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Peter Bal über Trends Wabco treibt Telematik voran

Flottenmanagement von Wabco Foto: Wabco

Peter Bal, Business Leader Fleet Solutions bei Wabco, im Interview über den Wandel in der Telematik und künftige Trends.

trans aktuell: Herr Bal, die vorausschauende Wartung ist in aller Munde. Aber was lässt sich in der Realität wirklich sinnvoll umsetzen?

Bal: Ferndiagnosen auf Basis von Flotten-Management-Systemen, kurz FMS, wie TX-Diagnostix von Wabco liefern Over-the-Air-Bewertungen der technischen Gesundheitsdaten aller Lkw-Marken und -Modelle. Ferndiagnoselösungen scannen und integrieren alle elek­tronischen Fahrzeugdaten wie Motorsteuerungen, Fahrerassistenzsysteme, Bremssysteme, Lenkradschalter, ­Öldrucksysteme, Stromversorgungssysteme, Tachografen, Achsen, Getriebe und Kupplungen.

Aber was bringt es, abgesehen von Daten?

Die Lösungen verbessern die Betriebseffizienz der Flotte erheblich, indem sie diese Daten in Echtzeit auf einem Bildschirm konsolidieren, Probleme schnell identifizieren, Reparaturempfehlungen geben, Wartungsarbeiten planen oder Fahrzeuge für sicherheitskritische Reparaturen in Werkstätten umleiten. Damit tragen FMS dazu bei, die Ausfallzeiten von Fahrzeugen erheblich zu reduzieren.

Und mit Blick auf die sonstigen Kosten?

Disponenten können diese Daten beispielsweise zur Berechnung der Leistung ihrer Fahrer nutzen und konsequent an einzelnen Aspekten wie Bremsverhalten, Leerlauf und Drehzahl arbeiten. Das verbessert nicht nur das Fahrverhalten, sondern auch die Verkehrssicherheit.

Welche weiteren Telematik­anwendungen sollten heute in jeder Lkw-Flotte selbstverständlich sein?

Der Markt erlebt eine sehr schnelle und disruptive Entwicklung. Wir glauben, dass die richtige Plattform, wie sie das Technologieportfolio von Wabco gemeinsam mit branchenführenden Partnern bietet, ein wesentlicher Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Kunden auf diesem Markt sein wird. Und wir arbeiten kontinuierlich daran, dieses Angebot zu erweitern.

Haben Sie hier Beispiele?

Dazu gehören einige wichtige Markteinführungen im vergangenen Jahr, bei denen wir uns auf die Wünsche unserer Kunden nach einem verbesserten Kraftstoffmanagement, einem optimierten Anhängermanagement, Ferndiagnose und einer Lösung für kleine bis mittelgroße Flotten konzentriert haben. Sie alle tragen dazu bei, schlankere, umweltfreundlichere und sicherere Betriebsabläufe zu ermöglichen.

Wie sieht es beim Trailer aus?

Da auf der Suche nach höherer Effizienz auch Anhänger zusehends in den Fokus rücken, haben wir mit TX-Trailerpulse eine neue Überwachungs- und Ferndiagnose­lösung eingeführt. Zusammen mit dem Trailer-Gesundheits­portal TX-Trailerfit kombiniert sie sowohl Trailertracking als auch fortgeschrittene Ferndiagnose zu einem Preis, der einen flottenweiten Einsatz über alle Anhängertypen hinweg ermöglicht. Die Lösung ist direkt mit dem elektronischen Bremssystem, kurz TEBS, des Anhängers verbunden und erfasst und verarbeitet TEBS- und Anhänger-Diagnosedaten über ein webbasiertes Portal.

Sie haben außerdem gemeinsam mit Sioen eine neue Lösung für Trailer …

Ja. Um Ladungsdiebstähle aus Aufliegern zu vermeiden, haben wir kürzlich gemeinsam mit Sioen Industries eine neue, innovative Vernetzungstechnologie vorgestellt. Sioen hat seine Technologie namens Dynatex Protector weiterentwickelt und produziert nun eine intelligente Mehrschichtplane mit leitenden Schichten, die an den Aufliegertüren oder -seiten montiert werden kann. Wabco wird diese Technologie mit TX-Trailerguard kombinieren. So wird automatisch ein Alarm ausgelöst, wenn sich jemand an der Plane zu schaffen macht.

Das funktioniert dann wie?

Fahrer werden über ein akustisches Signal oder eine Benachrichtigung in der Kabine verständigt. Zusätzlich wird eine Meldung in Echtzeit über TX-Connect an das Backoffice gesendet. Außerdem verfolgen wir aufmerksam die ­Implementierung eines 5G-Hochgeschwindigkeitsnetzes.

Was hat es damit auf sich?

Es könnte dazu beitragen, dass der Datentransfer durch geringere Latenzzeit noch schneller und billiger wird und damit die Anwendung großer Datentelematikdienste gefördert wird. Darüber hinaus wird 5G die Datenerfassung in kürzeren Intervallen erleichtern und es uns ermöglichen, in neue Bereiche zu expandieren, etwa in die Überwachung von Bremssystemen.

