Wer im Roulette der Warenträger seine Transaktionen im Blick hat, spart sich Ärger und Kosten.
Paletten sind eine gefragte, aber oft unterschätze Ware. Die Vielfalt ist enorm bei Farben, Formen und Materialien: Es gibt sie aus Holz, Metall oder Kunststoff; ganz flach oder extra lang mit Sensoren bestückt oder archaisch einfach und sogar maßgefertigt. Jeder braucht sie, doch die Wertschätzung fehlt ihnen oft.
Dabei gilt auch hier: Damit die Bilanz stimmt und ein Spedieur am Ende des Tages nicht auf den Kosten sitzen bleibt, muss Transparenz her. "Viele Unternehmen wissen aber gar nicht, wie viele Paletten sie verlieren – sei es durch Buchhaltung oder Entgegenkommen bei einem wichtigen Kunden", sagt Bertram Krämer und rät zur Genauigkeit. "Sonst kostet es richtig viel Geld." Der ehmalige Speditions-Abteilungsleiter mit langjähriger Erfahrung in diversen Bereichen kennt die zahlreichen Schnittstellen- und weitere Probleme dabei aus eigener Erfahrung und hat sich als Berater selbstständig gemacht und bietet seine Dienste im Web unter der www.palettenmanagement-info.de an.
Auch die Epal-Akademie bietet Schulungen für das richtige Palettenmanagement an. In dem Tagesseminar werden Steuerfragen, Tauschmodalitäten, Qualitätsgüte und eine gut organisierte Supply-Chain vorgestellt. Bei der diesjährigen Fachpack Ende September in Nürnberg will der Bundesverband Holzpackmittel, Paletten, Exportverpackung (HPE) nach eigenen Angaben eine neue Palettenrichtlinie vorstellen. "Viele Verwender wissen nicht, was sie die Palette kostet", ist auch die Erfahrung von HPE-Geschäftsführer Siegfried von Lauvenberg. Bessere Effizienz sei eine ständige Erziehungsaufgabe, damit die Kosten im Rahmen bleiben, sagte er auf Nachfrage.
Studie zu den Kosten
Eine aktuelle Fraunhofer-Studie rechnet die durchschnittlichen Kosten des Tauschverfahrens vor – für Verlader gerundet 1 bis 1,40 Euro, für Speditionen (2,50 bis drei Euro und für Empfänger 0,30 bis 0,55 Euro. Hieraus ergeben sich laut Berater Krämer Umlaufkosten von knapp fünf Euro pro Europalette, davon seien die Hälfte Ersatz- und Reparaturkosten. „Allein bei einem Paletten-Umlauf von zirka 20.000 Europaletten beträgt der durchschnittliche Verlust bis zu 9.000 Euro“, sagt Krämer.
Für eine bessere Effizienz und sinkende Kosten könnten Speditionen laut Krämer sorgen, indem sie Schnittstellen genau dokumentieren, beteiligte Mitarbeiter schulen und Abteilungen vernetzen, Paletten-Salden abstimmen, Forderungen zeitnah einholen und Unregelmäigkeiten sofort ausräumen.
Der IT-Dienstleister Eurolog bietet Speditionen und Netzwerken im eigenen Rechenzentrum eine Logistikplattform zur genauen Kontrolle von Palettenströmen an. Damit lassen sich Ort und Zustand der Ladungsträger dokumentieren, Kunden und Partner werden eingebunden und Bestände aus Partnersystemen automatisch abgeglichen.
Mehr noch: Ein „Palettenclearing“ ermöglicht es laut Eurolog, Palettenguthaben und -schulden zwischen Speditionen und Logistikdienstleistern auszugleichen. Damit verspricht das System mehr Transparenz und geringere Kosten. Eine Behältermanagement-App mit Scanner-Funktion hilft dabei, die Bestände von unterwegs zu erfassen. Fahrer können sich direkt an der Rampe die Übergabe per Unterschriftenfunktion quittieren lassen.
