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Die Speditionen BTK und Dettendorfer Mehr Praxis in der Lehre

Die Speditionen BTK und Dettendorfer Foto: Bergrath, BTK, Dettendorfer

Die Speditionen BTK und Dettendorfer werben für eine zweijährige Ausbildung. Damit reagieren sie auf die hohe Abbrecherquote. Gegenüber trans aktuell stellen sie ihre neue Fahrerumfrage exklusiv vor.

Der Fahrer könnte das meisterforschte Wesen aus der modernen Arbeitswelt werden. Kaum ist das Fahrpersonal knapp, wird es zum Objekt der Wissbegierde. Kurze Zeit nach Veröffentlichung der ZF-Zukunftsstudie Fernfahrer, fragt jetzt federführend die Spedition BTK aus Rosenheim ihre Mitarbeiter hinterm Lenkrad: Wo willst du hin, Fahrer, und können wir in absehbarer Zeit überhaupt noch mit dir rechnen?

185 ausgewertete Fragebögen

Ein Fragebogen wurde zwischen Juli und September mit der Gehaltsabrechnung an insgesamt 318 fest angestellte Fahrer von vier Unternehmen verteilt, die Auswertung erfolgte anonym durch eine externe Agentur. Beteiligt haben sich 58 Prozent von 170 Fahrern bei BTK, 50 Prozent von 120 Fahrern der Spedition Dettendorfer, 23 von 25 Fahrern bei Renn und alle drei Fahrer von Faißt. Das ist bei 185 auswertbaren Fragebögen eine Quote von 60 Prozent.

Vier Themenbereiche umfasst die Studie: das eigene Berufsbild, die Aufgaben, die Gründe für die Berufswahl und die Zukunftsaussichten. "Von den 185 befragten Fahrern ist jeder fünfte älter als 55 Jahre", erläutert Franz Weiß (50), einer von drei Geschäftsführern bei BTK. "Im Gegensatz zu der von uns mit großem Respekt betrachteten ZF-Studie müssen in unseren vier Unternehmen in den nächsten zehn Jahren rund 20 Prozent der Fahrer ersetzt werden. Das liegt allerdings deutlich unter den rund 40 Prozent, die in der ZF-Studie genannt werden."

Eine zunehmenden Industrialisierung der Logistik

Zusammen mit Georg Dettendorfer (43), der "einfach mal wissen wollte, wie unsere Fahrer so ticken", hat Weiß im Gespräch mit trans aktuell  die Ergebnisse erstmalig interpretiert. Fahrer alten Schlages, das ist bekannt, sind überwiegend Individualisten. Auch bei den vier Unternehmen haben sie in der Regel ein festes Auto. Bei einer zunehmenden Industrialisierung der Logistik wird es aber verstärkt zu einer Trennung von Fahrer und Fahrzeug kommen, um die Lkw besser und wirtschaftlicher auszulasten.

Ob alle Fahrer dazu bereit sind, scheint mehr als fraglich. "Für viele Fahrer ist Teamarbeit ein Schreck-
gespenst", sagt Weiß. "Die Entwicklung, Transporte für mehr Relationen im Nahbereich als Netzwerk mit Begegnungsverkehren zu organisieren, ist für viele Fahrer unvorstellbar. Noch."

Immer wieder taucht auch bei der BTK-Studie das oft zitierte schlechte Image der Branche auf. Der Wunsch nach mehr Anerkennung spiegelt sich in den Zahlen wider: 62 Prozent der Fahrer sehen sich verantwortungs-
bewusst als Teil der Transportkette und nicht als Buhmann der Nation. Aber 75  Prozent der Faktoren, die die Lebensqualität der Fahrer beeinträchtigen, sind nicht vom Arbeitgeber zu beeinflussen – darunter der Parkplatzmangel, zu geringe Spesen, ein zu starkes Verkehrsaufkommen sowie unfreundliches Rampenpersonal. Nur drei Prozent der Fahrer beklagen eine schlechte Zusammenarbeit mit den Disponenten. Wenig überraschend, dass 124 Fahrer denken, dass sich durch den Einfluss des digitalen Tachos in den nächsten zehn Jahren die Einhaltung der Lenkzeit verbessern wird.

BTK und Dettendorfer suchen motivierte Fahrer

Dennoch wird es sowohl für BTK als auch für Dettendorfer im Raum Rosenheim immer schwerer, motivierte Fahrer zu finden – trotz neuer Fahrzeuge, geregelter Arbeit und guten Löhnen. Beide Firmen rekrutieren daher über Standorte in Thüringen Teile ihrer Belegschaft aus Ostdeutschland. Kein Wunder also, dass eine Aussage aufhorchen lässt: Nur 18 Prozent der Fahrer wünschen sich mehr Zeit zu Hause. "Den Ausschlag für den Beruf gibt eindeutig das Geld", sagt Weiß.

Im Osten bildet Georg Dettendorfer, stellvertretender Vorsitzender des Verkehrsausschusses der IHK München, derzeit acht junge Fahrer aus. "Es besteht noch Hoffnung, junge Menschen für den Beruf zu begeistern. Denn 39 Prozent der Fahrer haben den Beruf gewählt, weil sie gerne unterwegs sind."

Das Arbeitsumfeld der Fahrer bedarf dringender Restrukturierung

Allerdings wünschen sich beide Unternehmer eine deutliche Verkürzung der dreijährigen Ausbildungszeit. "Ein Grund für die hohe Abbrecherquote ist die Tatsache, dass die meisten jungen Leute nicht mehr die Schulbank drücken, sondern arbeiten wollen", bestätigt Weiß. "Gerade mit Blick auf den Fahrermangel brauchen kleine und mittelständische Unternehmen eine Verkürzung mit Fokus auf den Arbeitsplatz Fahrzeug." Bei Bedarf könne man immer noch die Grundausbildung mit Modulen zum kompletten Ausbildungsberuf erweitern.

Auch das Arbeitsumfeld der Fahrer bedarf dringender Restrukturierung, denn nur jeder zehnte macht den Beruf aus Freude am Umgang mit Menschen. Hier geht es darum, branchenintern anzusetzen, den Fahrer im positiven Sinne wieder auf seine Lieblingsrolle zu "reduzieren". Das gibt auch weniger Ärger mit dem Arbeitszeitgesetz. 35 Prozent der Fahrer finden das Sortieren von Paletten in fremden Lagern unzumutbar, zwei Drittel betrachten diese Aufgabe als Übel. 
Dettendorfer und Weiß plädieren für die Konzentration des Fahrers auf seine Kernkompetenz – das Fahren.

Die Studie

Federführend bei der Studie "Fahrer – gestern, heute und morgen. Ein Beruf mit Zukunft?" ist das Unternehmen BTK Befrachtungs- und Transportkontor aus Rosenheim. BTK disponiert täglich rund 500 Transporte, die eigene Flotte umfasst 150 Lkw. Größter Studienpartner ist die Johann Dettendorfer Spedition Ferntrans aus Nußdorf am Inn. Ausschlaggebend für ihre Zusammenarbeit ist die Betätigung in verschiedenen Bereichen. Dettendorfer verfügt über 176 eigene Zugmaschinen, das Ladungsaufkommen liegt ebenfalls bei rund 500 Touren täglich. Als langjährige Subunternehmen von BTK haben sich noch die Spedition Faißt aus Baiersbronn (drei Lkw) und die Spedition Renn aus Lauterbach (25 Lkw) beteiligt.

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