Wo sehen Sie Unterschiede mit Blick auf die Flottengrößen?

Obwohl sich viele Bedürfnisse kleiner und großer Flotten überschneiden, suchen dennoch die meisten kleinen und mittelgroßen Flottenbetreiber nach einer Lösung, die den Anforderungen ihrer Größe gerecht wird. Auf der Grundlage unserer Branchenkenntnis im Flottenbereich haben wir daher vor fast einem Jahr für diese Zielgruppe die Anwendung Traxee auf den Markt gebracht.

Wie funktioniert diese Lösung?

Mit Traxee bieten wir eine Reihe von Schlüsselfunktionen einer klassischen Premium-FMS-Lösung im App-Format an. Diese Lösung wurde entwickelt, um auch kleine und mittlere Flotten mit den wesentlichen Funktionen auszustatten und ihnen zur Verbesserung ihrer betrieblichen Abläufe Echtzeitinformationen zu liefern. Unsere Telematiklösung für kleine und mittelgroße Unternehmen hilft nicht nur bei der Koordinierung der Flottenkapazität, dem Management der Fahreraktivitäten und der administrativen Effizienz, sondern bietet auch Echtzeit-Statusaktualisierungen zu einzelnen Lastwagen und Fahrern. Gleichzeitig hilft sie Betreibern, die gesetzlichen Anforderungen an die Einhaltung der Fahrtenschreiber in Europa und der Türkei zu erfüllen.

Geht es im Zuge der Digitalisierung bald überhaupt noch ohne Telematik?

Wir schätzen, dass es in der Branche heute eine Effizienz­lücke von einer Milliarde Euro gibt. Diese ist auf Ineffizienzen wie teure, ungeplante Ausfallzeiten, schlecht optimierte Lasten, sich ständig ändernde Vorschriften, unnötig gefahrene Kilometer und die Herausforderungen einer effizienten Verwaltung räumlich entfernter Betriebe zurückzuführen – um nur einige zu nennen. Wir sind davon überzeugt, dass all das vermieden werden kann.

Welche Trends sehen Sie in naher Zukunft?

Die wichtigsten Trends sind bereits seit einiger Zeit bekannt. Da reden wir von geringeren Emissionen, Elektrifizierung, Automatisierung und Konnektivität. Die beiden letztgenannten Trends werden die Hauptantriebskräfte in der globalisierten und urba­nisierten Welt des Jahres 2025 sein. Im Jahr 2025 wird jedes Fahrzeug via Telematik verbunden sein, um die Kraftstoffeffizienz zu erhöhen und jeden Defekt präventiv zu beheben.

Nur die Fahrzeuge?

Auch die Waren werden vollständig vernetzt und das gesamte Transportsystem wird in eine umfassende Logistikkette eingebettet sein. Telematik wird in Zukunft nicht nur an Bedeutung gewinnen, sie wird sogar Standard sein.

Das größte Potenzial liegt doch aber weiterhin bei den Fahrzeugen – oder?

Ja, das Potenzial ist groß und reicht von fortschrittlicher ­Kollisionsvermeidung bis hin zum vereinfachten Auffinden von Parkplätzen. In Verbindung mit dem Internet der Dinge werden Fahrzeuge sowohl untereinander als auch mit der Infrastruktur kommunizieren. Durch die zunehmende Vernetzung werden die Fahrzeuge immer intelligenter, während sich die Infrastruktur und der Straßenverkehr zusätzlich verändern und damit den Weg für autonomes Fahren ebnen.

Aber der Markt ist doch ständig in Bewegung …

Eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahre wird es daher sein, flexibel auf die neuen Anforderungen des Markts zu reagieren und sicherzustellen, dass wir neue Lösungen liefern können, die sofort einsatzbereit sind und einen echten Mehrwert bieten. Deshalb arbeiten wir für die Produktentwicklung eng mit einer wachsenden Zahl von Partnern und Kunden zusammen. In Wirklichkeit befinden wir uns bereits auf dem Weg in eine vernetzte, digitalisierte Welt – eine erstaunliche Welt mit einem ­riesigen Potenzial und mit enormen Auswirkungen auf unser tägliches Leben.

Peter Bal von Wabco Foto: Wabco
Peter Bal, Business Leader Fleet Solutions bei Wabco.

Zur Person

  • Peter Bal ist Business Leader Fleet Solutions EMEA bei Wabco.
  • Er besitzt einen ­Abschluss als Ingenieur und Betriebs­wirt und kam 2007 als Chief Information Officer zum Unternehmen.
  • 2009 wurde seine Posi­tion bei Wabco zum Vice President, Administrative Process Optimization, erweitert.
  • Seit Mai 2017 leitet er die neu geschaffene Geschäftseinheit Digital Customer Services.
  • Diese konzentriert sich auf das globale Wachstum im Segment Flotten­managementlösungen und die Entwicklung digitaler Dienste für neue Kunden und Anwendungen.
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