Premiere für den DAF XF Zweiter Frühling

Der neue DAF XF, Euro 6 Motor Foto: Thomas Küppers 25 Bilder

Der DAF XF zeigt sich als fast neues Fahrzeug – mit Euro-6-Motor blüht der Klassiker regelrecht auf.

Die "Lawine" kam im Jahr 2002 ins Rollen: Mit dem Wechsel vom 95 XF zum XF 95 vertauschte DAF nicht nur die Reihenfolge von Ziffern und Buchstaben, sondern ersetzte auch das stehende Gaspedal gegen eine hängende Variante. Kaum zehn Jahre später folgt nun der nächste Streich: Dem über Jahrzehnte hartnäckig stehenden Bremspedal geht es im neuen XF ebenfalls an den Kragen beziehungsweise es hängt jetzt an selbigem ...

Evolution statt Revolution

Okay, Spaß beiseite. Tatsache ist: Neuerungen in Form von Paukenschlägen waren bislang die Sache der besonnen agierenden Niederländer nicht. "Evolution statt Revolution" war ein häufig gehörter Slogan, wenn DAF einen Modellwechsel einläutete – wie eben vom 95 XF zum XF 95 und zum XF 105 im Jahr 2006. Und warum auch nicht? Die in ihren Urfesten anno 1987 vorgestellten Fernverkehrs-Fahrerhäuser des "Concept 95" entpuppten sich als großer Wurf: mit viel Platz und Stauraum, einer praxisgerechten Ausstattung und intuitiver Bedienung.

An diesen Kernwerten will DAF natürlich auch bei der neuen Generation nicht rütteln. Die heißt schlicht XF, was dem weiterhin für Euro 5 und Exportmärkte gebauten XF 105 Namenszusätze à la "Actros bewährt" erspart. Ein Paukenschlag durfte es diesmal allerdings schon sein: Das auf der IAA im September enthüllte Flaggschiff, leuchtend Orange lackiert und mit Euro-6-Motor unter der schicken Hütte, unterlag bis dahin strikter Geheimhaltung. Für erste Fahreindrücke bei milden Temperaturen lud DAF nun zwei Monate später in den Süden Spaniens ein.

Markante Neuerungen im Innenraum

Das erste Fahrzeug aus der Vorführflotte geschnappt, fällt zunächst der Einstieg auf. Obwohl der Kabinenboden drei Zentimeter in die Höhe gewandert ist, lassen sich die drei nun etwas versetzt angeordneten Stufen leichter nehmen – keine veritable Treppe wie beim Scania, aber immerhin. Vorm Aufstieg noch schnell die Entriegelung für das Außenstaufach gezogen, aber nein, die Öffnung ist leider nicht größer geworden. Dafür findet sich dahinter ein Scheibenreinigungsset, mit dem man sich die Kletterei zur Scheibe sparen kann. Am Arbeitsplatz angekommen, präsentieren sich die neuen Instrumente mit Fünf-Zoll-Farbdisplay gut und blendfrei lesbar. Die Lenkradtasten, links für Radio und Telefon und rechts für die Fahrfunktionen, erschließen sich auf den ersten Blick. Dazu großzügige Verstellbereiche für Lenkrad und Sitz – das passt. Weitere markante Neuerungen im Innenraum: Eine längere untere Liege (2,2 Meter) mit Ablagekonsole an der Rückwand statt am Kopfende und ausklappbare Becherhalter in der Mittelkonsole.   

Der Zündschlüssel ist ebenfalls neu und beinhaltet eine Fernbedienung für den automatischen Leuchtencheck und die Fensterheber. Auch der Motor lässt sich damit starten, also los. Mit 40 Tonnen, 510 PS und 2.500 Nm Drehmoment geht es auf die fast menschenleeren, topp ausgebauten andalusischen Autobahnen A-45, A-92 und A-92M. Im zentralen Display erscheint augenblicklich der „Driver Performance Assistant“, der ähnlich wie das Scania Eco-Modul den Fahrstil in Echtzeit bewertet. DAF hofft damit sportlichen Ehrgeiz zu wecken, um die prozentualen Bewertungen, unter anderem für vorausschauende Fahrweise und Bremseneinsatz, allmählich zu steigern. Mit Blick auf die Reaktion der versammelten Testerkollegen lässt sich festhalten: Da ist durchaus was dran.

