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Region Berlin-Brandenburg Verkehrswende voranbringen

Foto: Velogista

Die Region Berlin-Brandenburg will die Verkehrswende zustande bringen und probiert neue Citylogistik-Konzepte. Kernpunkt ist die Kooperation der Akteure.

Immer mehr Menschen zieht es in die großen Städte, parallel dazu wächst der Verkehr für ihre Versorgung. Um dennoch Schadstoffausstoß, Lärm und Unfallgefahr zu verringern und die Straßen vom Verkehr zu entlasten, bietet die Hauptstadtregion vielfältige Möglichkeiten, Modelle für eine zukunftstaugliche Citylogistik umzusetzen.

Mikrohub-Projekt KoMoDo

In allen Citylogistik-Konzepten in Europa finden sich ähnliche Empfehlungen für eine Reduzierung von Verkehr und Emissionen: mehr Kooperationen unter den Logistik-Akteuren, stärkere Sendungsbündelung – auch Dienstleister-übergreifend –, innerstädtische Mikrohubs und mehr Lieferfahrzeuge mit alternativen Antrieben. Das Mikrohub-Projekt KoMoDo, zunächst vom Berliner Senat und dem Bundesumweltministerium gefördert, trägt sich inzwischen selbst. Gestartet war die „Kooperative Nutzung von Mikro-Depots durch die KEP-Branche für den nachhaltigen Einsatz von Lastenrädern in Berlin“ im Juni 2018, im Juni 2019 lief die Förderung aus. Jetzt nutzen die fünf beteiligten Paketdienstleister DHL, dpd, GLS, Hermes und UPS das Mikrodepot gemeinsam weiter. Das Modell macht Schule: „Anlässlich der C40-Konferenz im November 2018 in Berlin haben 30 Gäste aus aller Welt, darunter Bürgermeister internationaler Metropolen, KoMoDo besucht und sich über das Projekt informiert“, sagt Dr. Julius Menge, Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Berlin.

Kritiker bemängeln, dass die Synergieeffekte marginal seien – jedes Unternehmen hat auf dem KoMoDo-Gelände an der Eberswalder Straße einen eigenen Container, die Belieferung erfolgt jeweils mit dem eigenen Lkw. Dennoch überwiegen die Vorteile: Der Raum für Mikrohubs ist knapp, durch die gemeinsam genutzte Fläche reicht ein Hub für fünf. Deshalb muss auch nur ein Verteilzentrum angefahren werden, so dass der Lkw-Verkehr sich auf einer Straße konzentriert. Auch die Sicherheitstechnik für das Depot sowie die Sozialeinrichtungen wie Sanitärräume und Pausenraum werden gemeinsam geplant, finanziert und genutzt.

Feinverteilung mit Lastenrädern

Das größte Umwelt-Plus ist die Feinverteilung mit Lastenrädern statt mit Lieferwagen – die Räder fahren nahezu CO2-neutral, entlasten Fahrbahn und Parkplätze und sind häufig deutlich schneller unterwegs als ein Auto. Auch die unvermeidlich hohe Stopp-Dichte in der Paketzustellung wirkt sich beim Lastenrad auf Verkehrsfluss und Emissionen kaum negativ aus.

Selbstverständlich reicht ein Mikrohub für die Versorgung der Hauptstadtregion nicht aus. Und KoMoDo muss bis Juni 2020 einen neuen Standort finden, da das Gelände in Prenzlauer Berg künftig anders genutzt wird. Doch langsam wächst die Zahl der Verteilzentren in der Stadt, von denen Lastenräder ihre Lieferfahrten starten können. So hat die Zukunftsangelegenheiten GmbH aus Wustermark/Brandenburg inzwischen sieben Mikrohubs mit fünf angeschlossenen Radlogistikern in Berlin aufgebaut, etwa am Hafenplatz Nähe Potsdamer Platz, am Motion Lab in Neukölln und am Bahnhof Berlin-Südkreuz.

