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Smarter Tachograf ab 15. Juni Pflicht BAG kontrolliert im Vorbeifahren

Smarter Tachograf DCTO 4.0 von Continental VDO. Foto: Continental

Vierte Generation des digitalen Tachografen ab 15. Juni 2019 Pflicht bei Neufahrzeugen. Das Gerät bringt mehr Daten für Telematik- und TMS-Anbieter.

Der neue digitale Tachograf nimmt Formen an. Ab 15. Juni 2019 sollen die Geräte der vierten Generation nach den Vorstellungen der Europäischen Kommission in neue Fahrzeuge eingebaut werden. Die europäischen Institutionen haben dieses Mal viel Wert darauf gelegt, dass der Fahrtenschreiber ganz im Zeichen der Digitalisierung seine Informationen leicht weitergeben kann und über ein komplexes Sicherheitssystem verfügt. Grundlage für diese Neuerungen ist die EU-Verordnung Nr. 165/2014. Der Hersteller Continental vermittelt bereits erste Eindrücke von den Funktionen seines neuen digitalen Tachografen. Eines der umfangreichsten Features ist wohl die Kontrolle der Lenk- und Ruhezeiten. Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) kann im Vorbeifahren prüfen, ob die Vorschriften von dem Lkw-Fahrer eingehalten worden sind. (Lesen Sie hier, welche Daten das im Einzelnen sind.)

Unnötige Pausen vermeiden

Mithilfe der Dedicated Short Range Communication (DSRC), die auch bei der automatischen Mauterhebung üblich ist, können Kontrolleure feststellen, ob es Auffälligkeiten gibt, ohne den Lkw anhalten zu müssen. "Das Interesse der Kontrollbehörden gilt dabei einigen Basisdaten zu dem Fahrzeug, zu Kalibrierung und Geschwindigkeiten und der Frage: Gibt es irgendwelche Auffälligkeiten?", erläutert Lutz Scholten, verantwortlich für den Geschäftsbereich Tachographs, Telematics & Services bei Continental. Als Grundlage dient eine lediglich wenige Hundert Byte große Textdatei, die darüber aufklärt, ob eine Unterbrechung der Stromversorgung oder ein Datenkonflikt vorlag – oder ob die Fahrerkarte fehlerhaft verwendet wurde.

Doch nicht nur mobile Geräte können dafür eingesetzt werden. Das BAG plant darüber hinaus, die DSRC-Leser an Mautbrücken und weiteren stationären Geräten einzusetzen. Die Kontrolle folgt dann auf dem nächsten Rast- oder Parkplatz, wenn es zu einem Vorfall gekommen ist. Ist dies nicht der Fall, kann der Lkw ohne Stopp weiterfahren. Mit dieser Methode soll es gelingen, unnötige Pausen zu vermeiden. Immerhin dauert eine Kontrolle der Lenk- und Ruhezeiten bei digitalen Tachografen laut BAG im Schnitt bis zu einer halben Stunde. Das ist viel Zeit im engen Korsett der Touren.

Verbessertes Flotten- und Fahrermanagement

Darüber hinaus wird das neue Gerät durch das integrierte Global Navigation Satellite System (GNSS) dann auch die eigene Position bestimmen können. Das soll nach den Vorschriften der europäischen Institutionen zu Beginn der Tour und an ihrem Ende geschehen. Außerdem notiert der Tachograf nach drei Stunden Fahrzeit ebenfalls die Position. Eine ständige Positionsangabe wäre wohl auch möglich – um Fahrzeuge mit hochwertigen Gütern besser überwachen zu können. Transportunternehmen können ihre neuen Geräte mit einer ITS-Schnittstelle ausstatten, über die vertrauenswürdige Daten übertragen werden können. Möglich macht das eine standardisierte Schnittstelle unter dem Kürzel ITS, was für Intelligent Transportation System steht. Continental gibt an, dass es mit der Schnittstelle gelingt, mehr als 70 Einzeldaten aus dem Tachografen für Telematiksysteme zur Verfügung zu stellen.

Damit können dann auch Drittanbieter von Telematiksystemen oder genauso die Systeme der Hersteller mit mehr Daten arbeiten und das Flotten- und Fahrermanagement weiter verbessern. Welche Funktionen und welche Dienste daraus entstehen, wird sich jedoch erst im kommenden Jahr zeigen. Zur Auswahl stehen jetzt erweiterte Datensätze zu Geschwindigkeiten, Lenk- und Ruhezeiten und Bewegungsprofilen. Sie bieten reichlich Möglichkeiten für die Hersteller von Transport-Management-Systemen (TMS) oder genauso für Versicherungen und Leasingunternehmen. Mit ihnen lassen sich dann beispielsweise neue Tarife für Versicherungen berechnen, Leasingfirmen könnten nach Fahrverhalten und nach tatsächlicher Nutzung abrechnen, und TMS-Anbieter können weitere Funktionen in ihre Lösungen einbinden.

