VDA zur Transformation der Mobilität „Scheitern ist keine Option!“

Foto: Karl-Heinz Augustin

Auf seiner Pressekonferenz zum Jahresauftakt fordert der VDA, Deutschland zum Vorbild in der Transformation der Mobilität zu machen. Dazu braucht es umfassende gemeinsame Anstrengungen.

Die Automobilbranche demonstriert mit Rekordausgaben in Forschung und Entwicklung Entschlossenheit, die Transformation der Mobilität zu stemmen. Dazu müsse aber auch ein innovationsfreundliches Klima in Deutschland herrschen, sagt Hildegard Müller, Präsidentin des VDA (Verband der Automobilindustrie). „Es gibt eine große Verantwortung, jeder zehnte Arbeitsplatz hängt an der Autoindustrie“, so Müller. Deutschland muss hierbei eine Erfolgsgeschichte schreiben und als Beispiel dienen. Dazu müssen die richtigen Voraussetzungen geschaffen werden. Denn Europa brauche die Industrie. Die Standortbedingungen werden aber, so Müller, eher schlechter als besser. Gleichzeitig erfordere die Transformation mehr Geschwindigkeit.

Absatz- und Produktionsbilanz

Verhalten optimistisch lässt sich der Blick auf die Bilanzen der Hersteller beschreiben. Laut VDA erholt sich der Pkw-Weltmarkt langsam, ist aber noch weit entfernt von seinem Hoch vor wenigen Jahren, vor allem vor der Corona- und Chip-Krise. Die Auftragsbestände in Deutschland seien zwar so hoch wie vor 30 Jahren nicht mehr. Dem gegenüber stehen aber Versorgungsengpässe, die für großen Druck bei vielen Unternehmen sorgen. Die Markteinschätzung für 2022 fällt daher zurückhaltend aus. Wie schon für 2021 rechnet der Verband in diesem Jahr mit einem leichten Wachstum von vier Prozent für den Pkw-Weltmarkt.

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Ähnliches zeigt sich beim Schwenk auf die Nutzfahrzeugbranche. Auch hier verzeichnet man eine hohe Nachfrage. Die kann aber nicht gedeckt werden, das Angebot ist begrenzt. Darum erwartet der VDA hier auch zunächst keine kräftige Erholung.

Nicht nur Fokus auf Neuwagen

Doch man dürfe nicht nur auf Neuwagen schauen. Auch insgesamt sei ein Paradigmenwechsel nötig, auch mit einem größeren Fokus auf Infrastruktur und Rahmenbedingungen. Dieses Gerüst sei aktuell noch nicht tragfähig. Hinzu kommt der Faktor, dass sich eine Transformation zwar mit Neufahrzeugen vorantreiben lässt, doch es bleibt vor allem im Pkw-Bereich ein enormer Altbestand, der nach wie vor fossil betrieben ist und noch einige Jahre fossil betrieben sein wird. „Ohne E-Fuels können wir die Klimaziele nicht erreicht werden“, sagt Müller. Allein in Deutschland werden demnach 2030 noch gut 30 Millionen Pkw mit Verbrenner unterwegs sein. Weltweit geht der VDA von 1,5 Milliarden Verbrennerfahrzeugen aus.

Reichweite und Infrastruktur

Klammert man indes die Altfahrzeuge tatsächlich einmal aus, gestaltet sich der Weg nach wie vor holprig. Da stellt sich einerseits die Frage nach der Ladeinfrastruktur. Laut Hildegard Müller kann im Moment der Ausbau der Ladeinfrastruktur nicht Schritthalten mit dem Verkauf batterieelektrischer Fahrzeuge. Die Lücke werde eher größer statt kleiner. „Scheitern ist aber keine Option!“ Sie rechnet vor, dass mit der aktuellen Geschwindigkeit bis 2030 lediglich ein Sechstel der einmal angestrebten eine Million Ladepunkte verfügbar sei. Viele Akteure müssen also gemeinsam an den Tisch, um dieses Problem gesamtheitlich anzugehen. Gleichzeitig dürfe man sich dabei nicht nur auf Pkw konzentrieren. Vielmehr müsse man direkt in die neuen Standorte auch Megacharger für schwere Lkw integrieren, statt nach dem einmal aufgebauten Pkw-Ladenetz mit dem Lkw-Netz neu zu beginnen. Die Transformation sei schließlich im Interesse von uns allen.

