Aaltonen Spezialtransporte Hängepartie

Aaltonen Spezialtransporte, Schweden Foto: Otto Miedl 11 Bilder

Tandemhub mit zwei Ladekränen ist nur eine Disziplin, mit der die Trucks von Jim Aaltonen begeistern können. Die Schweden haben aber noch viel mehr drauf.

Zentimeter für Zentimeter gleitet der 21 Tonnen schwere Betonkoloss in die Höhe. Noch leicht an der Unterseite dampfend, verlässt das riesige Bauteil seine Einschalung. Vorsichtig heben ein Hiab- und ein Fassi-Kran gemeinsam das neue Ponton-Element und zirkeln es zwischen sich hindurch.

Mit nur ein paar Zentimetern Spielraum geht es an ihren eigenen Kranarmen und an den Fahrerhäusern der Trucks vorbei. Der Scania, der hinten steht und den Fassi-Kran trägt, hebt das Gewicht sogar vorne über sein Fahrerhaus hinweg. Ein gegenüberliegender Faymonville-Auflieger ist das Ziel des Betonklotzes. Dort betten die beiden Kräne das Ponton-Element wieder sanft zur Ruhe.

Die Kranführer sind ein eingespieltes Team. Zigmal haben sie derartige Kunststücke vollbracht. Meistens sind solche Aktionen sogar mehrmals am Tag fällig. Alles erledigen sie ohne große Worte oder dass einer den eifrigen Dirigenten spielen müsste. Wir sind zu Gast in Schweden, bei den Jungs von Jim Aaltonen aus dem Stockholmer Vorort Huddinge.

Aaltonen Special AB bewerkstelligt vor allem Transporte von Booten und schweren Brückenelementen. Inmitten einer weitverzweigten Gewässer- und Seenlandschaft sind solche Spezialisten wie Jim Aaltonen und seine Kollegen seit Jahrzehnten sehr gefragt. Die Aaltonen-Trucks transportieren aber auch Industrie- und Baumaschinen, die verschiedensten Betonfertigteile sowie Wohn- und Arbeitscontainer.

Jim Aaltonen besitzt großen Erfahrungsschatz

Jim Aaltonen begann seine Trucker-Karriere in den frühen Achtzigerjahren. Sein Vater war Lkw-Fahrer und unterhielt seit den Sechzigerjahren ein kleines Transportunternehmen. Auf einem Betonmischer sammelte Jim Aaltonen Erfahrungen. Im Jahre 1987 legte er sich dann sein erstes Kranfahrzeug zu. Und bei diesen Tätigkeiten ist es bis heute geblieben.

Immer wieder greifen Kranhersteller auf seinen Erfahrungsschatz zurück. Hin und wieder agiert er sogar als Vortester für neue Modelle. Aaltonen Special AB wird gleichzeitig von den drei Freunden Jim Aaltonen, Lennart Pehrson und Pelle Lindberg betrieben. Hier werden hauptsächlich die großen, schweren und diffizilen Transporte abgewickelt.

In der Firma rollen zwei Scania- und zwei MAN-Zugmaschinen, die jeweils mit Tiefladern versehen sind. Parallel dazu existiert noch eine zweite Firma, die Aaltonen Åkeri AB. Sie beherbergt insgesamt fünf Trucks, die ausschließlich zweiachsige Anhänger ziehen.

Insgesamt elf Personen arbeiten in den beiden Firmen. Bis auf wenige Ausnahmen sind alle Fahrzeuge mit Kränen von Fassi und Hiab ausgestattet. Besondere Transportaufgaben haben seit jeher auch besondere Fahrzeuge hervorgebracht. Bei der Aaltonen Special AB ist dies nicht anders. Eine äußerst ungewöhnliche und sehenswerte Kombination stellt vor allem der vierachsige Scania R 560 mit seinem Tieflader von Faymonville dar.

Von einer Sattelzugmaschine in einen Single-Transporter

Eigentümer dieses skurrilen Gefährts ist Jim Aaltonens Freund, Lennart Pehrson, aus der schwedischen Stadt Täby. Alleine die Sattelzugmaschine wiegt bereits leer über 24 Tonnen. Für einen Großteil des Zusatzgewichts ist natürlich der 95-Tonnenmeter-Kran von Fassi verantwortlich.

Der Scania besitzt eine Länge von stolzen 8,5 Metern, aber lediglich eine Achse sorgt für den notwendigen Vorschub. Die beiden Vorderachsen und die Räder an der letzten Achse sind lenkbar ausgelegt. Neben den großen Stützen in der Mitte und den beiden kleineren am Heck, besitzt der Scania noch einmal zwei zusätzliche, welche sich unter der Frontstoßstange verbergen.

Dies ist auch notwendig, denn der Fassi-Kran verfügt über ein Endlosschwenkwerk und ist um volle 360 Grad drehbar. Noch abenteuerlicher wird es aber hinter Fahrerhaus und Kran. Dort ist eine ebene Ladefläche inklusive Stirnwand montiert. Und hier ruht letztendlich die Sattelplatte für den Tieflader.

Ohne viel Aufwand kann der Scania von einer Sattelzugmaschine in einen Single-Transporter verwandelt werden. Ein Tieflader ist dann nicht mehr erforderlich. Der Unterbau des Satteltellers ist über sechs Hydraulikbolzen mit dem Chassis verbunden. Die Verriegelung kann auf einfache Weise gelöst und die Sattelplatte mit allem, was dazugehört, vom Scania gehoben werden. Für diese Prozedur braucht der Truck keine Hilfe. Das erledigt der Fassi-Kran mit links.

