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Urteil in Österreich Sicherheit wird groß geschrieben

Ladungssicherung Foto: Jacek Bilski

Falsche Ladungssicherung kostet Spediteure, Verlader und Frächter viele Millionen von Euro pro Jahr. Ein aktuelles Urteil aus Österreich nimmt dabei insbesondere die Verlader in die Pflicht.

Bei der Ladungssicherung zu sparen oder sie als Bagatelle zu betrachten, kann fatale Folgen haben, wie Beispiele immer wieder zeigen. Beim 5. Internationalen Eumos-Symposium in Wien standen die Verantwortlichkeiten von Industrie, Spediteur oder Frächter bei der Ladungssicherung im Mittelpunkt.
Eumos veröffentlicht als neutrale, gemeinnützige Sachverständigenorganisation seit vielen Jahren praxisorientierte Prüfstandards (Eumos 40509 und Eumos 40511), um die Verfahren zur Ladungssicherung und zur Verpackung transparenter und nachvollziehbarer zu gestalten, "mit weltweit steigendem Zuspruch und Bedarf", wie Wolfgang Neumann, Präsident von Eumos, in Wien zufrieden feststellte.

Neue Vorschriften ab Mai 2018

Die EU-Richtlinie 47/2014 über die technische Unterwegs­kontrolle von Fahrzeugen zitiert Eumos-Standards im Anhang 3 als Beitrag die Verkehrssicherheit in Europa zu erhöhen. Für einheitliche Schwerverkehrskontrollen sollten die EU-Länder die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in nationales Recht übernehmen und ab Mai 2018 praktisch anwenden.
 Das passierte in Österreich bereits im Juli dieses Jahres und das bedeutet, dass alle an der Transportkette beteiligten Akteure für die optimale Sicherung der Ladung verantwortlich sind, erklärt der Innsbrucker Rechtsanwalt Bernhard Haid, ein Fachjurist, der mit dieser Materie vertraut ist.

In der Praxis heißt das:  Verlader, Frächter und Fahrer müssen für die sichere Verstauung der Ladung im Fall des Falles geradestehen. Der Fahrer ist für die Betriebssicherheit des Lkw verantwortlich, der Frächter haftet für ein einwandfreies Fahrzeug und die richtige Ladungssicherung und der Verlader oder Anordnungsbefugte wie es im Juristendeutsch heißt, ist ebenso haftbar.

Lkw-Fahrer ist Erfüllungsgehilfe

Laut Haid gibt es aktuell in Österreich keine gesetzliche Regelung für die Verladung. Wenn der Lkw-Fahrer dabei ist, wird er rechtlich als Erfüllungsgehilfe des Verladers gesehen. Eine derartige Zuordnung hat im Worst-Case-Szenario weitreichende Wirkungen für den Verlader, wie ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (Az.:  OGH 7 Ob 105/16s) zeigt. Dieses Urteil erging an das österreichische Transportunternehmen Petschl Transporte. Und es war ein Urteil, über das Petschl-Geschäftsführer Christian Spendel beim Symposium detailliert berichtete und das besonders die Transportbranche aufhorchen lässt.
Was ist passiert: Petschl sollte für einen Kunden mit einem Lkw einen Transformator transportieren. Der Verlader bestand auf eine stehende Verladung, was in diesem Fall ein Fehler war und letztlich zu einem Unfall führte: In einer Straßenkurve fiel die Fracht vom Lkw, glücklicherweise ohne dass Dritte dabei zu Schaden kamen. Am Sattelauflieger entstand Totalschaden.

Verlader lehnt Schadenersatz ab

Petschl forderte Schadenersatz für den beschädigten Auflieger, den der Verlader aber schriftliche ablehnte – mit den Worten "dass wir jegliche Haftung als unbegründet zurückweisen. Für sämtliche Schäden am Transportgut sowie auch für alle daraus resultierenden Folgeschäden werden Sie als Frachtführer haftbar gemacht." Das war sozusagen derEinstieg in die Abwicklung dieses Schadensfalls.
Das Landesgericht und Oberlandesgericht bejahten die Haftung des Verladers nur zu 50 Prozent. Weil der Fahrer in kraftfahrrechtlicher Hinsicht die objektive Sorgfaltsverletzung zu verantworten habe, die Fahrt mit ungenügend gesicherter Ladung angetreten zu haben, aber er ein Schutzgesetz gemäß § 102 Abs. 1 KFG verletzt. Petschl gab sich damit nicht zufrieden und so ging das Ganze an den österreichischen Obersten Gerichtshof (OGH) .

Urteil des Obersten Gerichtshofs

Der OGH teilte die Rechtsansicht der vorgelagerten Gerichte nicht, sondern begründete seine Entscheidung wie folgt: Im Frachtverhältnis richtet sich die Haftung für Verladung und Verstauung nach dem Vertragsverhältnis und der CMR und damit nach der vereinbarten Pflichtenfestlegung und Risikoverteilung.
Begründung: Eine Verletzung der Überprüfungspflicht des Fahrers des Frachtführers stehe nicht im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit dem Beförderungsvertrag, der die Verladung des Absenders überantwortet. Sie kann im Rahmen des Frachtverhältnisses daher dem Frachtführer auch nicht als Sorgfaltsverstoß zugerechnet werden.
Dieses Urteil ist richtungsweisend und bedeutet in der Praxis, dass – wenn nicht zwischen Verlader und Frachtführer die Verantwortlichkeit für die Ladungssicherung klar vertraglich geregelt ist – immer der Verlader für die richtige Verladung des Ladeguts verantwortlich ist. In dem Fall Petschl war der Lkw-Fahrer im Rahmen der Verladung nicht für seinen Arbeitgeber, nämlich Petschl tätig, sondern als Erfüllungsgehilfe des Verladers. Die Empfehlung von Haid: Im Transportauftrag sollten Verlader schriftlich explizit die richtige Verladung an den Frächter oder Spediteur überantworten.

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