In der Corona-Pandemie sind Stellenneubesetzungen und -wechsel selten geworden, erklärt Personalexperte Hans-Jürgen Friedrich im trans aktuell-Interview.
Friedrich: Aktuell verhält sich die Transport- und Logistikbranche sehr zurückhaltend bei Neubesetzungen. Die Arbeitgeberseite überlegt genau, ob Einstellungen notwendig sind und vor allem auch möglich. Denn das Instrument der Kurzarbeit ist vielerorts noch sehr verbreitet. Auch die Arbeitnehmer scheuen zurzeit einen Stellenwechsel. Hier spielen die damit verbundenen Risiken eine große Rolle, zum Beispiel eine erneute Probezeit. Deshalb harren viele Arbeitnehmer lieber aus, um zu sehen, wie es mit der Coronakrise weitergeht.
In der Vor-Corona-Zeit gab es in den vergangenen Jahren eine stabile Nachfrage und Wechselbereitschaft bei Unternehmen und Bewerbern. Aktuell halten Unternehmen ihre guten Fach- und Führungskräfte. Und sind auch bereit, auf zusätzliche Forderungen ihrer Mitarbeiter einzugehen. Arbeitnehmer schlagen zurzeit oft gute Angebote aus, um kein Risiko einzugehen. Erkennen Arbeitnehmer allerdings, dass ihr Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät, dann ist die Wechselbereitschaft hoch.
Kann es in Coronazeiten also leichter sein, an Fach- und Führungskräfte zu kommen?Nein. Was wir unseren Kunden sehr deutlich sagen: Die Vorstellung, jetzt in Coronazeiten mal schnell an günstige Fach- und Führungskräfte kommen zu können, ist der völlig falsche Ansatz. Gute Fach- und Führungskräfte lassen sich auf einen solchen Deal nicht ein, und er wäre, würde er zustande kommen, auch nicht langfristig angelegt. Er würde zu keiner vernünftigen Unternehmensbindung führen.
Hat sich bei den Gehältern etwas grundlegend verändert?Die Gehälter orientieren sich am Markt, da hat sich nichts verändert. Demnach ist auch die Annahme, die Bewerber werden jetzt deutlich günstiger, falsch und würde, wie schon erwähnt, ebenfalls zu keiner langfristigen Bindung an das Unternehmen führen.
Wie können Mitarbeiter ans Unternehmen gebunden werden?Ein guter Start im Unternehmen beginnt mit einer guten Einarbeitung und einer klaren Aufgabenstellung, ebenso mit einer sehr guten Feedback-Kultur. Die Erwartungshaltung an den neuen Mitarbeiter muss für beide Seiten klar geregelt sein. Ein fairer Umgang miteinander ist eine essenzielle Voraussetzung. Für junge Mitarbeiter kommt es sehr darauf an, Perspektiven zu sehen, zum Beispiel: Wie kann ich mich im Unternehmen weiterentwickeln? Das Homeoffice nimmt künftig, wo es möglich ist, einen breiteren Raum ein. Bei Führungskräften ist die persönliche Präsenz allerdings unabdingbar.
Welche Fach- und Führungskräfte sind momentan besonders gefragt?Aktuell besetzt unsere Personal- und Unternehmensberatung im Vertrieb der Unternehmen einige Fach- und Führungspositionen. Es werden erfahrene Vertriebsmitarbeiter und Führungskräfte gesucht, um sich breiter aufzustellen. Und um Abhängigkeiten beispielsweise im Automotive-Bereich zu minimieren. Ansonsten wird in der Speditions- und Logistikbranche weiter die gesamte Bandbreite an Fach- und Führungskräften gesucht. Allerdings nicht in dem Umfang wie vor der Krise.
Welche Qualifikationen erwarten die Arbeitgeber momentan?Für Fachkräfte ist eine abgeschlossene Qualifikation in der gesuchten Fachrichtung sehr wichtig, verbunden mit einer Berufserfahrung von mindestens fünf Jahren. Bei Führungskräften ist immer mehr ein Studienabschluss in der jeweiligen erforderlichen Qualifikation gefragt, vor allem auch betriebswirtschaftliche Fachkenntnis. Anerkannt sind auch Fachabschlüsse, zum Beispiel bei der IHK als Betriebswirt oder Verkehrsfachwirt. In beiden Bereichen, also bei Fach- und Führungskräften, ist eine hohe IT-Affinität sehr wichtig. Diese Anforderung wird aktuell bei der Suche von Fach- und Führungskräften deutlich stärker akzentuiert. In beiden Bereichen braucht es bei Fach- und Führungskräften eine ausgeprägte Hands-on-Mentalität und vor allem Teamfähigkeit. Dazu gehört ein konstruktiver Umgang mit den Betriebsräten.
Die Unternehmen suchen verstärkt über alle möglichen Onlineplattformen, teilweise mit neu geschaffenen Rekrutierungsabteilungen. Wir, die Haug und Friedrich Personal- und Unternehmensberatung, betrachten uns als Spezialisten für die Besetzung von Fach- und Führungskräften im Speditions- und Logistikbereich. Wir suchen aufgrund einer genauen fachlichen und persönlichen Profilbeschreibung die passenden Kandidaten in der Direktansprache. Unsere Kandidaten durchlaufen einen umfangreichen Prüfprozess, insbesondere im persönlichen Gespräch. Aktuell gern auch in einem Videocall. Ein umfangreicher Fragenkatalog schärft die Entscheidung für den richtigen Kandidaten. Zusätzlich bieten wir Assessment-Center und gezielte Persönlichkeitstests an. Danach folgen bis zu drei persönliche Gespräche in den Unternehmen bis zur Vorlage eines Vertragsangebots.
Zur Person
- Hans-Jürgen Friedrich, Jahrgang 1955, ist diplomierter Jurist
- Karrierestationen unter anderem als Geschäftsbereichsleiter Logistik von Lidl und Geschäftsführer der Logistik Deutschland von Kaufland
- Mitbegründer und Geschäftsführer der Haug und Friedrich Unternehmensberatung
- Spezialgebiete: Handelslogistik und Koordination von Großprojekten