Vorschriften für Werkstätten Bernd Höke, GF von Kanzlei Voigt, im Gespräch

thin laptop on office desk Foto: FotolEdhar - fotolia

Eine spezialisierte Anwaltskanzlei hält Werkstätten den Rücken frei – bei Schadenabwicklung, Haftungsfragen und Datenschutz.

Die Kanzlei Voigt ist unter anderem darauf spezialisiert, Autohäuser und Werkstätten zu betreuen. Welche Angebote machen Sie diesen Kunden?

Das beginnt beim Arbeitsrecht und reicht über das Thema Mindestlohn bis hin zum Datenschutz.

Wie wichtig ist das Thema Datenschutz für Werkstätten?

Das Thema ist sehr wichtig, zumal ab Mai 2018 eine neue europäische Verordnung in Kraft tritt. Hier kommen viele Vorarbeiten auf die Betriebe zu, die vielerorts bislang noch nicht erfüllt wurden.

Um welche handelt es sich dabei?

Zum Beispiel sollten Werkstätten eine Verfahrensbeschreibung Datenschutz vorhalten. Diese muss ein Betrieb auf Anfrage eines Prüfers der Landesdatenschutzbehörde vorlegen können. Eine solche Datenschutzablaufsbescheinigung beginnt beim Erfassen von Kundendaten. Hiervon ist jeder Mitarbeiter betroffen, der Daten zum Beispiel via E-Mail empfängt, diese abspeichert oder in einem System erfasst, verarbeitet, verwendet oder an Dritte weitergibt. Hierfür benötigen Werkstätten eine exakte Verfahrensbeschreibung – da­rüber, wie das gehandhabt wird, wie lange die Daten gespeichert werden, mit welchen Systemen gearbeitet wird und wer im Betrieb dazu berechtigt ist. Und ganz wichtig: Die Werkstatt benötigt die Einwilligungen der Kunden, dass ihre Daten erfasst, gespeichert und verarbeitet werden, und eine zweite Einwilligung, wenn die Daten weitergegeben werden.

Wie steht es um die Mitarbeiterdaten?

Gleiches gilt aber auch für die Mitarbeiter der Werkstatt, zum Beispiel wenn ein Betrieb die Lohnbuchhaltung extern vergibt. Hierfür benötigt der Betreiber die Einwilligung seiner Mitarbeiter – auch wenn das zum Beispiel in alten Arbeitsverträgen vielleicht noch nicht vorgesehen war. Sowohl bei Mitarbeiter- als auch bei Kundendaten ist man deshalb sehr schnell im Bereich einer Ordnungswidrigkeit und die Strafen dafür sind gestiegen.

Mit welchem Strafmaß muss man in einem solchen Fall rechnen?

Die Strafen hierfür können bis vier Prozent des Jahresumsatzes ausmachen oder auch bis zu 20 Millionen Euro.

Für welche juristischen Themen sollte man sich als Werkstatt noch wappnen?

Da wären auch noch das Vertragsrecht und die Spezifika der AGBs, die unbedingt sauber formuliert sein müssen, und das Impressum der Website. Besonders Letztere werden schnell abgemahnt. Ebenfalls vor dem Hintergrund der bereits genannten europäischen Verordnung wetzen viele Kanzleien schon die Messer. In der Regel werden Werkstätten aufgefordert, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen, in der man sich bereit erklärt, ein Honorar von 950 Euro zu zahlen sowie eine Strafe, wenn die beanstandeten Mängel nicht umgehend behoben werden.

Wie sieht ein sauberes Impressum aus?

Innerhalb dieses Impressums muss zum Beispiel mitgeteilt werden, wer in dem Unternehmen der Datenschutzbeauftragte ist – intern oder extern. Und den braucht man schon ab neun Beschäftigten. Dabei muss es sich nicht um neun Vollzeitkräfte handeln. Das können ebenso gut neun Personen sein, die in irgendeiner Form in dem Unternehmen tätig sind. Dazu gehört die 450-Euro-Kraft, der Praktikant oder die Putzfrau.

Worauf muss eine Werkstatt im täglichen Geschäft noch achtgeben?

