr Leistung bedeutet oft auch mehr Verbrauch und damit mehr Emissionen.

Noch dazu mussten einige Hersteller eine komplett neue Baureihe entwickeln. Die Zeit der großvolumigen Achtzylinder ist abgelaufen. Für wettbewerbsfähige Verbräuche bieten sich die Big Blocks laut sechs von sieben Lkw-Herstellern nicht an. Es eigneten sich also gerade die kleineren bis mittleren Motorisierungen, um bei der Bekämpfung von CO2-Emissionen der Branche und auch der Politik eine Erfolgsgeschichte zu verkaufen.
Bis zu einem gewissen Grad lässt sich aber auch bei den leistungsstärksten Aggregaten mit ausgefeilter Abgasnachbehandlung dem höheren Schadstoffausstoß entgegenwirken, unter anderem durch eine hohe Konvertierungsrate im SCR-Kat, was aber den Adblue-Verbrauch nach oben treibt. Deshalb führt bei solchen ­Aggregaten kaum ein Weg an innermotorischer Effizienzsteigerung vorbei. Ein optimierter Kraftstoffverbrauch verringert zugleich den Schadstoffausstoß und hält die Abgasnachbehandlung in Grenzen.

Euro 6 dank zweistufiger Aufladung

Vor dieser Herausforderung standen auch die Ingenieure von Volvo Trucks, als es darum ging, den 16,1-Liter-Reihensechszylinder ­namens D16K mit einer maximalen Leistung von 750 PS fit für Euro 6 zu machen. Mit zwei wesentlichen Veränderungen ist es gelungen, dass die Emissionen des bis zu 750 PS starken Aggregats Euro 6 genügen. Der bislang einstufige Abgasturbolader mit variabler Geometrie bekommt im niedrigen Drehzahlbereich Unterstützung von einer zweiten Stufe. Zudem haben die Entwickler den maximalen Einspritzdruck von 2.000 auf 2.400 bar erhöht.

Bei dem zweistufigen Lader teilen sich die beiden Laderelemente die Arbeit in Abhängigkeit vom Abgasdruck. Erzeugt der Lkw bei niedrigen Drehzahlen wenig Abgas, wird damit im Lader ein kleineres Schaufelrad angetrieben, das konstruktionsbedingt auch mit einem schwachen Abgasstrom arbeiten kann. Dieser Lader ist ­allerdings weniger leistungsfähig und in der Regel nicht in der Lage, den vollen Ladedruck zu erzeugen. Deswegen tritt ein zweiter, größer dimensionierter Lader bei höheren Drehzahlen an die Stelle des kleineren und sorgt für einen höheren Ladedruck.

Maximales Drehmoment unter 1.000 Umdrehungen

So liegt bereits bei 900 (405 kW/550 PS) beziehungsweise 950 Touren (552 kW/750 PS) das maximale Drehmoment von 2.900 beziehungsweise 3.550 Newtonmetern an. Weil das maximale Drehmoment sich früher als bei der Euro-5-Motorengeneration einstellt, lässt sich der D16K mit noch längeren Antriebsachs-Übersetzungen kombinieren, was auf geeignetem Streckenprofil für günstigere Verbräuche sorgt.

Die zweite innermotorische Maßnahme für eine sauberere Verbrennung ist die Erhöhung des Einspritzdrucks. Das erlaubt mehr Einzel­injektionen pro Einspritzzyklus und sorgt für eine präzisere Gemischverteilung in den Brennräumen. Die optimierte Verbrennung in unterschiedlichen Betriebszuständen kann, je nach Gemischverhältnis, Stickoxid- und Kohlenwasserstoff-Emissionen ebenso wie den Partikelanteil im Abgas bereits innermotorisch reduzieren und so die die Nachbehandlung entlasten.

Ruhigerer Lauf dank Voreinspritzung

Auch der Geräuschentwicklung der Topmotorisierung haben sich die Ingenieure von ­Volvo angenommen. Eine Voreinspritzung sorgt für einen ruhigeren Lauf durch die daraus entstehende initiale vorgemischte Verbrennung. Die für Dieselmotoren typischen Geräusche bei der Verbrennung entstehen durch den plötzlichen Druckanstieg im Zylinder bei der Hauptverbrennung. Eine initiale vorgemischte Verbrennung schafft einen sanfteren Übergang zur Hauptverbrennung und setzt die Zündverzugszeit herab. Je länger die Zündverzugszeit ist, umso "härter" läuft die Verbrennung ab. Auch das im Vergleich zum Vorgängermotor mit 16,0 : 1 konstruktiv ­reduzierte Verdichtungsverhältnis trägt zum kultivierteren Lauf bei und wirkt sich ­zudem positiv auf die Dauerhaltbarkeit des ­Aggregats aus.

Bei der Abgasnachbehandlung spielt Volvo die gesamte Klaviatur von Partikelfilter (DPF) über gekühlte Abgasrückführung (AGR) bis hin zu selektiver katalytischer Reduktion (SCR). Spannend dürfte die Frage nach dem Adblue-Verbrauch sein. Zuletzt hat der kleine Bruder des D16K, der D13K, in verschiedenen Tests im Vergleich zu Wettbewerbsmodellen erhöhte Werte aufgewiesen.

