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Unternehmer Ewald Raben im Interview Deutschland steht im Fokus

Foto: Raben Group

Die Raben Group hat in den vergangenen Monaten durch zahlreiche Übernahmen von sich reden gemacht. Zuletzt rückten die Speditionen Weisshaupt, Peter, Scheffler, GS Frachtlogistik und Rhenus in Fellbach unter das Dach des Logistikunternehmens. Was weiter geplant ist, erläutert Firmenchef Ewald Raben im Gespräch mit der Fachzeitschrift trans aktuell.

trans aktuell: Herr Raben, gehen Sie eigentlich gerne einkaufen?

Raben: Den Einkauf macht meine Frau.

Bei Firmenübernahmen verhält es sich aber ein wenig anders?

Das sehe ich nicht als Einkauf an. Übernahmen sind intelligente Unternehmensergänzungen und das Ergebnis einer strategischen Planung. Ein Einkauf ist dagegen eine kurzfristige, oft emotional getriebene Sache.

Sie haben in den vergangenen Monaten etliche Akquisitionen getätigt. Wird es im gleichen Tempo weitergehen?

Da muss ich Sie enttäuschen. Wir haben erst einmal genug mit der Integration zu tun. Übernahmen sind auch kein Selbstzweck. Wir haben sie getätigt, um unser Netzwerk zu stabilisieren und um den Markt zu beruhigen. Seit Längerem gibt es eine große Unruhe in den Netzwerken. Davon nehme ich weder unser Raben-Trans-European-Netz noch das von System Alliance aus.

Was sind die Gründe für diese Unruhe?

Bei einigen Unternehmen gibt es keine Nachfolgeregelung, andere schaffen es aus finanziellen Gründen nicht mehr oder sagen: Es genügt mir, ich will das Leben genießen. So unterschiedlich die Gründe sind, so identisch sind die Folgen: Diese Speditionen lösen in ihren Netzwerken eine große Unruhe aus und gefährden deren Leistungsfähigkeit. Funktioniert ein Netzwerk nicht mehr, haben die Investitionen in Terminals, Hallen, IT und Fahrzeuge keinen Wert mehr. Das ist der Grund, dass sich Speditionen auch an die Raben Group wenden. Wir sind offen für solche Gespräche.

Sie haben innerhalb von nur einem Jahr fünf Übernahmen getätigt. Sind die Speditionen Weisshaupt, Peter, Scheffler, GS Frachtlogistik und Rhenus Fellbach wirklich alle von sich aus an Sie herangetreten?

Liebe geht immer von zwei Seiten aus, einseitig funktioniert sie nie. So verhält es sich auch bei den Übernahmen.

Die betreffenden Firmen sind unterschiedlich aufgestellt und bei unterschiedlichen Kooperationen. Was verbindet sie?

Die wichtigste Verbindung ist das Stückgutgeschäft. Die Raben Group macht 75 Prozent ihres Umsatzes mit Landverkehren. Das sind überwiegend Stückgutverkehre. Die Firmen passen also zu uns, weil sie sich mit Stückgut beschäftigen. Wären sie nur in der Lagerlogistik tätig, hätten wir kein Interesse.

Durch die Übernahmen sind Sie in fast allen Stückgutkooperationen vertreten, seien es System Alliance, Cargoline, ILN, Online, VTL und IDS. Bleibt das so?

Das hat sich bereits geändert, weil IDS uns in Albstadt die Tür zugemacht hat. Es läuft bei Weiss­haupt aber auch ohne IDS gut, der Standort konzentriert sich voll auf unser Raben-eigenes Netzwerk. Ansonsten haben wir zu den genannten Kooperationen gute Beziehungen. Es ist auch nicht so, dass wir eine dieser Kooperationen favorisieren. Solange die Rahmenbedingungen stimmen, bleiben wir gerne in allen drin. Umgekehrt gehen wir raus, wenn uns das Leben schwer gemacht wird.

Wie müssen die Rahmenbedingungen aussehen, damit Sie in den Netzen bleiben?

Neben der Stabilität und guten Performance sind die Preise ein ganz maßgebliches Thema. Wir haben innerhalb der System Alliance drei Häusern gekündigt: Wuppertal, Heilbronn und Mittenwalde bei Berlin. Grund war die unzureichende Wirtschaftlichkeit der Sendungen, die wir für die Kooperation verteilt haben. Nach Ablauf der Kündigungsfrist sind die Standorte noch immer bei der System Alliance, weil wir nun gemeinsam an einer Lösung arbeiten. Wir haben dabei zugesagt, aber auch klargemacht: Wir können kein Geld drauflegen.