Wir beraten bei Sachmängelhaftung, Gewährleistung und Garantie. Besonders bei den letzten beiden Punkten muss man genau unterscheiden. Gewährleistung ist gesetzlich verpflichtend und Garantie ist eine freiwillige vertragliche Leistung der Hersteller. Ein Beispiel hierfür ist, dass Kunden gern auf Werkstätten zugehen mit einem mitgebrachten Ersatzteil, das sie fachgerecht eingebaut haben möchten. Die Werkstatt muss im Vorfeld genau prüfen, ob das Teil für diesen Fahrzeugtyp wirklich geeignet ist. Hier hat es schon böse Überraschungen gegeben, wenn das Bauteil kaputt geht, der Motor gleich mit und die Werkstatt die anstehenden Forderungen tragen muss. Für solche Fälle haben wir für Werkstätten ein Haftungsfreistellungsformular entwickelt, das auch vor Gericht Bestand hat.

Wie verhält sich der Werkstattleiter bei der Schadenabwicklung richtig?

In der Theorie erhält die Werkstatt einen Reparaturauftrag und kümmert sich anschließend um die Instandsetzung. In der Praxis jedoch erwarten Lkw-Kunden oft, dass die Werkstatt auch die Abwicklung mit der Versicherung übernimmt. Die Werkstatt darf das jedoch nicht, weil wir in Deutschland ein Rechtsdienstleistungsgesetz haben, das die Durchführung von Rechtsdienstleistungen durch Dritte verbietet. Auch wenn sich einige Werkstätten wirklich gut mit der Schadensabwicklung auskennen, ist es unbedingt notwendig, dem Kunden eine Anwaltskanzlei zu empfehlen, die sich mit dem Thema Schadensregulierung auskennt. So können die Ansprüche des Kunden und der Werkstatt schnell umgesetzt werden. Hinzu kommt, dass Versicherer bei allen möglichen Abrechnungsformen versuchen zu kürzen.

Wo genau setzen Versicherungen den Rotstift an?

Hierzu gehören die Verbringungskosten, wenn ein Chassis sowohl beim Karosseriebauer A als auch in der Lackiererei B instand gesetzt wird. Ein anderer Klassiker sind die Kosten für die Beilackierung, um die Übergänge zwischen dem neu lackierten Anbauteil und der angrenzenden Lackierung auszugleichen. Oftmals versuchen Versicherer damit durchzukommen, da sich viele Werkstätten überlegen, ob sich bei solchen kleinen Beträgen das Streiten vor Gericht lohnt. Die meisten Gerichte erkennen solche Kosten jedoch an.

Kann hier ein Unfallsachverständiger nicht zu der korrekten Kostenfindung beitragen?

Ja, dieser sollte auch unbedingt zurate gezogen werden. Oft kommen Versicherer selbst mit einem solchen Dienstleister, Werkstätten sollten jedoch auf einen eigenen Sachverständigen bestehen, da es sich hierbei zum Teil um Dienstleister handelt, die im Auftrag des Versicherers Forderungen nach potenziell kürzbaren Posten durchsuchen.

Bernd M. Höke, Rechtsanwalt, Geschäftsführer Kanzlei Voigt
Rechtsanwalts GmbH Foto: Kanzlei Voigt
Bernd Höke, Geschäftsführer der Kanzlei Voigt, weiß um die juristischen Fallstricke, mit denen Werkstätten konfrontiert sind. Er blickt auf eine 20-jährige Karriere im Versicherungsgeschäft zurück.

Zur Person

Bernd Matthias Höke ist seit 2016 Vorsitzender der Geschäftsführung der Dortmunder Kanzlei Voigt. Höke blickt auf eine 20-jährige juristische Karriere zurück und kennt das Versicherungsgeschäft. Von 1987 bis 2010 leitete er den Schadensbereich eines großen Versicherungsunternehmens. Im Zeitraum von 2004 bis 2010 steuerte er die Kommission Kraftfahrschaden des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Weitere Stationen führten Höke in den Vorstand des Versicherers Adler und in den Aufsichtsrat des Dienstleisters für Schadenregulierung ­Inter Europe und in die Vizepräsidentschaft des Instituts für Europäisches Verkehrsrecht (IEVR) in Luxemburg. Neben seiner Tätigkeit als Anwalt für die Kanzlei Voigt ist Höke der Vertrauensanwalt des Auto­mo­bil­club von Deutschland (AvD) und erster Vorsitzender der europäischen Juristenvereinigung PEOPIL, die für die Rechte von Unfallopfern eintritt.

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