Profiwissen Direkte und indirekte Sicht

Direkte und indirekte Sicht Foto: Archiv

Der Blick durch die Scheiben und in die Spiegel setzt den Fahrer ins Bild, was außerhalb des Fahrzeugs geschieht. Die Straßenverkehrsordnung fordert ein ausreichendes Sichtfeld unter allen Betriebsverhältnissen.

Wer mit einem Sattelzug auf engem Raum rangiert, wird sich schnell bewusst, wie beschränkt das Sichtfeld aus der Kabine ist. Zwar hat sich in jüngster Zeit bei der Spiegelausstattung einiges verbessert, doch lauern vor allem zur Seite immer noch tote Winkel. Oft behindern auch die Verdeckungen, die sich durch die A-Säulen oder Stege der Seitenscheiben ergeben, die Sicht. Mercedes etwa hat insgesamt neun tote Winkel rund um den Lkw lokalisiert.

Frontspiegel und Frontkameras

Eine Verbesserung, was den Blick direkt vor das Fahrerhaus betrifft, sind Frontspiegel oder Frontkameras, die seit einigen Jahren für Neufahrzeuge vorgeschrieben sind. Grundsätzlich wird die Sicht über die verschiedenen Spiegel oder Kameras als indirekte Sicht bezeichnet. Auch sie ist durch zahlreiche blinde Flecke getrübt. Für Lkw ab 7,5 Tonnen Gesamtgewicht sind an rechter und linker Seite Rückspiegel mit einer bestimmten Wölbung vorgeschrieben. Auf der rechten Seite müssen zusätzlich ein Weitwinkelspiegel und in einer Höhe von mindestens zwei Metern ein sogenannter Anfahrspiegel montiert sein. Die Halterungen der Spiegel sind am Fahrzeug drehbar befestigt. Bei Kontakt mit einem Hindernis müssen sie wegklappen. Dadurch soll sich die Verletzungsgefahr vermindern. Bei den vorgeschriebenen Maßen bleiben die Spiegel unberücksichtigt. So dürfen Fahrzeuge mit angebauten Rückspiegeln beispielsweise die Breite von 2,55 Metern überschreiten.

Über die Normalspiegel links und rechts sieht der Fahrer den rückwärtigen Raum neben der jeweiligen Fahrzeugseite in leicht verkleinertem Maßstab ein. Der Weitwinkelspiegel auf der Beifahrerseite bringt hingegen die rechte Fahrzeugflanke in deutlich kleinerem Maßstab zu Gesicht. Der Fahrer hat somit auch das im Blick, was sich im vorderen Bereich rechts neben dem Fahrzeug abspielt. Der Anfahrspiegel deckt schließlich den Bereich ab, der direkt rechts neben dem Fahrerhaus verläuft.

Weitwinkelspiegel sorgt für eine verzerrte Perspektive

Allerdings hat ein auch noch so exakt geschliffener Weitwinkelspiegel bei der rückwärtigen Orientierung gravierende Schwachstellen. Die abgebildete Perspektive ist extrem verzerrt. Dadurch sind beispielsweise Abstände nur noch schlecht einzuschätzen. Dasselbe gilt für Geschwindigkeiten nahender Fahrzeuge. Der tückische Effekt: Je nach Perspektive erscheinen Bewegungen viel langsamer, als sie tatsächlich sind. Sich nur mit einem Weitwinkelspiegel nach hinten zu orientieren ist daher verboten.

Mit Vorsicht zu genießen sind auch asphärische Spiegel, wie sie oft bei Lieferwagen und Transportern zum Einsatz kommen. Diese Spiegel sind, getrennt durch einen dünnen Strich, in zwei Zonen unterteilt. Die äußere Zone ist stark gewölbt und bietet somit eine Weitwinkelperspektive. Das Sichtfeld ist verglichen mit normalen Spiegeln um 200 Prozent größer. Grundsätzlich ist der weitere Blick nicht verkehrt, allerdings deckt er nicht die gesamte Fahrzeugflanke ab. Der tote Winkel reduziert sich dadurch bestenfalls auf ein leicht verringertes Maß.

Ein neuralgischer Bereich

Die direkte Sicht aus dem Fahrerhaus schreibt ebenfalls die Straßenverkehrsordnung vor. Die einschlägige Regelung bestimmt, dass unter allen Betriebsverhältnissen ein ausreichendes Sichtfeld gewährleistet sein muss. In einem imaginären Halbkreis mit zwölf Meter Radius um den Fahrersitz sind die einzusehenden Flächen definiert. Ein neuralgischer Bereich entsteht dabei, wenn zwischen A-Säule und Rückspiegelhalterung der Durchblick versperrt ist.

Liegen Normal- und Weitwinkelspiegel direkt beieinander – auch wenn sie in getrennten Gehäusen montiert sind – kann beim abwechselnden Blick in beide Spiegel ein ausgesprochen prekärer Effekt eintreten. Das Auge muss dann auf zwei verschiedene Schärfeebenen fokussieren. Da der Fokus im Weitwinkelspiegel wesentlich näher liegt als im Normalspiegel, versucht das Auge durch ständiges Verändern der Brennweite diesen Zustand zu korrigieren. Die Folge können Kopfschmerzen sein, aber auch ein Bild, das vor dem Spiegel unscharf zu schweben scheint.

Kameras können die Sichtverhältnisse zumindest theoretisch verbessern. Doch überfordern sie den Fahrer schnell, da er nicht nur die verschiedenen Spiegel, sondern auch noch einen Bildschirm im Auge behalten und gleichzeitig all diese Informationen verarbeiten, auswerten und richtig zuordnen muss. Effektiver sind akustisch-optische Systeme, die auf Veränderungen im Sichtfeld mit Warntönen aus der jeweiligen Richtung reagieren.

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