Stellflächen Clever parken

Foto: Bayerisches Staatsministerium des Inneren

Jeder Lkw-Fahrer kennt das Problem – Ruhezeit ist angesagt, aber die Rastplätze sind voll. Wohin also? Abhilfe soll zum Beispiel eine Telematiklösung schaffen, wie sie Bayern vorbereitet. Kritiker sagen, das löse das Problem nicht.

"Es tut sich etwas und das ist gut und wichtig", heißt es vom Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). Aber es müsse noch mehr getan werden. Von 2008 bis Mitte 2014 seien mehr als 11.500 neue Parkplätze geschaffen worden, weitere 2.000 seien im Bau. Allerdings liege der prognostizierte Fehlbedarf bis 2015 noch bei 7.700 Stellplätzen. Die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag festgelegt, dass in dieser Legislaturperiode bundesweit 6.000 Lkw-Parkplätze entstehen sollen.

Neu- und Ausbau von Parkflächen

Was andere Lösungen als den Neu- und Ausbau von Parkflächen angeht, ist BGL-Sprecher Martin Bulheller aber eher skeptisch. Telematik-Ideen seien nicht so schnell umzusetzen wie ein Parkplatz. Außerdem sei bislang nicht gesichert, ob sie funktionierten. Ein Stellplatz sei durch nichts zu ersetzen. "Auf einer Idee kann man nicht parken", sagt Bulheller.

Erste intelligente Lkw-Parkleitsystem auf der A9

Unterdessen soll das erste intelligente Lkw-Parkleitsystem auf der A 9 zwischen Nürnberg und München Ende 2014 in Betrieb gehen. Es kostet gut fünf Millionen Euro. Die Staatsregierung verspricht sich davon mehr Verkehrssicherheit und einen besseren Service. Die Lkw-Fahrer sollen bei der Parkplatzsuche unterstützt und freie Kapazitäten ausgeschöpft werden. Damit nicht genug: Die Lösung werde Vorbildcharakter für künftige Parkleitsysteme im gesamten Bundesgebiet haben, erklärt eine Sprecherin des bayerischen Verkehrsministeriums gegenüber trans aktuell. Bereits im September beginnt der rund sechswöchige Probebetrieb der Telematik-Anlagen einschließlich des Videosystems. Derzeit laufen die Vorbereitungen.

Elf Rastanlagen mit Telematik-Anlagen

Geplant ist, zunächst mit elf Rastanlagen zu starten. Davon liegen neun im Bereich der Autobahndirektion Nordbayern, zwei im Bereich Südbayern: die Tank- und Rastanlage (T+R) Nürnberg Feucht Ost und West, die Parkplätze mit WC (PWC) Göggelsbuch West und Offenbau Ost und West, T+R Greding Ost und West, PWC Gelbelsee Ost und West sowie PWC Rohrbach Ost und West. Nach und nach sollen die anderen Rastanlagen in den Probebetrieb einbezogen werden, der von sogenannten Operatoren begleitet wird. Diese Operatoren der Verkehrs- und Betriebszentralen Nord- und Südbayern werden im Rahmen des Probebetriebs geschult. So wird beispielsweise erläutert, wie mit Störungen – etwa einem Stromausfall – umzugehen ist.

Für das Parkleitsystem ist die möglichst fehlerfreie Erfassung der aktuellen Belegung auf den einzelnen Anlagen von zentraler Bedeutung, erläutert die Sprecherin. "Wir haben hierzu in den vergangenen beiden Jahren in Abstimmung mit dem Bundesverkehrsministerium und der Bundesanstalt für Straßenwesen verschiedene Erfassungssysteme erfolgreich auf ihre Praxistauglichkeit getestet."

Erkennungseinrichtungen an allen Zu- und Abfahrten

So werden alle Parkplatzanlagen an den Zu- und Abfahrten mit genauen Erkennungseinrichtungen ausgestattet. Durch die Zählung der ein- und ausfahrenden Fahrzeuge wird die aktuelle Belegung der Parkstände automatisch ermittelt. Die Lkw-Fahrer erhalten die Stellplatzinformationen über Smartphones, On-Board-Units oder das Radio und können ihren Platz innerhalb der Rastanlage frei wählen.
Das Erfassungssystem besteht jeweils aus einem Bodenradar und einen Laserscanner, sodass mittels einer dreidimensionalen Darstellung eine hohe Klassifizierungsgenauigkeit der Fahrzeuge und damit die geforderte genaue Ermittlung der Parkplatzbelegung möglich werden. Um die Daten zusätzlich zu überprüfen, werden die Lkw-Parkstände ergänzend turnusmäßig mit Kameras überprüft. Die beiden privaten Autohöfe können per SMS den aktuellen Belegungsgrad der Lkw-Stellplätze übermitteln, sodass auch diese Informationen im Parkleitsystem verwendet werden können.