DAF senkte die Innengeräusche um zwei dB(A)

Der Fahrkomfort stimmt, insbesondere ist es erstaunlich leise – um zwei dB(A) will DAF die Innengeräusche gesenkt haben, das ist glaubhaft. Gewöhnungsbedürftig ist das bei jedem Blinkereinsatz im Monitor des Doppel-DIN-Radios erscheinende Bild, das die Frontkamera einfängt. Ob dieser optionale Ersatz für den Frontspiegel Sinn macht, muss jeder selbst entscheiden. Die sonstigen Sichtverhältnisse zeigen sich eindeutig verbessert, unter anderem dank der nun einteiligen Seitenscheiben ohne störenden Holm. Dass DAF die vor Jahren geplante 560-PS-Spitzenversion doch nicht auf den Markt gebracht hat, ist aus Sicht der auf Spritverbrauch bedachten Holländer verständlich: Auch mit 510 PS und langer Achse geht es zügig voran. In einer siebenprozentigen Steigung, dem steilsten Stück des Rundkurses, beißt sich der XF im neunten Gang bei 1.300 Umdrehungen und 43 km/h regelrecht fest. Wobei anschließend ein 460er mit 35 km/h im Achten kaum nachsteht.

Bergab zeigt sich die Jake Brake mit bis zu 442 Brems-PS gut bei Kräften. Dosieren lässt sich die Bremskraft am einstufigen Hebel aber nicht (nur mit Retarder sind drei Stufen vorhanden). Um dauerhaft bei 2.100 Umdrehungen die maximale Bremsleistung abzurufen, muss man außerdem auf "manuell" umstellen: Die Automatik schaltet beim kleinsten Ausschlag in den roten Bereich sofort hoch. In Sachen Automatik setzt DAF weiter auf die AS-Tronic von ZF, allerdings in modifizierter Form (12- und 16-Gang-Handschaltgetriebe sind auf dem Papier nach wie vor Serie, werden für den Fernverkehr aber immer seltener geordert). So ist nun eine Eco-Roll-Funktion vorhanden, die im sachten Gefälle für leichteres Rollen den Gang rausnimmt. Das funktioniert noch nicht ganz so zielsicher wie beim Mercedes Powershift, aber weiteres Feintuning sollte möglich sein. Die zweite Neuheit nennt sich "Fast Shift" und ermöglicht die Splitschaltung zwischen zwölftem und elftem Gang bei geschlossener Kupplung. Die erste Schaltung am Berg geschieht damit tatsächlich blitzschnell mit minimaler Zugkraftunterbrechung.

Bei der Motorisierung bleibt DFA beim Alten: 408, 462 und 510 PS

Neuer Rahmen, neue Vorderachsfederung, neue Hinterachse und neuer Euro-6-Motor: Von einem Facelift kann man da wahrlich nicht mehr sprechen. Auch wenn es bei der Motorisierung beim alten bleibt: 408, 462 und 510 PS stehen zur Wahl. Gegenüber einem vergleichbaren XF 105 Euro 5 liegt das Leergewicht um rund 90 Kilogramm und der Preis um 14.000 Euro höher (immerhin mit erweiterter Antriebsstranggarantie und ESP serienmäßig). Um weiterhin bei 3,8 Meter Radstand bis zu 1.500 Liter Tankvolumen anbieten zu können, ist der serienmäßige, 90 Liter große AdBlue-Tank jetzt unter dem Fahrerhaus montiert. Ein größerer 140-Liter-Tank muss aber an den Rahmen.

Die Liste der Sicherheitssysteme will DAF im Lauf des Jahres 2013 um einen Notbremsassistenten à la Mercedes Active Brake Assist erweitern. Beim Thema GPS-gestützter Tempomat hält sich DAF dagegen noch bedeckt. "Damit beschäftigen wir uns, wenn wir hundertprozentig sicher sind, dass das funktioniert", meint Technik-Vorstand Ron Borsboom dazu. Da sind sie wieder, die besonnen agierenden Niederländer.

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