Zirkus Krone Manege frei für die Logistik

Der Zirkus Krone Foto: Kühnl, Circus Krone 5 Bilder

Ob Schule, Kfz-Werkstatt oder Unterkünfte von 300 Menschen und 200 Tieren – der Zirkus Krone ist wie ein Dorf auf Rädern. Das zieht 30 Mal im Jahr an jeweils nur einem Tag zur nächsten Spielstätte um. Der Aufwand ist enorm.

Pferde, die auf Kommando auf den Hinterläufen stehen, Elefantenballett vom Feinsten, brüllende Löwen, halsbrecherische Stunts und herumalbernde Clowns – der Zirkus Krone weiß seine Zuschauer zu beeindrucken. Wovon der Zuschauer nichts mitbekommt, ist der große Aufwand im Hintergrund: die Logistik.

10 bis 15 Meter lange Zweiachser mit Deichsel

Jedes Mal, wenn der Zirkus den Standort wechselt, müssen alleine 200 der traditionsreichen Krone-Wagen den Standort wechseln. Es handelt sich hierbei um 10 bis 15 Meter lange Zweiachser mit Deichsel, die jeweils an einer der 22 Zugmaschinen hängen. Wurde bis in die 1990er-Jahre noch das gesamte Equipment mit drei Sonderzügen der Bahn transportiert, stieg Krone aufgrund von Verspätungen, hohen Kosten, geringerer Flexibilität und dem Abbau vieler Laderampen nach und nach auf die Straße um. Seit 1999 transportiert der Zirkus alles auf der Straße.

Es ist Samstag, der vorletzte Tag des fünftägigen Gastspiels in Ravensburg. Während sich die 54 Artisten noch voll und ganz auf ihre Auftritte in der Nachmittagsvorstellung konzentrieren, beginnen bereits die Vorbereitungen für den zehnten von 27 Umzügen in diesem Jahr. In einer Nacht und einem Tag sollen die 330 Krone-Wagen, ein 3.000 Quadratmeter großes Zelt, das 4.000 Menschen fasst, 200 Tiere – vom Tigerbaby bis hin zum 3,5 Tonnen schweren Nashorn – sowie 300 Menschen ins 40 Kilometer entfernte Konstanz gebracht werden. "Das ist jedes Mal ein enormer Aufwand", sagt Martin Lacey.
Während der Vorstellungen tritt Lacey als Weltklasse-Artist zusammen mit Löwen in der Manege auf. Daneben verantwortet er die Logistik beim Zirkus. Auf dieser Etappe ist der Aufwand, den Lacey bewältigen muss, noch ein bisschen größer. Denn zwischen Ravensburg und Konstanz liegt der Bodensee. "Ich habe schon 500 Tickets für die Fähre in meinem Büro liegen", sagt Lacey. Die Fähre fährt die ganze Nacht durch über den See. Das entspannt die Situation für den Logistiker. Denn die kleinen Konvois von je fünf Fahrzeugen kommen so termingerecht über den See.

Die Strecken-Prüfung für den mobilen Zirkusbetrieb

Der Platzmeister ist mit einer zehnköpfigen Delegation bereits vorausgereist. Die muss unter anderem die Reiseroute für den Tross planen. Dabei stellt sich die Frage, ob die Strecken tauglich sind für den mobilen Zirkusbetrieb, führen sie bei den kurzen Etappen doch meist über Bundes- und Landstraßen.

Danach geht es für die Delegation an die umfangreichen Vorbereitungen am Zielort. "Sie markieren den gesamten Platz", erklärt Dr. Susanne Matzenau, Sprecherin des Zirkus Krone. "Jeder einzelne der 330 Wagen hat einen gekennzeichneten Standplatz." Außerdem müsse der Platz vorbereitet werden, erklärt Matzenau. Stadtstrom, Wasser, Abwasser und Telefonleitungen sind nur einige Dinge, die im Vorfeld zu organisieren sind. Mit Strom kann Krone sich bei Bedarf auch selbst versorgen. Dann halten vier enorme Dieselaggregate den gesamten Betrieb aufrecht – von Licht und Sound in der Manege, über die Waschanlagen und Klimaanlagen in den Mannschaftswagen. Hinzu kommen Vorbestellungen bei Bäckereien und Großmärkten in Platznähe – 400 Brötchen braucht der Zirkus jeden Tag und ähnliche Mengen an Schnitzeln oder Salat.

Sieben MAN TGX im Fuhrpark des Zirkus

Am Sonntagmorgen wird es dann ernst für den Umzug. Nach einem Generalstabsplan werden die ersten nicht mehr benötig­ten Wagen wie Schlafunterkünfte, die Schule oder der Waschsalon an die Zugmaschinen angekoppelt. 30 Kraftfahrer beginnen noch vor der letzten Aufführung mit der Verlegung. Seit den 1980er-Jahren handelte es sich bei den Zugfahrzeugen ausschließlich um Lkw der Marke Scania, von denen auch heute noch einige im Einsatz sind. Doch seit vorigem Jahr hat der Zirkus sieben MAN TGX im Fuhrpark, auf die der Zirkus besonders stolz ist. "Zuverlässigkeit, Wartungsarmut und natürlich auch die Kosten haben für uns oberste Priorität", erklärt Matzenau, "und da hat MAN das beste Angebot."

Am Ende der Sonntagabendaufführung heißt es dann "Manege frei" für die 60 Männer des Zeltteams. Nachdem die Bestuhlung ausgebaut ist, wird das 64 mal 48 Meter große Zelt innerhalb von drei Stunden abgebaut. Alleine das Zelt mit allem Zubehör benötigt 30 der Wagen, die der Zirkus während der Standzeit als Garderobe nutzt. Direkt nach dem Abbau reist das Montageteam in einem eigens angemieteten Reisebus zum neuen Zielort, um am Montagvormittag mit dem Wiederaufbau des Zeltes zu beginnen. Nachmittags steht das Zelt und auch die restlichen Wagen treffen ein. Am Dienstagnachmittag kann dann bereits die Premiere stattfinden.

