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Rechte an der Rampe DSLV veröffentlicht Leitfaden

Rampe Foto: ilo

Überlange Wartezeiten, Beladung nur nach Zeitfensterbuchung - schwierig, hier den Überblick zu behalten. Der DSLV veröffentlicht daher einen Leitfaden zu Standgeld, Zeitfensterbuchung und Expressrampen.

Es ging nicht um Computer und auch nicht um einen Mähroboter: Ein Lidl-Angebot der ganz anderen Art hatte die Branche im August vergangenen Jahres in Wallung gebracht. Der Discounter bot Frachtführern erstmals im Rahmen eines Pilotprojekts gegen Geld eine Zeitfensterbuchung inklusive einer schnelleren Entladung in seinen Logistikzentren an.

Der Lidl-Rampenservice ist die Spitze des Trends. Immer mehr Verlader gehen dazu über, Zeitfensterbuchungen einzuführen, um das Aufkommen in ihrem Wareneingang besser steuern zu können. Der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) hat zu den rechtlichen Rahmenbedingungen von Zeitfenster- und Expressrampenbuchungen sowie dem damit verbundenen Thema Standgeld jetzt ein Merkblatt verfasst. „Bei dem Thema Rampe und Zeitfenster ist uns in Diskussionen mit unseren Mitgliedern aufgefallen, dass manche rechtlichen Gegebenheiten und Zusammenhänge nicht bekannt sind. Dies wollten wir mit dem Leitfaden beheben“, sagt Hubert Valder, Rechtsanwalt und stellvertretender Hauptgeschäftsführer des DSLV.

Standgeld für Stillstand des Lkw

Aus Valders Erfahrung ist das Thema Standgeld immer noch der wichtigste Faktor für Transportunternehmen, „weil das Fahrzeug dann unproduktiv ist und der Unternehmer damit kein Geld verdient“. Aber auch der Umgang mit dem Thema Zeitfenster ist laut Valder noch nicht ganz Allgemeingut, „Erfahrungen dazu finden sich auch kaum in juristischer Literatur“. Daher das Merkblatt.

Nicht dem Risikobereich des Spediteurs zuzurechnen sind oft die Ursachen, die an den Rampen lange Standzeiten auslösen – personelle Engpässe im Wareneingang oder Informationsdefizite bei der Lkw-Einfahrt in das Handelslager, beispielsweise ein Logistikzentrum. Zusammengefasst kann der Spediteur – mangels abweichender Vereinbarung – Standgeld nur dann verlangen, wenn die „angemessene Entladezeit“ (definiert in § 412 Abs. 2 HGB) überschritten ist und die Gründe für eine Verzögerung nicht in der Sphäre des Spediteurs liegen. Die abstrakten gesetzlichen Vorgaben lassen laut Valder dabei die Bestimmung einer angemessenen Frist unter Berücksichtigung beispielsweise der Art des Guts, der Ladetechnik und anderer Begleitumstände zu; für diese Entladezeit sei dann keine besondere Vergütung zu verlangen. „Aufgrund der abstrakten Umschreibung bietet sich an, die Klausel durch vertragliche Absprachen zwischen Spediteur und Auftraggeber zu konkretisieren“, schreibt Valder dazu. Weiter führt der Rechtsanwalt beispielsweise aus, von welcher Be- und Entladefrist man im Standard-Lkw-Ladungsverkehr ausgehen könne oder was der Bundesgerichtshof zu dem Thema entschieden habe.

Zeitfensterbuchung ähnlich wie Avisierung

Die Buchung über ein Zeitfenstersystem ist laut Valder rechtlich gesehen nichts anderes als eine neue Form der Avisierung. „Und wer das Thema Avis kennt, kennt in Grundzügen auch die rechtlichen Auswirkungen, die bei einem Zeitfenster-Buchungssystem quasi an den rechtlichen Rahmenbedingungen einer Avisierung gespiegelt werden können.“

Nutzt der Spediteur ein Zeitfenster-Buchungssystem, bindet er sich selbst in dem Sinne, dass er das Ende der Lieferfrist festlegt. Erfolgt die Buchung über einen IT-Dienstleister des Handelsunternehmens, können die Gebühren mangels anderweitiger Vereinbarung im Vertrag nicht dem Auftraggeber angelastet werden. Andererseits ist der Spediteur allein durch den Abschluss eines Speditions- oder Frachtvertrags nicht verpflichtet, das Zeitfenster-Buchungssystem des Empfängers zu nutzen; auch kann der Empfänger dem Transportunternehmen nicht die Nutzung des Systems vorschreiben. Wenn es keine vertragliche Verpflichtung gibt, ist die Nutzung demnach freiwillig.

Kein Zeitfenmster frei=Ablieferungshindernis?

Hat der Spediteur sich allerdings vertraglich zur Nutzung verpflichtet, bucht aber kein Zeitfenster, muss er gegebenenfalls die Kosten für eine zweite Anfahrt tragen und kann bei langen Wartezeiten kein Standgeld beantragen. Klappt eine Buchung nicht, kann dies ein Ablieferungshindernis sein. Dem Spediteur ist „die Buchung eines anderen zur Verfügung stehenden Zeitfensters dann nicht zuzumuten, wenn mit demselben Fahrzeug die Durchführung nachfolgender Touren […] nicht mehr gewährleistet […] ist“. Liegt ein Ablieferungshindernis im Sinne von § 419 HGB vor, muss der Spediteur die Weisung seines Verfügungsberechtigten einholen.

Das Thema Expressrampe ist laut Valder kaufmännisch gesehen das Gleiche wie Standgeld; es gehe darum, unproduktive Wartezeiten zu sanktionieren, allerdings mit einem wesentlichen rechtlichen Unterschied: Während es für Standgeld im HGB eine gesetzliche Anspruchsgrundlage gibt, können Kosten für die Inanspruchnahme einer Expressrampe nur berechnet oder weiterbelastet werden, wenn die Beteiligten hierüber eine vertragliche Absprache getroffen haben.

Handelsgesetzbuch

§ 412 Verladen und Entladen

(1) Soweit sich aus den Umständen oder der Verkehrssitte nicht etwas anderes ergibt, hat der Absender das Gut beförderungssicher zu laden, zu stauen und zu befestigen (verladen) sowie zu entladen. Der Frachtführer hat für die betriebssichere Verladung zu sorgen.

(2) Für die Lade- und Entladezeit, die sich mangels abweichender Vereinbarung nach einer den Umständen des Falles angemessenen Frist bemisst, kann keine besondere Vergütung verlangt werden.

(3) Wartet der Frachtführer aufgrund vertraglicher Vereinbarung oder aus Gründen, die nicht seinem Risikobereich zuzurechnen sind, über die Lade- oder Entladezeit hinaus, so hat er Anspruch auf eine angemessene Vergütung (Standgeld).

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