Fahrzeuginterner Kran sehr behilflich

Das Ergebnis ist schließlich eine ebene Ladefläche. Jeder einzelne Bolzen an der Sattelplatte besitzt eine elektrische Absicherung. Über den ordnungsgemäßen Zustand der Verriegelung informieren Kontrollleuchten im Fahrerhaus. Diese so geschaffene Ladefläche zeichnet sich allerdings nicht gerade durch ihre Länge aus.

Deshalb ließen Lennart Pehrson und Jim Aaltonen noch eine Verlängerung anfertigen, die hinten am Scania angebracht werden kann. Bei der Montage ist wiederum der fahrzeuginterne Kran behilflich. Durch den Anbau wird die Ladefläche fast verdoppelt. Im Rahmen des maximal zulässigen Gesamtgewichtes von 32 Tonnen kann der Scania so als Transporter für kleinere Boote oder Wohncontainer fungieren.

Das ist vor allem bei Örtlichkeiten interessant, zu denen der Scania mit Tieflader nicht mehr vordringen kann. Ansonsten ist der Truck aber meistens mit seinem Faymonville-Tieflader anzutreffen. Speziell ausgerüstet für den Transport von Booten und Yachten, besitzt der Zug bereits im Normalzustand eine Gesamtlänge von genau 19 Metern.

Das Tiefbett des Trailers kann je nach Bedarf bis auf 17,5 Meter ausgezogen werden. Für den Transport von Fahrzeugen, was auch bisweilen zu den Aufgaben des außergewöhnlichen Schweden zählt, lässt sich der Schwanenhals des Tiefladers abbolzen. So vollgestopft der 560 PS starke Scania mit technischen Spezialitäten auch sein mag, selbst für eine kurze Sidepipe aus Edelstahl fand sich letztendlich noch ein passendes Plätzchen – zwischen den beiden Vorderrädern.

Mit bereits 24 Jahren erfolgreicher Scania Fahrer

Nach einer irrsinnig langen Bauzeit konnte der Truck schließlich im Sommer 2008 fertiggestellt werden. Ein Jahr später gewann der Scania auf der Nordic Trophy 2009 den ersten Preis für die kreativste und innovativste Fahrzeugkonstruktion. Bei Kranarbeiten zum Bau eines Fertighauses im Jahre 2010 gab allerdings der Boden unter dem Scania plötzlich nach.

Der schwere Schönling kippte um und schlug mit seinem Fahrerhaus gegen den daneben abgestellten Faymonville-Auflieger. So war schließlich eine neue Kabine fällig und im Zuge dieser Umbauarbeiten bekam der Scania auch das Facelift der aktuellen Modelle aus Södertälje spendiert.

Fahrer des Scania ist Johan Erson aus Stockholm – gerade einmal 24 Jahre alt. Ausschließlich er arbeitet Tag für Tag mit dem Scania und dem dazugehörigen Fassi-Kran. Es ist schon ein wenig ungewöhnlich, einen so jungen Burschen hinter dem Lenkrad eines derartigen Spezialfahrzeugs zu sehen.

Normalerweise erwartet man hier einen altgedienten Hasen mit breiten Schultern und großen Pranken. Johan Erson ist jedoch alles andere als ein Neuling auf diesem Gebiet. Bereits mit acht Jahren hielt er seine erste Kranfernbedienung in seinen damals noch kleinen Händen.

Andere Kinder noch mit Lego und Modellautos spielten, bediente er schon die Knöpfe und Hebel an Papas Lkw-Kran. Oft ging er nach der Schule mit seinem Vater auf Tour. Einen Großteil seiner Freizeit und seiner Kindheit verbrachte er in Papas Lkw-Fahrerhaus.

Der vierachsige Scania, eine kleine Berühmtheit

Johan Ersons Bruder übt übrigens ebenfalls diesen Beruf aus. Der junge Bursche aus Stockholm stammt somit aus einer echten Kranführer-Familie. Jim Aaltonen selbst war es, der schon vor Jahren ein Auge auf Johan Erson geworfen hatte. „Wir wollten ihn unbedingt als Lkw-Fahrer und Kranführer in unserem Betrieb haben“, pflichtet Lennart Pehrson bei.

Es ist eine wahre Freude, den Sattelzug beim Fahren und Rangieren zu beobachten. Johan Erson arbeitet mit diesen Gerätschaften, als hätte er seit Jahrzehnten nichts anderes gemacht. Alle Handgriffe sitzen wie selbstverständlich. Die drei lenkbaren Achsen zirkeln den schweren und tief liegenden Truck mit Leichtigkeit um jede Kurve.

Der Tieflader von Faymonville schwingt dank seiner ebenfalls lenkbaren Achsen präzise und locker hinterher. Begeisterte Zuschauer und Fans gibt es bei jedem Einsatz und auch sonst immer genug. Jim Aaltonen, seine Mannschaft und seine Fahrzeuge genießen einen hervorragenden Ruf im Land der Elche. Ganz besonders ist der auffällige vierachsige Scania in Schweden mittlerweile zu einer kleinen Berühmtheit geworden.

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