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Offene Briefe und Appelle Energie-Schock: Aufschrei der Verbände

Foto: Jan-stock.adobe.com

Die Not wird größer: Immer mehr Verbände wenden sich angesichts der beispiellosen Preissteigerungen an den Tankstellen an die Politik und die verladende Wirtschaft.

Die Insolvenzgefahr in der Branche wächst. Konstant steigende Diesel- und Gaspreise hätten sich zu einer gravierenden Belastung für die Wirtschaftlichkeit vieler Unternehmen in der Logistikbranche entwickelt. Steigende Stromkosten hätten innerhalb kürzester Zeit auch den Schienengüterverkehr erheblich verteuert, erklären der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) und der Bundesverband Paket- und Expresslogistik (BIEK). In einem gemeinsam Schreiben an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geben sie zu bedenken, dass angesichts dieser extremen Preissprünge ein Überwälzen der Mehrkosten an die Auftraggeber nur teilweise oder erheblich zeitversetzt möglich sei.

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Transportunternehmen sei es nicht möglich, kurzfristig kürzere Zahlungsziele mit ihren Verladern zu vereinbaren. Damit drohten „existenzbedrohende Liquiditätsabflüsse vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen“. Verschwinden Betriebe aus dem Markt, wird sich der Laderaummangel nach Ansicht von DSLV und BIEK in Europa weiter verschärfen. DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster und BIEK-Vorstand Marten Bosselmann bitten den Minister in dem Brief „dringend, sich für eine kurzfristige Unterstützung der Logistikbranche und der gesamten Wirtschaft einzusetzen.“

BGL wirbt für Krisengipfel

Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) hat derweil einen weiteren Hilfeschrei in Richtung Politik ausgestoßen. Vorige Woche hatte es BGL-Vorstandssprecher Prof. Dr. Dirk Engelhardt damit bis in die Tagesschau und auf die Seite 1 der Bild-Zeitung gebracht. „Das mittelständische Transport- und Logistikgewerbe befindet sich aktuell im Existenzkampf und ist mit Herausforderungen in einem bisher nicht gekannten Ausmaß konfrontiert“, bekräftigte der BGL in einer Mitteilung am Dienstag. Er fordert einen sofortigen „Krisengipfel Mittelstand“ unter Leitung des Bundeswirtschaftsministeriums, eine temporäre Entlastung bei den Preisen für Diesel und Gas, verkürzte Zahlungsziele durch die Auftraggeber sowie eine monatlich oder idealerweise wöchentliche Aktualisierung der Preisindizes durch das Statistische Bundesamt (Destatis). „Sonst entfalten die Preisgleitklauseln ihre Wirkung deutlich zu spät.“

Worauf es hier genau ankommt, geht aus einem offenen Brief des Landesverbands des Berliner und Brandenburger Verkehrsgewerbes (LBBV) hervor. Derzeit erhebe Destatis die Preise zur Berechnung der Indizes monatlich und veröffentliche sie mit einer Verzögerung von etwa einem Monat. Das führe bei einem vereinbarten Dieselfloater zu einem Zeitverzug zwischen sechs und acht Wochen. Destatis müsse daher angewiesen werden, die Preisindizes zur Dieselpreisentwicklung wöchentlich zu ermitteln und wöchentlich zu veröffentlichen. Nur dann könne ein Floater zeitnah greifen. Der LBBV führt sieben Punkte auf, die für eine Entlastung der Unternehmen unabdingbar seien. An erster Stelle steht die temporäre Einführung eines verbilligten Gewerbediesels. Der Staat müsse die Differenz zu 1,30 Euro netto pro Liter vorübergehend ausgleichen.

Fristverlängerung bei Nachweis der Fahrerqualifikation

Wie der BGL plädiert auch der LBBV für verkürzte Zahlungsziele auf zwei Wochen und einen Rettungsschirm für LNG-Flottenbetreiber. Weiterhin fordert er ein Soforthilfeprogramm für das Transportlogistikgewerbe, das Gewähren von steuerfreien Prämien für Mitarbeiter bis zu einem Betrag von jeweils 1.500 Euro auch in diesem Jahr und eine Fristverlängerung beim Nachweis der Fahrerqualifikation mindestens bis Ende 2022, um bereits pensionierte Fahrer unbürokratisch in den Beruf zurückzuholen.

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Andere Landesverbände wenden sich gezielt an ihre Landesregierungen – so auch die beiden bayerischen Transport- und Logistikverbände LBS und LBT, die den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) um Hilfe bitten. Sie verlangen eine sofortige Aussetzung der Energiesteuern. Nur so könne zeitnah und effektiv eine schnelle Entlastung der Logistikwirtschaft und von Millionen Arbeitnehmern erreicht werden, die auf den Pkw angewiesen seien.

„Ziehen Sie die Spritpreisbremse bitte zeitnah und nachhaltig, es geht um die Existenzen zahlreicher mittelständischer Betriebe und ihrer Arbeitnehmer“, appellieren LBS-Geschäftsführerin Sabine Lehmann und LBT-Hauptgeschäftsführer Sebastian Lechner.

Auch die niedersächsischen Transport- und Logistikunternehmen haben sich in einem Brandbrief über ihren Gesamtverband an ihre Landesregierung gewandt. Der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) appellierte an Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), Landeswirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann (CDU) sowie die Landtagsabgeordneten Stefan Birkner (FDP) und Julia Willie Hamburg (Grüne), sich in Berlin um schnellstmögliche Hilfe bei der Reduzierung der Mineralölsteuer einzusetzen. „Wegen der stark steigenden Preise für Diesel ist die finanzielle Belastungsgrenze vieler Verkehrsunternehmen überschritten. Wir sind sehr enttäuscht, dass bislang keinerlei Signale seitens der Politik kommen“, erklärte GVN-Präsident Mathias Krage.

VSL Baden-Württemberg: Es droht kein Kollaps

Der Verband Spedition und Logistik Baden-Württemberg (VSL) wiederum setzt einen deutlichen Kontrapunkt zum BGL. Er pflichtet ihm in vielen Punkten bei – allerdings nicht in dessen Warnung vor einem Kollaps. „Wir möchten die Logistikbranche nicht als eine sich permanent am Abgrund bewegende Branche darstellen (weil es nicht so ist), die permanent den Versorgungskollaps für Bevölkerung und Wirtschaft prognostiziert und damit die eigene Ohnmacht“, erklären VSL-Präsident Karlhubert Dischinger, VSL-Vizepräsident Roland Rüdinger und VSL-Geschäftsführer Andrea Marongiu.

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