Müssen Sie sich überhaupt mit den Kooperationen arrangieren? Sie haben doch Ihr eigenes Netz.

Wir haben jetzt 26 Sammelgut- und zwei Logistikstand­orte. Nach einhelliger Experten­meinung sind 40 Standorte Voraussetzung für einen eigenen Netzbetrieb in Deutschland. Wir haben also noch keine Flächenabdeckung, daher brauchen wir die Partner. Aktuell betreiben diese Partner in unserem Netzwerk 16 Standorte. Die Partner kommen entweder aus Kooperationen oder arbeiten bilateral mit uns zusammen. Wir können mit beidem leben. Bilaterale Vereinbarungen haben den Vorteil, dass man individuelle Absprachen treffen kann, während bei Kooperationen das Funktionieren des Gesamtsystems im Vordergrund steht.

Wie gut funktionieren diese Systeme zurzeit?

Der Druck steigt. Es wird daher eine weitere Bereinigung geben. Warum gehen 24 plus und Online beziehungsweise VTL, ILN und Star zusammen? Weil sie alleine keine Flächenabdeckung mehr hinbekommen. Meine Prog­­nose ist, dass zwei Netzwerke verschwinden werden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis dieser Fall eintritt. Deswegen haben wir so viel Unruhe im Markt. Manch eine Unternehmerfamilie überlegt sich, ob sie sich diesen Risiken aussetzen und ihr Lebenswerk zur Disposition stellen will, wenn das Netzwerk zerbricht.

In Deutschland ist der Stückgutmarkt besonders hart umkämpft. Warum wollten Sie trotzdem unbedingt in diesem Markt Fuß fassen?

Weil an Deutschland keiner vorbeikommt, auch die Raben Group nicht. Deutschland ist zentral gelegen und mit 80 Millionen Einwohnern ein großer Konsum- und Exportmarkt, um nur ein paar Argumente zu nennen. Unsere Landesgesellschaften in Zentral- und Osteuropa laufen ja bereits gut. Rumänien ist gerade erst an den Start gegangen. Also war die Frage, in welchem Markt wir in Zukunft noch deutlich wachsen können. Hinzu kommt, dass wir aus Holland sowie Zentral- und Osteuropa bereits viele Verkehre dorthin haben. Deshalb fiel die Wahl auf Deutschland. Das Land steht in den kommenden Jahren definitiv im Fokus.

Äußert sich das auch bei den Investitionen?

Wir investieren in der Gruppe dieses Jahr 32 Millionen Euro. Das Geld fließt zum Beispiel in Terminals, Umschlagtechnik, IT, Wechselbrücken und Lkw. Ein großer Teil davon entfällt auf Deutschland.

Auf welche Standorte konkret?

An erster Stelle steht unsere Deutschlandzentrale in Mannheim. Die Baugenehmigung steht noch aus. Wir hoffen, dass wir Ende des dritten oder Anfang des vierten Quartals beginnen können, unsere Lagerlogistik und den Umschlagbereich umzugestalten sowie ein neues Bürogebäude zu bauen. Vom Hafen Mannheim haben wir noch ein Grundstück hinzu gepachtet. Insgesamt werden uns dann rund 22.000 Quadrat­meter an überdachter Logistik­fläche zur Verfügung stehen. Aktuell sind es 12.000 Quadratmeter. Wir bauen auch in Eisenach – dem Standort unseres Zentralhubs – eine neue Lagerlogistik und ergänzen die Umschlaghalle sowie das Bürogebäude. Außerdem sind wir in Gütersloh mitten im Umbau.

Apropos Mannheim, warum haben Sie Ihre Deutschlandzentrale von Mönchengladbach nach Baden-Württemberg verlegt?

Im Prinzip hätten wir sie auch in Mönchengladbach belassen können. Inzwischen sitzt unser Führungsteam aber in Mannheim. Und die Zentrale sollte dort sein, wo das Team ist. Sitz der Gruppe bleibt Holland. Raben ist ein holländisches Unternehmen, auch wenn uns manche in den vergangenen Jahren eher als zentral- oder osteuropäisches Unternehmen wahrgenommen haben.

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