Transport- und Logistikunternehmen müssen neuerdings auf dem gesamten Bundesfernstraßennetz in Deutschland für ihre Lkw über 7,5 Tonnen Maut bezahlen
Seit Sonntag gilt die Straßengebühr zusätzlich auf allen Bundesstraßen. Das Streckennetz wuchs damit um 37.000 auf 52.000 Kilometer. Laut dem Mautbetreiber Toll Collect wurde die größte Streckenanpassung seit Einführung der Lkw-Maut im Jahr 2015 erfolgreich umgesetzt. Zum Start der Mautausweitung in der Nacht von Samstag auf Sonntag begrüßte Toll Collect-Chef Hanns-Karsten Kirchman unter anderem den Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Steffen Bilger (CDU), sowie Vertreter der Toll Collect-Gesellschafter Daimler und Deutsche Telekom.
30.000 Unternehmen zahlen erstmals Maut
Toll Collect rechnet damit, dass durch die Streckenanpassung rund 30.000 Unternehmen, die bisher vor allem Bundesstraßen nutzten, erstmals von der Mautpflicht betroffen sind. Die größte Herausforderung bei der Umstellung für das Unternehmen war die IT-Anpassung bei laufendem Betrieb. Statt von der On-Board-Unit (OBU) aus erfolgt die Mauterfassung und -erhebung künftig von der Toll Collect-Zentrale aus. Die OBU liefert dem Rechenzentrum die Positionsdaten, dort erfolgt die Zusammenführung mit den Mautparametern und die Berechnung des Mautbetrags. In der Folge wird dieser künftig nicht mehr in der OBU angezeigt. Alles andere wäre mit den aktuellen Mautgeräten aufgrund des geringen Speicherplatzes nicht ohne Werkstattaufenthalt möglich gewesen.
Bund rechnet 2018 mit 5,1 Milliarden Euro aus der Maut
Der Bund geht durch die Mautausweitung von 2 bis 2,5 Milliarden Euro jährlich an zusätzlichen Einnahmen aus. Für dieses Jahr rechnet er aber "nur" mit knapp einer halben Milliarde Euro mehr. Zum einen erfolgt die Ausweitung erst zur Jahresmitte, zum anderen gelten noch die aktuellen niedrigeren Mautsätze, die geplante Erhöhung soll erst im Januar zum Tragen kommen. Insgesamt rechnet die öffentliche Hand dieses Jahr mit 5,1 Milliarden Euro an Mautmitteln. Seit dem Start der Lkw-Maut im Januar 2015 hat das Transport- und Logistikgewerbe mehr als 53 Milliarden Euro an Maut bezahlt.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) nennt einen Betrag von 7,2 Milliarden Euro, der fortan durchschnittlich jedes Jahr an Mauteinnahmen zu erwarten ist. "Davon profitieren nicht nur unsere Unternehmen, die auf eine leistungsstarke Infrastruktur angewiesen sind, sondern auch die Autofahrer."
AMÖ sieht Mautausweitung mit Sorge
In die Freude über die Mehreinnahmen mischt sich aber auch Kritik. Der Bundesverband Möbelspedition und Logistik (AMÖ) sieht die zusätzliche Kostenbelastung für die Branche mit Sorge. "Wir gehen davon aus, dass sich die Mautkosten für die deutsche Verkehrswirtschaft mindestens verdoppeln", erklärte AMÖ-Geschäftsführer Dierk Hochgesang am Montag. "Wie die Bundesregierung davon ausgehen kann, dass diese Mehrbelastung in Milliardenhöhe keine Auswirkungen auf die Preise haben wird, bleibt ihr Geheimnis."