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Spedition Boll im Praxistest Welche Ersparnis bringt die Aerodynamik?

Spediton Boll, LKW Foto: Spedition Boll, Rosenberger 6 Bilder

14 Prozent weniger Diesel verbraucht ein aerodynamisch verbesserter Sattelzug gegenüber einer herkömmlichen Sattelkombination. Das ist nach rund sechs Monaten das Zwischenergebnis der Spedition Boll.

Aerodynamischer Feinschliff hat Potenzial – so viel steht fest. Doch wie viel Diesel windschlüpfige Lastzüge tatsächlich weniger verbrauchen als herkömmliche Kombinationen, ist weitgehend unklar. Von den Herstellern gibt es meist nur Prozentangaben zur Wirkung einzelner Maßnahmen. Eine Basis nennen sie dabei aber nicht. Und Daimler hat zwar mit der aerodynamisch- und rollwiderstandsoptimierten Actros-Zugmaschine derart sparsam Runde um Runde zurückgelegt, dass sie bis ins Guinnessbuch der Rekorde fuhr, allerdings geschah das unter klinischen Bedingungen (siehe Seite 17) – nicht vergleichbar mit dem, was tagtäglich auf Autobahnen los ist.  Genau das misst seit September der Meppener Spediteur Ulrich Boll. Dazu beschaffte er sich eine Actros 1841-Zugmaschine, optimiert nach dem Vorbild des Nardo-Trucks: L-Fernverkehrshaus, außen weder Sonnenblenden noch Lichtbügel oder Hörner, statt des Frontspiegels eine Kamera, anströmungsgünstige Verkleidungen an den A-Säulen. Das Spritsparpaket runden Supersingle-Reifen auf der Antriebsachse ab. Die passende Paarung ergibt sich mit dem Ecoliner von Krone. Fuelsaver-Verkleidung am Chassis, Easytarp-Plane mit Zentralverschluss und Leichtlaufreifen.  Als Vergleichsfahrzeuge schicken Spediteur Boll und sein geschäftsführender Gesellschafter Jörg Gerdelmann vier herkömmliche Sattelzüge unter gleichen Einsatzbedingungen auf die Straße. Grundsätzlich verzichtet der Spediteur im Falle der beiden Referenz-Actros auf die steil aufragenden Mega­space-Häuser, die zwei MAN TGX müssen ebenfalls mit XL- statt XXL-Kabine auskommen. Ebenso lehnt Boll jeglichen Zierrat am Truck ab. 

Scheinwerferbügel und Hörner gehören nicht aufs Dach, wenn es um wirtschaftlichen Transport geht, sagt Boll – auch wenn die Fahrer das nicht gerne hören. Dafür finden sie Gefallen am Kamerasystem des Nardo-­Actros. „Komfortabel“, lautet das Urteil. Mit durchschnittlich rund 30 Tonnen sind Testfahrzeug und Referenzzüge auf der Straße. Die Fahrer zählen sie zu den besten im Unternehmen: Fleetboard-Note 8,6.  Nach einem knappen halben Jahr und teils winterlichen Einsatzbedingungen zeichnet sich ein vielversprechender Zwischenstand ab. Der optimierte Lastzug verbraucht gerade mal 25,6 Liter auf 100 Kilometer, die vier Referenzzüge im Durchschnitt 29,2 Liter – eine Ersparnis von 14 Prozent. „Das lohnt sich“, sagt Boll. Die Anschaffungskosten der Kombination seien nicht das Thema. „Wir hätten nicht gedacht, dass wir schon in einem halben Jahr diesen Wert erreichen“, berichtet Boll. Erwartet wurden zunächst 27 Liter, erst nach einer Einfahrphase spekulierte Boll auf 25 Liter.  „Nun ist für uns interessant, wie sich die laufenden Kosten des optimierten Lastzugs entwickeln“, berichtet Gerdelmann. Die Seitenverkleidungen etwa könnten sich als Kostenfaktor erweisen und erfordern eine besondere Behandlung – etwa beim Andocken an der Rampe – sonst drohen kostspielige Schäden. Hat die Anfahrt eine Neigung, könnten die Kunststoffteile die Fahrbahn touchieren, auch Einweiser könnten die Seitenverkleidungen beschädigen. Bei der seitlichen Beladung muss wiederum der Fahrer des Staplers Rücksicht nehmen. „Der Ecoliner ist ein reines Fernverkehrsfahrzeug, wir könnten ihn fast mit der Zugmaschine verschweißen“, erklärt Gerdelmann.  Am besten, es sitze immer der gleiche, sensibilisierte Fahrer am Steuer. Nun will der Spediteur den Nutzen der einzelnen Maßnahmen am Sattelzug bestimmen. Dazu tauscht er die Komponenten durch. Fortan sollen eine herkömmliche Zugmaschine und Ecoliner auf Tour gehen, dann Nardo-Actros und Standard-Curtainsider. Auch auf die Supersingle-Reifen will er vorerst verzichten. „Im Winter hatten wir damit teilweise Traktionsprobleme“, begründet der Firmenchef. Weiteren Optimierungsbedarf am Lastzug sieht er aber nicht.  Einzig mit der zulässigen Fahrzeuglänge hadert er. Der 25,25 Meter lange Euro-Combi bleibt für ihn die effizienteste Transportlösung. Schon vor zwei Jahren war die Spedition beim Testlauf in Niedersachsen dabei. Derzeit lässt Boll einen Euro-Combi in den Niederlanden zertifizieren. Er hofft zudem auf eine Ausnahmegenehmigung für die fünf Kilometer bis zur deutsch-niederländischen Grenze. „Sonst teilen wir dort eben den Zug“, erklärt er. Ohnehin solle der Gesetzgeber Lastzug- und Laderaumlängen unabhängig voneinander regeln“, plädiert er. Dann ließe sich das Meiste an Effizienz und Umweltschutz herausholen. „Ein Diffusor am Heck würde sicherlich beträchtlich dazu beitragen, Verbrauch und damit Abgasemissionen weiter zu drücken“, argumentiert Boll. In diesem Fall ließen sich tatsächlich alle Maßnahmen zugleich testen und Spekulationen über Prozentpunkte hätten ein Ende.

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