Die Wagen des Zirkus bestehen aus Holz

Die Wagen des Zirkus bestehen allesamt aus Holz, gebaut in der eigenen Werkstatt und von Sachverständigen abgenommen. Es gibt keinen Serienhersteller, der Wagen dieser Bauart herstellt. "Da das Holz altert, hört die Arbeit mit der Abnahme durch die Prüforganisationen nicht auf", betont Logistiker Lacey. Während der Tour sind sechs Mechaniker in einer mobilen Kfz-Werkstatt für die Wartung der Zugmaschinen zuständig. In einem kleinen Zelt arbeiten die Männer auch mit der hauseigenen Holzwerkstatt an der Erhaltung des Holzes der Wagen.

Für Lacey als Logistiker sind die vielen Wagen ein Albtraum: "Aus logistischer Sicht wäre ein Tieflader mit quadratischen Containern natürlich das Optimum." Die könne man frei nach seiner Vorstellung stapeln und mit wenigen Fahrten von A nach B transportieren. "Schließlich muss jede Zugmaschine fünf bis sechs Mal zwischen den einzelnen Stationen hin- und herfahren, bis all unsere Anhänger am Zielort sind. Und auch die Empfindlichkeit der Holzanhänger ist nicht optimal."

Der älteste Wagen ist 100 Jahre alt

Doch die Container kommen der Zirkusleiterin Christel Sembach-Krone nicht auf den Festplatz und auch Susanne Matzenau betont: "Wir werden nie ein Containerzirkus sein." Schließlich gingen die Menschen in den Zirkus, um nicht Alltägliches zu sehen. "Und da gehören eben auch unsere traditionellen Wagen dazu", sagt Matzenau. "Die Menschen wollen eine andere, nostalgischere Stimmung erleben und die fängt eben schon beim Gang vom Parkplatz zur Kasse an." So kommt es auch, dass von den modernsten Stromaggregaten, über den Waschsalon und die Schneiderei bis hin zu Teilen des Zeltes alles in denselben nostalgischen Wagen transportiert wird, wie es seit 100 Jahren Praxis beim Zirkus Krone ist. Der älteste Wagen, Nummer 66, ist ebenfalls 100 Jahre alt, hat unzählige Anstriche und Wartungsarbeiten hinter sich.

Für die Nostalgie nimmt der Zirkus einen zusätzlichen Aufwand in Kauf. So beinhaltet der Tourneeplan im Idealfall nur Etappen von 100 Kilometern. Die gesamte Wegstrecke einer Saison beträgt gerade einmal 5.400 Kilometer, wobei für die Zugmaschinen deutlich mehr zusammenkommt. "Um diese kurzen Etappen zu ermöglichen, setzen wir Schwerpunkte: Dieses Jahr sind wir hauptsächlich in Süddeutschland unterwegs", erklärt Matzenau, "Letztes Jahr waren wir eher im Norden, im kommenden sind wir dann im Westen Deutschlands." Der grobe Tourneeplan wird bereits vier Jahre vorher abgesteckt.

Auf Tiefladern werden Traktoren und Wagen transportiert

Das Einzige, was ­Krone während der Tournee auf Tiefladern transportiert, sind Traktoren und Wagen, die nicht fahrbar sind. Neben den Tiefladern weichen auch die Pferdetransporter vom klassischen Krone-Look ab: "Hier geht einfach der Komfort der Tiere vor", betont Matzenau. Das gilt ebenso für die Elefantentransporter, die eine Sonderanfertigung sind. Mit Luftfederung und Fußbodenheizung achtet der Zirkus auch hier auf das Wohl der Tiere.

Bevor die Tiere in ihren Spezialtransportern den Standort wechseln, geben sie noch eine letzte Vorstellung. In dem Moment, in dem sie bei der sogenannten Dernière in Ravensburg die Manege betreten, baut das Team seine Stallungen ab und transportiert sie weiter nach Konstanz. Ist die Aufführung vorbei, heißt es auch für die Tiere: Abfahrt. In Konstanz finden sie dann noch am selben Abend die gewohnten Stallungen aufgebaut zur Erholung vor.

Auch dieses Mal geht alles glatt und die Besucher der Premiere in Konstanz merken erneut nichts von der großen Leistung im Hintergrund beim Zirkus Krone – glücklicherweise, findet Zirkussprecherin Matzenau. "Die Zuschauer bemerken die Logistik nur, wenn etwas nicht klappt." Schade eigentlich.

Das Unternehmen

Der Zirkus Krone feierte 2005 sein 100-jähriges Jubiläum und gehört damit zu den ältesten Zirkusbetrieben in Europa. Nach eigenen Angaben ist er auch der größte Zirkus in Europa. In diesem Jahr ist der Zirkus mit dem Jubiläumsprogramm "Celebration" unterwegs, die Tour führt bis November durch Süddeutschland. Seit 1920 hat der Zirkus seine feste Heimat im Krone-Bau in München, wo während der Wintersaison bis März Vorstellungen stattfinden. Auch Prominente sind im Zirkus regelmäßig zu Gast. So übergab der Geschäftsführer des Trailerherstellers Krone, Dr. Bernhard Krone, den Stab an seinen Sohn Bernard Krone im Jahr 2010 in der Manege des Zirkus Krone. Seitdem läuft auch eine PR-Aktion, in deren Rahmen zwei Krone-Auflieger mit dem Schriftzug "Krone&Krone" unterwegs sind.

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