Truck Trial Neue Regeln: Unentschieden

ETT Foto: Robert Eberlein, Klaus-P. Kessler 7 Bilder

Der Europa Truck Trial brachte im laufenden Jahr an einer wichtigen Stelle eine neue Regel: Statt wie bisher in Klassen erfolgt der Start jetzt in „bunter Reihe“ mit mindestens einem Starter aus jeder Klasse. Hat sich das bewährt? Eine erste Zwischenbilanz.

Spannung erhöhen, Taktierereien eindämmen - das waren die Oberbegriffe für die Einführung der neuen Regel. Die Saison biegt nach vier von sechs Läufen langsam auf die Zielgerade. Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen. Fest steht: Ein eindeutiges, gefestigtes Meinungsbild gibt es auch nach vier Trial-Wochenenden nicht. Gegner, Befürworter und Unentschlossene teilen sich in etwa gleichgroße Fraktionen.

Die Spannung wurde - wie gewollt - gesteigert. Bis zur Siegerehrung bzw. dem protestfähigen Aushang unmittelbar davor weiß keiner der Starter, wo genau er steht. Schließlich kennt neimand die Ergebnisse der Konkurrenten aus der eigenen Klasse. Zwangsläufig funktioniert deshalb auch Punkt zwei: Die Taktiererei hat spürbar nachgelassen. Wenn niemand weiß, wie gut er selbst ist oder wie schlecht die anderen sind, muss möglichst jedes Tor gefahren und Strafpunkte möglichst vermieden werden. Nachteil: Noch nicht einmal am Samstagabend lässt ein einheitliches Zwischenergebnis entsprechende Rückschlüsse zu. Denn die Anzahl der Sektionen stimmt meist ebenso wenig überein wie die gefahrenen Sektionen identisch sind.

In der Wettkampf-Praxis zeigen sich vermehrt Schwachstellen des neuen Systems. So sind die einheitlichen Tore in der Regel nur noch „Scheunentore“, ausgerichtet an den großen Fahrzeugen der S5. Das nimmt bei den kleinen Klassen und den Prototypen fahrerischen Anspruch und Spannung raus. Die Sektionen sind in der Befahrbarkeit im  Klassenvergleich nicht mehr vergleichbar. Der äußere Zustand ändert sich zu sehr. Das gilt ganz besonders für die kleinen Klassen, wenn zuerst z.B. ein S 5-Dickschiff in der Sektion aufräumt und umbaut. Kommt eine andere Startergruppe erst am nächsten Tag in diese Sektion ist die mit der Ausgangs-Topografie überhaupt nicht mehr vergleichbar. Die Starter finden schlichtweg eine komplett andere Sektion vor als die Starter am ersten Tag. Auch ist verstärkt zu beobachten, dass ein Kommissar plus nur einem Marschall pro Sektion meist definitiv zu wenig Personal ist. Während viele Starter die jetzt möglichen Einblicke in die Trail-Praxis anderer Klassen gut finden, bemängeln andere, dass sie zum Beispiel als einzige deutschsprachige Starter ausschließlich von Franzosen umgeben sind und damit eine Kommunikation untereinander praktisch nicht stattfindet. Ähnlich auch die tschechischen Starter in der S2, die jetzt, auf zwei verschiedene Gruppen aufgeteilt, von der Kommunikation deutlich abgeschnitten sind. Da kommt schnell Langeweile auf. Ein anderes, häufig genanntes Argument: „Was soll ich als S4 oder S5-Fahrer mit S1 oder S2-Leuten über die Sektion sprechen. Deren Fahreindrücke bringen mir gar nichts, da kann ich nichts lernen!“ Das gilt auch umgekehrt. Langeweile auch für die Begleitmannschaft des jeweiligen Teams, die sich in der Regel hauptsächlich für die Starter dieser Klasse interessiert. Oder man schwärmt als „Spione“ in die anderen Startgruppen aus um dort Informationen über den jeweiligen Strafpunkte-Kontostand der Klassenkameraden abzufischen. Werden Fehler nicht erkannt und/oder nicht aufgeschrieben, und das betroffene Team äußert sich dazu nicht, erfolgt kein Widerspruch. Denn den Startern aus den anderen Klassen ist das jeweils andere Ergebnis egal. Das ist nicht möglich, wenn alle Konkurrenten der eigenen Klasse zugucken. Kritik kommt auch von vielen Fans. Jene, die sich auskennen und seit Jahren zu verschiedenen Läufen kommen, sind eher nicht begeistert. Diese Fans wollen meist „ihre“ Klasse sehen. Besucher, die zum ersten Mal dabei sind, ist das vermutlich eher egal.

Die neue Gruppeneinteilung ist auch für die Arbeit der begleitenden Journalisten erschwerend. Erlaubte in der Vergangenheit die Auswertung des Halbzeitergebnisses wichtige Rückschlüsse für die journalistische Betrachtung und Schwerpunktbildung am Sonntag, so ist das nicht mehr möglich. Eine wertungsbezogene und damit spannende Berichterstattung speziell im Internet, bezogen auf die einzelnen Tage, funktioniert so nicht. Auch den TV-Kollegen entgehen oft wichtige Bilder, weil sie keine Informationen oder Rückschlüsse über eine „Rennentwicklung“ haben.  Das Aufatmen vieler Akteure und Fans ist jedenfalls deutlich spürbar, wenn am Sonntagnachmittag die letzte Sektion wieder in guter alter Manier klassenweise gefahren wird. Trotzdem sollten diem Verantwortlichen die Saison nach den neuen Regeln zu Ende bringen um dann losgelöst vom Veranstaltungsdruck in aller Ruhe und Sachlichkeit zu einer abschließenden Bewertung zu kommen. Schließlich war die französische Revolution auch nicht nach sechs umkämpften Wochenenden vorüber! 

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