Potenter als der Vorgänger

So viel zur Theorie. Nun also zur Praxis: Bei der ersten Ausfahrt mit dem neuen Motor ist der Unterschied zum Vorgängermodell vor allem am Berg spürbar. Mit 750 PS bügelt der auf 40 Tonnen ausgeladene Sattelzug Strecken mit maximal moderaten Steigungen ohne viel Federlesens glatt. Erst an langen Anstiegen zeigt sich die höhere Antriebseffizienz. Etwa dann, wenn I-Shift auf die eine oder andere steigungsbedingte Schaltung verzichtet.
Es ist beeindruckend, wie der FH16 über die Hügel sprintet und dabei nahezu nie die Marschgeschwindigkeit verlässt – zumindest dann nicht, wenn der Fahrer nicht allzu sehr auf den Kraftstoffverbrauch achtet.

Mit frühzeitigem Wechsel in den elften Gang ebnet der FH16 jeden Berg ein. Auch der Anstieg kurz hinter Malaga in Richtung Granada von Meereshöhe hinauf auf 916 Meter stellt den 750-PS-Truck schon mit einer Hinterachsübersetzung von 3,08 : 1 vor keine besondere Herausforderung. Es stünden für die einfach übersetzte Hypoid-Antriebsachse RSS1360 noch drei längere Achsübersetzungen bis hin zu 2,47 : 1 zur Wahl, die den FH16 auf leichten Strecken zur Genügsamkeit erziehen können.

Spannend ist indes die Frage, wie der FH16 den Abstieg meistert. Volvo schwört beim ver­schleißfreien Bremsen auf die hauseigene VEB+-Motorbremse. Einen Retarder gibt’s nur auf ausdrücklichen Kundenwunsch. Mit einer maximalen Leistung von jetzt 470 kW statt bislang 425 kW jeweils bei 2.200/min gelingt es der dreistufigen VEB+ (30, 60 und 100 Prozent) tatsächlich, den Hangabtrieb der 40 Tonnen im Zaum zu halten.

Vorausschauender Tempomat I-See

Seit Einführung des vorausschauenden Tempomaten I-See kann der Fahrer Bremsen und Beschleunigen auf Autobahnen und Landstraßen auch der Elektronik überlassen. Das System hat zuletzt allerdings Kritik geerntet, da der Toleranzbereich der Hysterese nicht frei einstellbar war und der Lkw mit der programmierten Übergeschwindigkeit regelmäßig den Bereich des Erlaubten verlassen hat. Jetzt hat Volvo reagiert und die Einstellmöglichkeiten entsprechend ­erweitert.

Der Fahrer kann nun per Knopfdruck den Toleranzbereich des Überschwingers feiner einstellen und nicht mehr nur in drei fest programmierten Stufen. Das funktioniert im FH16 zwar noch nicht so intuitiv wie beispielsweise beim PPC von Mercedes, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.

In Summe hat Volvo Trucks mit dem FH16 und dem überarbeiteten 750-PS-Motor ­einen Lkw auf die Räder gestellt, der reichlich Fahrfreude vermittelt. Ob in einem 40-Tonner
750 PS und 3.550 Newtonmeter Drehmoment Sinn ergeben, bleibt dabei eine müßige Frage. In jedem Fall ist der Kraftprotz nun fit für ­Euro 6 und dank zahlreicher technischer Finessen vermutlich auch sparsamer als sein Vorgänger – wie viel, zeigt sich aber erst beim Test.

Dieser Anschluss passt immer

I-Shift DC heißt die jüngste technische Errungenschaft von Volvo Trucks. Hinter den Buchstaben DC (Double Clutch) verbirgt sich das erste Serien-Doppelkupplungsgetriebe für Lkw. Vereinfacht dargestellt arbeitet es mit zwei Kupplungen und Antriebswellen. Während die eine der beiden Kupplungen geschlossen ist und die Kraft der einen Antriebswelle über den gewünschten Gang an die Abtriebswelle und damit in Richtung Achsen weiterleitet, ist an der zweiten Antriebswelle die Kupplung geöffnet und der nächstgelegene Gang fürs Einkuppeln vorbereitet. Beim Gangwechsel öffnet die eine Kupplung, während die andere schließt. So findet der Gangwechsel ohne Unterbrechung der Zugkraft statt.

Das gilt beim Wechsel zwischen nebeneinanderliegenden Gängen – außer zwischen den Gängen 6 und 7, also beim Wechsel der Range-Gruppe. I-Shift DC kann je nach Fahrsituation auch Gänge überspringen, dann allerdings ohne den Doppelkupplungskomfort. Die Doppelkupplung zahlt sich überall dort aus, wo Unterbrechungen der Zugkraft unerwünscht sind, beispielsweise beim Transport von Flüssigkeiten oder in Verbindung mit einer lang übersetzten Antriebsachse. Kunden müssen dafür aber auch rund 5.000 Euro mehr investieren.

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