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Neuer Preisindex von DKV Preisverfall auch im Kontraktmarkt

Foto: Montage: Oswin Zebrowski, Foto: Matthias Rathmann

Die Preise sind nicht nur im Spot-, sondern auch im Kontraktmarkt unter erheblichem Druck, wie Prof. Wolfgang Stölzle im Interview mit der Fachzeitschrift trans aktuell berichtet. DKV Euro Service bringt zusammen mit dem Wissenschaftler den neuen DKV Transport Price Index heraus.

trans aktuell: Herr Professor Stölzle, gemeinsam mit dem Tankkartendienstleister DKV Euro Service bringen Sie in diesen Tagen einen neuen Transportpreisindex auf den Markt: den DKV Transport Price Index. Warum braucht es einen weiteren Index?

Prof. Stölzle: Es gibt in der Tat einige bestehende Produkte. Mit ihnen haben wir uns intensiv auseinandergesetzt. Eines der Defizite: Keines der Produkte dokumentiert zeitnah die kurzfristige reale Preisentwicklung auf Basis großer Datensätze in verschiedenen Segmenten. Der DKV Transport Price Index schließt diese Lücke und bietet eine belastbare, neutrale Grundlage zur Entscheidungsunterstützung.

Kommt das Instrument nicht zur Unzeit, wo die Preise am Boden liegen? Es steht zu befürchten, dass manch ein Verlader mit dieser realen Preisentwicklung zusätzlichen Druck auf seine Transportdienstleister ausübt.

Wir sagen nicht: Unser Index ist die einzige Basis, auf der Entscheidungen zu treffen sind. Außerdem ist es uns wichtig, dass wir nicht reale Preise, sondern die Preisentwicklung ausweisen und diese immer auch kommentieren.

Foto: Hermann Winner
Prof. Dr. Wolfgang Stölzle will mit dem neuen DKV Transport Price Index Orientierung geben.

Zur umfassenden Abrundung der Entscheidungsunterstützung ergibt eine ergänzende Analyse der Kostenentwicklung Sinn. Einen Kostenindex gibt es in Deutschland zum Beispiel beim BGL, in der Schweiz bei der Astag. Um es klarzustellen: Wir sind die Allerletzten, die sich für Dumpingpreise einsetzen! Nichts wäre schädlicher für den DKV Euro Service und für einen neutralen Logistik­experten, als sich auf nur eine Marktseite zu stellen.

Wie stellen Sie sicher, dass Ihrer Berechnung auch reale Preise zugrunde liegen?

Wir beziehen die Daten ­quasi in Echtzeit bis zum Zehnten eines Monats. Die Veröffentlichung planen wir wenige Tage später zur Monatsmitte. Die Informationen stammen von Datenprovidern. Dazu zählen Dienstleister ebenso wie Verlader. Es handelt sich um einen Big-Data-Ansatz: Eine nahezu siebenstellige Zahl an Daten läuft bei unserem Spin-off ein und wird unter Beachtung eines Sicherheitskonzepts ausgewertet.

Und inwiefern bringen Sie Ihre Expertise als Wissenschaftler ein?

Die anonymisierten Daten werden aufbereitet und validiert. Sie werden also auf Plausibilität geprüft, indem wir Ausreißer nach oben und unten hinterfragen. Der methodische Ansatz ist dann die wissenschaftliche Komponente dabei. Alles läuft nachvollziehbar, transparent und sauber ab – ich habe einen Ruf zu verlieren und kann es mir nicht erlauben, mich hier zu verhauen.

Aber Sie können ja nicht alle Transportsegmente über einen Kamm scheren …

Deswegen stellen wir die Preisentwicklung in einzelnen Teilmärkten in Deutschland dar – zunächst im Bereich FTL/LTL, dort neben dem Spotmarkt auch den Kontraktmarkt, sowie dem KEP-Markt. Ende 2020 wird der Stückgutmarkt dazukommen, danach für diese Marktsegmente geografisch Österreich und die Schweiz mit entsprechenden grenzüberschreitenden Verkehren, perspektivisch ganz Europa. Wir haben also ein straffes Ausrollprogramm. Und zu guter Letzt lässt unser Algorithmus eine Prognose über verschiedene Zeiträume zu – in hochvolatilen Zeiten ist das sehr wichtig.

Gibt es Erkenntnisse aus der Preisbetrachtung, die Sie überrascht haben – außer natürlich das extrem niedrige Frachtenniveau insgesamt?

Tatsächlich gibt es eine sehr überraschende Erkenntnis: Der Kontraktmarkt bricht seit dem Frühjahr viel stärker ein als der Spotmarkt. Das ist ein interessantes Phänomen, weil meistens ja über den Preisverfall am Spotmarkt berichtet wird. Es wird im Kontraktbereich gerade sehr viel neu ausgeschrieben, wohl auch, um die aktuelle Marktentwicklung mitzunehmen. Noch laufende Verträge werden zudem nachverhandelt oder außerordentlich gekündigt. Eine wirklich schwierige Situation für viele Dienstleister.

Ihre Einschätzung: In welchen Segmenten sind die Frachten in der Coronazeit am stabilsten?

Spezialmärkte laufen oft noch recht stabil – zum Beispiel die Bereiche Tiefkühl- oder Gefahrgut, wo es weniger Dienstleister am Markt sowie hohe Einstiegsbarrieren gibt. Aber das heißt nicht, dass sich die Preise dort grundsätzlich anders entwickeln. Wie gesagt: Zum eigentlichen Preisniveau machen wir keine Aussage. Wir zeigen mit dem Instrument, wie sich die Preise von einem angenommenen normierten Niveau aus zeitlich entwickeln. Damit es hier nicht zu Fehlinterpretationen kommt, werden wir mit der Veröffentlichung Ihren Lesern auch Erklärungsangebote an die Hand geben.

Zur Person

  • Wolfgang Stölzle ist seit 2004 Professor für Logistik­management und seit 2018 geschäftsführender Direktor am Institut für Supply-Chain-Management an der Universität St. Gallen in der Schweiz.
  • Der 57-Jährige ist zudem ehrenamtlicher Geschäftsführer der Logistics Advisory Experts, eines Spin-offs der Universität St. Gallen, das unter anderem den DKV Transport Price Index zusammen mit dem DKV Euro Service auf den Markt bringt. Im Rahmen des Eco Performance Awards hat sich bereits seit 2006 eine strategisch angelegte Zusammen­arbeit mit dem DKV Euro Service etabliert.
  • Zudem ist Professor Stölzle Mitglied mehrerer wissenschaftlicher Beiräte, unter anderem des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur.
  • Derzeit verbringt der Wissenschaftler ein Forschungs­semester in Schweden, wo er besonders auf die Verkehrsmittel Wohnmobil (zugleich Mobile Office) und Crossbike zugreift. Stölzle ist verheiratet und hat zwei Söhne.
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