Unter anderem setzt die Stückgut-Kooperation 24 plus auf das Eurolog-Tool. Sie nutzt es zum Lademittelclearing als sogenanntes Behälter Management System (BMS). Das Clearingtool setzt dabei auf die vorhandene Datenbank von 24 plus mit allen aktuellen und historischen Sendungs- und Packstückdaten auf. Auf Basis der gesendeten Daten wird ein Soll-Bestand automatisch ermittelt und über Meldungen der Partner automatisch fortgeschrieben. Die Partner können manuell weitere abgestimmte Bestände eintragen oder ändern.
Derzeit werden Flachpaletten und Gitterboxen gecleart. Weitere Lademittel, auch kundenspezifische, können jederzeit in das Clearing aufgenommen werden. Zu einem festgelegten Zeitpunkt werden monatlich die gegenseitigen Schuldverhältnisse festgestellt.
"Nach bestimmten Algorithmen werden dann die einzelnen Bestände bestmöglichst verdichtet, sodass nur noch minimale tatsächliche Ausgleichsfahrten mit den kürzesten Entfernungen erforderlich sind", erklärt Peter Baumann, Geschäftsführer von 24 plus. Das Einführen des 24 plus BMS habe sich jedenfalls zu einem echten Mehrwert für die Partner entwickelt. So sein der Verwaltungsaufwand in den Palettenabteilungen signifikant zurückgegangen und auch die Planungssicherheit hinsichtlich der Verfügbarkeit von Lademitteln habe sich erheblich verbessert.
Die Arbeit erleichtern
Für eine Arbeitserleiterung will auch das Dortmunder Fraunhofer Institut IML mit einer neuen Paletten-App sorgen. Im Mai angekündigt, geht sie jetzt rechtzeitig zur Fachpack zunächst im Android-Store online. Die App erkennt Palettenstapel mithilfe einer Smartphone-Kamera, zählt sie und dokumentiert die Übergabe mit Foto, Zeit- und Ortsangabe.
"Die Einschätzung der Qualität und die Mengendifferenzen sind wichtige Schwachstellen beim Palettentausch. So werden Mengen geschätzt, dabei geht schlicht Geld verloren und Missbrauch ist möglich", erklärt Dr. Volker Lange, Abteilungsleiter für Verpackungs- und Handelslogistik am Dortmunder IML. Ziel war eine sichere Lösung für den Prozess zu entwickeln. Nach einer Testphase steht jetzt die Erstversion zur Verfügung, die weiter optimiert wird. Im Laufe von 2016 soll auch die App auch die Palettenqualität dokumentieren können.
Klare Regeln beim Tausch
Kölner Palettentausch: Zug-um-Zug-Tausch bei Direktverkehren, Paletten gehören Spedition (in der Praxis selten)
Bonner Palettentausch: Auftraggeber besitzt Paletten, die Zug um Zug von der Spedition zur Beladestelle zurückgeführt werden. Für jeden Kunden wird ein Palettenkonto angelegt und geführt, Übergaben dokumentiert, Schnittstellen kontrolliert, Bestände überwacht, Salden bestätigt
Regelung zwischen Vertragsparteien in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen (AGB) ist üblich
Vertraglich geregelt ist die Beziehung Auftraggeber–Empfänger und Auftraggeber–Spediteur
Klassifizierung der Euro-Paletten in fünf Qualitätsstufen
Paletten-App
Ziel: Sichere Lösung für Palettentausch
Smartphone-Kamera fotografiert Palettenstapel. App wandelt Bild in Infos um und dokumentiert Anzahl, Zeitpunkt, Ort der Übergabe. Infos über CSV-Format in Excel integrierbar
Testversion ab 29. September im Android-Store erhältlich
In Planung: Qualitätsbewertung soll 2016 kommen
Quelle: Fraunhofer IML