Auf der anderen Seite bleibt die auch Frage nach der Reichweite, vor allem im Nutzfahrzeug. Sicherlich gibt es viele Anwendungsfälle, die mit kurzen Reichweiten und ohne öffentliche Ladestationen auskommen. Daher sieht Müller, bei grundsätzlich postulierter Technologieoffenheit mit dem Fokus auf Emissionsfreiheit, im Nutzfahrzeug die Wasserstofftechnik am Zug. Doch auch hier braucht es eine ausreichende Tankinfrastruktur. Dafür ist, wie beim Ladenetz, eine europäische Infrastruktur nötig – und das am besten mit Ökostrom und sauberem Wasserstoff. Dieser Aus- und Aufbau muss auch von der EU begleitet werden. Im Großteil Europas hinkt der Ausbau der Ladeinfrastruktur arg hinterher.

Gemeinsame Anstrengungen

All dies führt zu einem deutlich gesteigerten Energiebedarf im Verkehrssektor mit einem entsprechenden Preisdruck. Das müsse die Politik im Auge behalten. Steuern und Abgaben verteuern den Strom unnötig. Allein der schiere Bedarf könne aber nicht national gestemmt werden. Ähnliches gelte für die Rohstoffe. Die Märkte werden laut VDA verteilt. Es gelte also, schnell zu sein, „bevor die Rohstoffe weltweit verteilt werden ohne uns.“ Dazu gehöre auch eine konkrete Rohstoffstrategie der Regierung, die die Wirtschaft mit einbezieht, zusammen mit einer entsprechenden Außenpolitik. „Entweder, wir denken und agieren international, oder wir verlieren.“

Mit dem Stichwort Rohstoffe richtet sich die VDA-Präsidentin auch an die Halbleiter- und Chip-Krise. Elektroautos brauchen zudem noch mehr der begehrten Bauteile als Verbrenner. Der Bedarf werde also künftig noch steigen. Darum müsse europäisches Know-How gestärkt werden, um unabhängiger von internationalen Lieferschwierigkeiten zu werden. Der aktuelle Engpass werde noch bis 2023 bestehen. Darum muss die EU den Bau eigener Kapazitäten schnell vorantreiben und auch bestehende Lieferketten absichern. Das, so Müller, sei aber kein Appell gegen die Globalisierung. „Aber auf Schwachstellen muss reagiert werden.“

Digitale Hausaufgaben

Der VDA greift auch das Thema digitale Infrastruktur auf und formuliert entsprechende Appelle an die neue Regierung. Digital gibt es demnach noch viel zu tun. Zum Beispiel gebe es noch kein flächendeckendes 5G-Netz. Auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Erprobung lassen zu wünschen übrig. Dann, so Müller, werden Innovationen in anderen Ländern entstehen. „Man zögert beim Thema Digitalisierung, wo wir uns kein Zögern erlauben dürfen.“

Grundlegend essenziell für die Transformation unserer Mobilität sei, den Menschen Veränderungen und die nötigen Schritte zu erklären. Jeder müsse sich verantwortlich fühlen. Dazu gehören Mut und Fingerspitzengefühl. In vielen Bereich sind Menschen überfordert. Daher müsse man Sorgen Ernst nehmen. Im Mittelpunkt muss ein konstruktiver Austausch stehen ohne Dogmen, Gräben und verhärtete Fronten auf beiden Seiten. Vielleicht könnte ja auch der andere Recht haben.

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