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Werkverträge Genauer hinschauen

VSL, Wolf, Rathmann, Kreßel, Bachmann (von links) Foto: Andrea Marongiu

Nicht nur Schwarz-Rot, sondern auch Arbeitgeber und Arbeitnehmer wollen bei Werkverträgen künftig genauer hinschauen. Das wurde bei einer Veranstaltung des Verbands Spedition und Logistik (VSL) Baden-Württemberg deutlich.

In der Diskussion um unerlaubte Werkverträge scheint sich auch unter Arbeitgebern und Arbeitnehmern eine große Koalition zu bilden. Spediteure, Industrie und die Gewerkschaft Verdi wollen künftig gezielter gegen Missbrauch vorgehen und ihre eigenen Kontrollaktivitäten ausbauen. Das wurde bei einer Informationsveranstaltung des Verbands Spedition und Logistik (VSL) und des Arbeitgeberverbands Spedition und Logistik (AVSL) Baden-Württemberg  am Stuttgarter Flughafen deutlich. "Wir müssen Missbrauch stärker sanktionieren", erklärte Peter Bachmann, Niederlassungsleiter bei DPD Geo-Post in Ludwigsburg und zugleich Leiter der Tarifkommission Württemberg/Nordbaden. Ein nicht unerheblicher Teil der Beschäftigten in der Logistik ist auf Basis von Werkverträgen tätig – hier müssten Rechte und Pflichten sauber geregelt sein.

Rechte und Pflichten sauber regeln

Das ist auch das Credo von Dr. Eckhard Kreßel, Leiter des Bereichs Personal- und Arbeitspolitik beim Fahrzeugbauer Daimler. Er kündigt regelmäßige Kontrollen der Werkvertragspartner an. Fünf bis sechs Mitarbeiter sollen künftig ein Auge darauf haben, ob die vom Daimler-Vorstand Anfang Oktober verabschiedeten sozialen Standards für die Beschäftigten von Werkvertragsfirmen eingehalten werden. Hier geht es unter anderem um Punkte wie den Arbeits- und Gesundheitsschutz. Ziel der Kontrollen ist aber auch zu garantieren, dass für Daimler tätige Werkvertragsunternehmen künftig die Einstiegslöhne des jeweiligen regionalen Branchentarifvertrags zahlen. Als Reaktion auf die Diskussion um Scheinwerkverträge hat Daimler angekündigt, 1.400 externe Beschäftigte in den Bereichen Entwicklung und IT im Pkw-Werk Sindelfingen künftig als Leiharbeiter einzugliedern.

Die Gewerkschaft ist angesichts solcher Entwicklungen erleichtert – auch darüber, dass die große Koalition Missbrauch bei Werkverträgen verhindern und die Leiharbeit auf 18 Monate begrenzen will. Verdi-Referent Erwin Wolf aus dem Fachbereich Postdienste, Spedition und Logistik in Baden-Württemberg hätte sich von Schwarz-Rot aber noch mehr Mut erhofft. "Um Altersarmut zu verhindern, bräuchten wir eigentlich einen Mindestlohn von zehn Euro und nicht von 8,50 Euro", sagte er. Die Lohnuntergrenze von 8,50 Euro soll fortan – von anfänglichen Ausnahmen abgesehen – ab 2015 gelten.

Vertragsgestaltung kritisch hinterfragen

Angesichts der erhitzten Debatte um illegale Werkverträge sollten auch Spediteure künftig ihre Vertragsgestaltung und vor allem deren Umsetzung in der Praxis regelmäßig kritisch hinterfragen. Das jedenfalls empfahlen die beiden Rechtsanwältinnen des AVSL, Elisabeth Schwartländer-Brand und Judith Sommer. "In der Leiharbeit gibt es zusätzliche Schutzmechanismen für die Mitarbeiter", erklärte Sommer. Als Beispiele führte sie gleiche Entlohnungen und Arbeitsbedingungen und die Teilnahme an Betriebsratswahlen an. Firmen müssen sich also darauf einstellen, dass diese Form der Beschäftigung für sie teurer ist.

Neben den unterschiedlichen Definitionen gibt es eine Reihe von Gerichtsurteilen, die für die Abgrenzung beider Formen hilfreich sind. Beim Werkvertrag schuldet eine Firma ihrem Kunden den wirtschaftlichen Erfolg einer Leistung. Was diese Mitarbeiter zu tun haben und in welcher Arbeitszeit, hat ihnen nur das eigene Unternehmen, nicht der Geschäftspartner zu sagen. Sonst droht die Falle der Arbeitnehmer-Überlassung: Hier gibt der Entleiher die Weisungen.

Abgrenzung nicht immer trivial

Die Abgrenzung ist aber nicht immer ganz so trivial. Daher erklärte Anwältin Schwartländer-Brand auch, dass Richter in der Regel eine Vielzahl an Punkten abklopfen. Wer seinem externen IT-Mitarbeiter nur einmal einen Hinweis gibt, dass er auch am Nachbarrechner ein Software-Update aufspielen könne, dem droht wohl noch kein Nachspiel. Wer aber regelmäßig Weisungen gibt – sei es dem IT- oder dem Logistikmitarbeiter des Werkvertrags-Unternehmens, der muss sich künftig warm anziehen. Dann kann es richtig teuer werden.

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