Fahrer-App für Radlogistiker

Auch die Cycle Logistics CL, nach dem Zusammenschluss mit Velogista der größte Radlogistiker Berlins, nutzt diese Flächen für die emissionsfreie Auslieferung. Im Mikrohub KoMoDo ist Cycle Logistics mit sechs Leuten im Einsatz. Bei vier Depots und aktuell 25 Cargobikes ist professionelle Disposition gefragt. Um die Effizienz von Cityhubs und Lastenrädern zu optimieren, entwickelt die Zukunftsangelegenheiten GmbH aktuell eine digitale Plattform mit Tourenmanagement und Fahrer-App, die alle angeschlossenen Radlogistiker nutzen können.

Kleine Betriebe aus den Bereichen Kundenservices, mobile Pflege, Same-Hour-Delivery, Essenslieferungen oder Handwerker wie etwa Schornsteinfeger sind die Hauptzielgruppe des Loadster-Herstellers citkar. „Für sie ist unser E-Cargo-Bike eine gute Alternative zum Auto, um auch auf dem Radweg alles wie gewohnt dabei zu haben“, weiß citkar-Marketing-Chef Sven Kindervater. Der Loadster verbraucht 97 Prozent weniger CO2 als Autos mit Verbrennungsmotor und 75 Prozent weniger Energie als ein Elektro-Auto. Seine 663-Liter-Transportbox kann bis zu 100 Kilogramm Last aufnehmen. Zudem ist der Fahrer im Loadster rundum vor jedem Wetter geschützt.

Paketzustellung am Arbeitsplatz

Kooperation und Bündelung als Maßnahme für eine zukunftsfähige Citylogistik liegen auch dem Konzept von vesper zugrunde. Nach einer Studie von PricewaterhouseCoopers (PWC) aus 2017 würden 60 Prozent der Beschäftigten ihre online bestellten Pakete gern an den Arbeitsplatz liefern lassen. Dafür stellt das Unternehmen vesper ein Fahrzeug als mobile Paketstation direkt vor das Gebäude eines Unternehmens, beispielsweise eines Dienstleistungs-, Produktions- oder Handwerksbetriebs. Die dort beschäftigten Mitarbeiter geben bei ihren Online-Bestellungen statt ihrer Privatadresse die von vesper an. vesper nimmt die Pakete aller Zustelldienste im eigenen Warenlager gebündelt entgegen undverteilt sie auf die entsprechenden Transporter. Die Pakete können dann vor oder nach der Arbeitszeit direkt vom Fahrzeug am jeweiligen Firmengelände abgeholt werden; eine SMS oder E-Mail informiert darüber, dass das Paket dort bereit liegt. Finanziert wird der Service von den Unternehmen selbst, die damit zweierlei erreichen: ein gutes Image durch aktiven Umwelt- und Ressourcenschutz sowie Mitarbeiterbindung durch das kostenlose Angebot.

Interdisziplinärer Austausch

Der bundesländerübergreifende Cluster Verkehr, Mobilität und Logistik Berlin-Brandenburg sieht in den verschiedenen Maßnahmen wichtige erste Schritte, um die Verkehrswende in der Region voranzubringen. „Die deutsche Hauptstadtregion ist führend auf dem Gebiet der modernen Mobilität. Wir fördern den interdisziplinären Austausch, um die vielfältigen Ansätze und Impulse zu bündeln“, erklärt Sylke Wilde, Teamleiterin Verkehr, Mobilität und Logistik bei der Wirtschaftsförderung Brandenburg (WFBB). „Im Kern geht es darum, die verschiedenen Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung zu vernetzen. Gerade das länderübergreifende Cluster bietet eine exzellente Plattform dafür.“

• Der Berliner Senat will die Anschaffung eines Lastenrades für die private oder gewerbliche Nutzung jährlich mit 500.000 Euro fördern.

• Vom 24. bis 26. Oktober 2019 findet in Berlin die erste Nationale Radlogistik-Konferenz statt.

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