Es geht aber noch ausgeklügelter: Die Autobahndirektion Nordbayern hat im Juli mit den Baumaßnahmen zur Erweiterung der Parkplätze der  Rastanlage Jura West begonnen. Durch den Umbau wird die Anzahl der Lkw-Stellplätze im Rahmen des Pilotprojekts "Telematisch gesteuertes Kompaktparken" von 66 auf 105 erhöht. Die Baumaßnahmen sollen bis Ende des Jahres abgeschlossen sein, sagt die Sprecherin. "Derzeit werden die telematischen Anlagen ausgeschrieben, die ebenfalls noch in diesem Jahr installiert werden sollen." Der Probebetrieb folge im Anschluss, mit dem Regelbetrieb wird ab Anfang 2015 gerechnet.

Das von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) entwickelte Projekt soll grundsätzlich eine Kapazitätserhöhung auf 150 Prozent ohne weiteren Ausbau erlauben. Eine Fahrgasse zwischen parallelen Parkflächen soll damit überflüssig werden und so zusätzliche Parkplätze entstehen. Im Vergleich zu einem Ausbau der Rastanlage zeichne sich Kompaktparken neben einer schnelleren Umsetzbarkeit durch einen hohen wirtschaftlichen Nutzen und – auf Grund der Vermeidung von weiterer Oberflächenversiegelung – auch durch einen Beitrag zum Umweltschutz aus, schreibt die Behörde.

Aus Nordrhein-Westfalen heißt es derweil: "Pilotprojekte des Bundes wie zum Beispiel die Erfassung von freien Lkw-Parkplätzen und Anzeige an der Strecke, mit und ohne vorherige Stellplatzbuchung und -zuweisung, sind in NRW nicht weiter verfolgt worden." In der Praxis habe sich gezeigt, dass die Ideen nicht wirklich zielführend waren, erklärt ein Sprecher des Verkehrsministeriums gegenüber trans aktuell. Es gebe Überlegungen, ein internetbasiertes Informationssystem für Lkw-Fahrer über freie Standplätze aufzulegen. Dazu sei eine dynamische Belegungserfassung von Standplätzen erforderlich. Das Projekt befinde sich aber noch in den Kinderschuhen.

Bayern baut an der A3 Rastanlagen

Auch in Bayern geht es gleichzeitig auf der konventionellen Schiene weiter: Neben dem Aufbau telematischer Systeme werden nach Angaben des Verkehrsministeriums weitere Rastanlagen aus- und neugebaut. Beim Ausbau bestehender Rastanlagen würden diese in der Regel komplett umgebaut und auch die Stellplätze für Pkw und Busse neu hergestellt. An der A 3 sind etwa die Rastanlagen Aurach Nord- und Südseite sowie Donautal Westseite im Bau, Spessart und Steigerwald sind in der Planung.

"An der A 9 ist die Erweiterung der Rastanlagen Köschinger Forst West und Ost weitgehend abgeschlossen, der Neubau der Rastanlage Fürholzen West soll im nächsten Jahr beginnen", erklärt das Ministerium. An der A 8 laufen die Baumaßnahmen an der Rastanlage Samerberg Süd. Der Ausbau der Rastanlagen Samerberg Nord und Holzkirchen Süd ist in Planung. Neben diesen bewirtschafteten Tank- und Rastanlagen sind auch eine Reihe unbewirtschafteter Rastanlagen (PWC) im Bau beziehungsweise in Planung, um das Angebot von Lkw-Stellplätzen zu verbessern.

Was Bayern plant

Bayern hat in diesem Jahr für den Bau von Lkw-Parkanlagen bislang 31,5 Millionen Euro vom Bund zugewiesen bekommen. Von 2008 bis 2012 wurden rund 2.300 Stellflächen neu gebaut, Ende 2013 lag ihre Zahl bei 2.750. In diesem Jahr sollen rund 500 Parkplätze hinzukommen.

Die Idee

Beim Kompaktparken sollen mehrere Lkw ohne mittlere Fahrgasse kompakt hinter- und nebeneinander parken. Damit sich die Fahrzeuge bei der Abfahrt nicht behindern, werden sie zeitlich sortiert. Dies soll mithilfe von dynamischen Anzeigen über den Parkplatzreihen geschehen. Sie zeigen ankommenden Fahrern die späteste Abfahrtszeit der Fahrzeuge an, die bereits in einer Reihe parken. Im Ergebnis parken Fahrzeuge hintereinander, die zur gleichen Abfahrtszeit oder später als die vor ihnen parkenden Fahrzeuge die Rastanlage verlassen wollen.

Die Berechnung der Abfahrtszeiten je Reihe beruht auf einem neu entwickelten Steuerungsverfahren. Ausgangspunkt sind dabei Nachfragemuster von Lkw-Fahrern. In freien Parkreihen werden daher typische Abfahrtszeiten angeboten. Für einen komplett leeren Parkbereich wird beim Kompaktparken ein breites Spektrum von Abfahrtszeiten angeboten. Füllt sich der Parkbereich, so reduziert sich dieses Angebot auf die am stärksten nachgefragten Abfahrtszeiten. Es erfolgt also eine dynamische und nachfrageabhängige Zuweisung von Abfahrtszeiten zu den Anzeigen der Parkreihen.

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