Vorschriften der EU-Datenschutzrichtlinie

Durch die klare Trennung der Datensätze und die eindeutige Zuordnung lassen sich zudem auch weitere Sensoren ins System integrieren. Die kleinen Geräte ermitteln am ganzen Fahrzeug jede Menge Daten. So ließen sich auch Infos über die Einhaltung der Kühlkette oder den Tankinhalt sicher übertragen. Ein weiterer Bereich sind die Sensoren an den Achsen. Sie können die Achslasten bestimmen, die verschlüsselt an den Tachografen gesendet werden. Diese Informationen gehen dann beispielsweise an die Kontrollbehörden. Gleichzeitig ließen sich daraus aber auch neue Mautmodelle entwickeln, die die tatsächliche Achslast als Kalkulationsgrundlage heranziehen.

Welche Daten übertragen werden dürfen, hängt von dem Fahrer ab. Er muss künftig zustimmen, ob seine persönlichen Informationen an nachgelagerte Systeme weitergeleitet werden dürfen, und erhält eine umfangreiche Sicht auf seine Daten. Mit einem sogenannten Privacy Button erfüllt der digitale Tachograf auch die Vorschriften der EU-Datenschutzrichtlinie. Die ITS-Schnittstelle unterscheidet dann zwischen freigegebenen und privaten Daten. Somit laufen alle Informationen in die richtigen Kanäle. Die gesicherten Datensätze zur Archivierung der Lenk- und Ruhezeiten lassen sich entsprechend von den freigegebenen Informationen trennen.

Jede Unregelmäßigkeit wird aufgezeichnet

In Sachen Sicherheit legt Continental ebenfalls zu und stattet das neue Gerät mit einer Verschlüsseltechnik aus, die auf kryptografische Verfahren setzt. Damit soll beispielsweise die Kommunikation zwischen dem Gerät und der Fahrerkarte und dem Geschwindigkeitssensor und dem Tachografen sicherer werden. Jede Unregelmäßigkeit wird entsprechend aufgezeichnet. Hinzu kommt überdies ein neuer sicherer Bewegungssensor. Des Weiteren könnte es mit dem neuen Fahrtenschreiber gelingen, die Flut zusätzlicher Geräte für die automatische Mautabrechnung in Europa einzudämmen. Denn die DSRC-Schnittstelle im Tachografen soll es möglich machen, im Ausland über Dienste des European Electronic Toll Standard (EETS) die Straßengebühren zu erfassen.

Dafür konzipierte Continental die Gerätesoftware so, dass sie zwischen einer DSRC-Abfrage der Kontrollbehörden und den Anfragen zur Mautberechnung unterscheiden kann. Der digitale Tachograf der vierten Generation passt sich damit dem Trend der Digitalisierung an. Welche Dienste sich auf diesem Weg letztendlich entwickeln, wird sich zeigen. Eines steht jedoch schon fest. Mit dabei sein werden ab dem 15. Juni 2019 neue Karten für Fahrer, Werkstatt, Unternehmen und für Kontrollbeamte.

Der smarte Tachograf

  • Ab 15. Juni 2019 ist der aktuelle digitale Tachograf bei neu angemeldeten Fahrzeugen Vorschrift
  • Eine Umrüstpflicht für Bestandsfahrzeuge gibt es nicht
  • Mit dem SE5000 Exakt Duo² von Stoneridge gibt es eine Alternative zur VDO-Lösung
  • Intellic hat den Smart Tachograph EFAS 5 angekündigt
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Carsten Nallinger Carsten Nallinger Lkw-Navigation
David Keil, Berater und Projektmanager Logistiksoftware und Telematiksysteme David Keil Berater Logistiksoftware und Telematiksysteme
Aktuelle Fragen Digitacho (Nachrüstpflicht) Gibt es eine Digitaltacho-Nachrüstpflicht für alte Lkw? Fahrerkarte (falsche Daten nach Auswurf) Meine Fahrerkarte zeigt nach dem Auswurf während der Fahrt falsche Werte an. Was tun? Digitacho und Geschwindigkeit über 90 km/h Ab wann werden Geschwindigkeiten über 90 km/h aufgezeichnet?
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