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Neuer Eigentümer ab 1. September Bund verleibt sich Toll Collect ein

Aufstellung Schild Toll-Collect Foto: Joerg Koch/Toll Collect

Zum 1. März soll Toll Collect in neue Hände kommen. Bis dahin rückt der Mautbetreiber unter das Dach des Bundes.

Komplexer kann es kaum werden: Am 31. August zieht Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die Call Option, damit läuft der jetzige Lkw-Maut-Betreibervertrag aus. Vom nächsten Tag an, dem 1. September, wird der Bund selbst Mautbetreiber sein. Dann übernimmt er von den bisherigen Eigentümern Telekom, Daimler und Cofiroute die Geschäftsanteile an Toll Collect. Und dann gilt „ein vollständig neues Vertragsregime“, wie das Bundesverkehrsministerium (BMVI) in seiner Antwort auf eine Kleine Bundestagsanfrage wissen lässt.

Wie aber dieses neue Vertragsregime aussieht, konnte das Ministerium noch nicht mitteilen. Kein Wunder, denn beide Seiten streiten noch. Während die Toll Collect-Geschäftsführung auf Basis des bisherigen Betreibervertrages weitermachen möchte, will das Verkehrsministerium bereits den neuen Betreibervertrag, der vom 1. März nächsten Jahres an ohnehin gelten soll, als Übergangslösung installieren. „Wenigstens große Teile daraus“, heißt es im BMVI. Wie verlautet, unterscheiden sich beide Verträge vor allem in der Risikoverteilung. Ebenfalls noch nicht entschieden ist dem Vernehmen nach, wer vom 1. September an als Vertreter der Bundesregierung in die Toll Collect-Geschäftsführung eintreten wird.

Staatssekretär Schulz: Für die Mitarbeiter von Toll Collect ändert sich wenig

Die Vorbereitungen für den Eigentümer-Übergang bei Toll Collect laufen seit Wochen auf Hochtouren. So haben Staatssekretär Dr. Gerhard Schulz und seine Mitarbeiter bereits mehrere Gespräche mit den Eigentümern und der Geschäftsführung geführt. Am 20. Juli hat Schulz ergänzend einen Brief „zur Beruhigung der Lage“ an die „lieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Toll Collect GmbH“ geschrieben. Für den Bund gehe es in der Interimsphase zunächst um die Sicherung der Mauteinnahmen, um die Aufrechterhaltung und Stabilisierung des erweiterten Mautsystems und um die Umsetzung der Tarifanpassung zum 1. Januar 2019, versichert der Staatssekretär. “Für Sie als Mitarbeiter soll sich durch den Eigentümerwechsel möglichst wenig ändern.“ Angekündigt wird in dem Schreiben in Abstimmung mit dem Betriebsrat eine Betriebsversammlung noch im August, bei der sich die staatlichen Übergangs-Eigentümer vorstellen wollen. Wie verlautet, wird dabei auch Minister Scheuer auftreten.

Parallel zu diesem Prozedere muss der Minister den Weiterverkauf von Toll Collect regeln. Denn der Bund will ja „voraussichtlich“ nur sechs Monate lang Eigentümer und Betreiber sein und das Geschäft zum 1. März 2019 an einen neuen Bieter abgeben. So jedenfalls hat es das Verkehrsministerium immer wieder beteuert. Das Ausschreibungsverfahren dafür läuft, die Entscheidung über den beziehungsweise die neuen Toll Collect-Eigner und den dann geltenden Betreibervertrag ab 1. März 2019 soll bis Ende diesen Jahres fallen.

Der Mautauftrag ist nach Schätzungen rund zwölf Milliarden Euro schwer

Noch im Rennen um den schätzungsweise rund zwölf Milliarden Euro schweren Mautauftrag sind dem Vernehmen nach die Konsortien Telekom/Vinci (Frankreich), Continental/IBM/Abertis (Spanien), Atlantia/Autostrada Tech (Italien) und die PPF-Group aus Tschechien zusammen mit der slowakischen Firma Sky Toll. Eine offizielle Bestätigung über die Zahl der Interessenten und Bieter, die nach zwei Verhandlungsrunden im Juli und September 2017 am 28. November 2017 zur Abgabe endgültiger Angebote aufgefordert worden waren, gibt es nicht. Die zunächst geplante rechtliche Trennung von Schiedsverfahren und operativem Mautbetrieb sowie die mittlerweile erfolgte Einigung in den Schiedsverfahren machten eine Anpassung der Vergabeunterlagen erforderlich, so dass die Frist zur Abgabe der endgültigen Angebote bis zum 27. September verlängert wurde.

Der Zuschlag in diesem Vergabeverfahren soll dann auf das wirtschaftlichste Angebot anhand der Kriterien Preis (70 Prozent) und Qualität (30 Prozent) bis Ende diesen Jahres erteilt werden. Die Übertragung der Toll Collect-Geschäftsanteile an den erfolgreichen Bieter soll, wie erwähnt, zum 1. März 2019 erfolgen, die Laufzeit des neuen Betreibervertrages soll bis 2030 reichen. Erfahrungen anderer Länder hätten gezeigt, dass der Betrieb des Mautsystems durch einen privaten Betreiber wirtschaftlicher sei, als der Eigenbetrieb durch den Bund. Die Wirtschaftsprüfer von KPMG haben das BMVI beim Vergabeverfahren begleitet. Das Verfahren wird auch durch den Bundesrechnungshof untersucht.

In dem Zusammenhang erwarten Berliner Beobachter zum Jahresende noch eine politische Debatte darüber, ob am Ende nicht doch der Bund der geeignetere Mautbetreiber wäre und Toll Collect nicht besser im Rahmen der neu entstehenden Infrastrukturgesellschaft des Bundes für Autobahnen (IGA) geführt werden sollte. Jedenfalls gibt es im sommerlich aufgeheizten Berlin kaum jemanden, der eine solche Lösung gesichert ausschließen würde – erst recht nicht nach den jüngst erneut publizierten Vorwürfen über Abrechnungsunregelmäßigkeiten bei Toll Collect.

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