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Neuer Cargobull-Telematics-Chef Lannoije stellt Weichen für Zukunft

Marnix Lannoije, Geschäftsführer Cargobull Telematics Foto: Schmitz Cargobull; Montage: Monika Haug

Als Geschäftsführer von Cargobull Telematics setzt Marnix Lannoije auf eine langfristige Strategie bei der Trailer-Telematik.

Herr Lannoije, mit welchen Aspekten der Digitalisierung haben Sie sich bislang als Head of Electric & Electronic System Engineering bei Schmitz Cargobull beschäftigt?

Lannoije: Erstmal habe ich schnell festgestellt, dass sich Schmitz Cargobull sehr früh auf die Digitalisierung des Fahrzeugs eingestellt hat und mit einem hohen Anteil eigener Software und Hardware sowie IoT-Kompetenz die Produkte sehr effizient ins Feld gebracht hat. Die Softwareaktualisierung über eine Funkschnittstelle ist bei Schmitz Cargobull zum Beispiel bereits seit 15 Jahren möglich. Schritt für Schritt breiten wir Firmware auf unsere eigene Electronic Control Unit, kurz ECUs, aus. In Zukunft werden wir dies auch als Gateway für unsere Lieferanten ermöglichen. Schmitz Cargobull ist bekannt für die Entwicklung sehr robuster Elektronik, eine wichtige Voraussetzung für die weitere Vernetzung.

Was bedeutet das auf Kundenseite?

Die großen Verlader haben sich für die Digitalisierung aufgestellt. Sie rüsten sich mit Big-Data-Scientists auf, um die Logistikkette mit erhöhter Geschwindigkeit zu digitalisieren und tauschen sich gerne mit Schmitz Cargobull hierüber aus. Die Transport- und Lieferprozesse unserer Kunden und Verlader mit unseren Leistungen aktiv zu unterstützen hat für uns höchste Priorität.

Das gilt aber schon länger …

Zusammen mit Dieter Honkomp, der den Grundstein der Digitalisierung des Trailers bei Schmitz Cargobull gelegt hat, haben wir 2019 mit der Gründung der Abteilung E/E Systemengineering einiges umgesetzt: Wir haben im Schmitz-Cargobull-Konzern eine zentrale Produktstrategie für vernetzte und skalierbare elektrische und elektronische Systeme für unsere Baureihen und Werke geschaffen

Sie sind jetzt in Personalunion auch Geschäftsführer von Cargobull Telematics. Wächst da zusammen, was zusammengehört?

Definitiv. Der Telematikmarkt befindet sich in einer klaren Konsolidierungsphase und ist gleichzeitig technologisch höchst dynamisch. So gehört die schnelle Evolution der Mobilfunknetzwerke kombiniert mit der Wahl der richtigen LTE-Technologie für alle Regionen der Welt zu den aktuellen Herausforderungen. Schmitz Cargobull stellt sicher, dass die Trailer eine langfristige Investition für unsere Kunden sind. Der Trailer selbst, die elektronische Hardware und die over-the-air Software-Updates garantieren eine lange Nutzbarkeit.

Das heißt, Sie richten die Software-Architektur darauf aus?

Ja, die zukunftsorientierte Architektur der Backend-Technologie muss ebenso beleuchtet werden wie Fragen der Anbindung von Komponenten. Dabei gilt es immer abzuwägen, ob auf eine eigene Entwicklung, auf Kooperationen oder eine Mischung aus beiden gesetzt wird. Die Führung eines derartigen Geschäftes verlangt neben dem kaufmännischen auch ein tiefes technisches Verständnis, um schnell den Weg für das Unternehmen auszuarbeiten, zu entscheiden und die Umsetzung zu verfolgen.

Ist die Kombination an Aufgaben nicht eine kaum zu stemmende Doppelbelastung?

Ich muss zugeben, dass ich gezögert habe, weil der Aufbau der Electric & Electronic System Engineering noch im vollen Gange ist. Jetzt kommt das Geschäft der Telematik als Geschäftsführer der Cargobull Telematics und als Produktlinienleiter Service mit Full Service on top. Die Kolleginnen und Kollegen aus der Abteilung Human Resources haben mich hervorragend im vergangenen Jahr unterstützt, um die notwendige Personalstruktur nachhaltig zu bilden.

Das heißt?

Frühzeitig haben wir zusammen mit den Gruppenleitern deren Arbeitsbereiche und Verantwortlichkeiten bestimmt, was mir wieder Luft verschafft hat. Mein Kollege, der langjähriger technischer Leiter der Cargobull Telematics und jetzige Leiter der Abteilung E/E Systems Engineering & Platforms, Dieter Honkomp, steht mir tatkräftig zur Seite. Zusammen sind wir sehr schlagkräftig. Nur diese frühen Maßnahmen und unsere gute Zusammenarbeit ermöglichen es, dass ich die neue Rolle übernehmen kann. Auch sind die sehr kurzen Wege zum gesamten Vorstand eine große Hilfe. Kurzfassung: Man wächst an seinen Herausforderungen.

An welchen Stellen sehen Sie Potenzial für Synergien?

In der Systementwicklung war und bin ich für Produktstrategien und -freigabe für alle E/E Themen zuständig. Diese Rolle bietet viele Synergien mit dem technischen Produktmanagement von Cargobull Telematics Geschäft und Technik müssen sich deshalb nicht lange abstimmen und in Terminen bei Kunden kann ich gleich abschätzen und entscheiden und hierdurch schnell auf Kundenanforderungen und deren mögliche Umsetzung eingehen.

Gibt es auch Beispiele für neue Lösungen?

Bereits bekannt ist, dass unsere neue e-Achse mit unserem neuen rein elektrischen Kühlgerät emissionsfrei und fast geräuschlos bald in unseren Städten fahren wird. Selbstverständlich voll vernetzt über unsere Konnektivität und unser Backend. Die Versuche am Prüfstand, sowie System- und Dauerlauftest sind zwar durch Corona ein wenig verzögert worden, aber noch im vollen Gange.

Wann geht’s los?

Im vierten Quartal dieses Jahres starten die Versuche mit Pilotkunden. Wir setzen konsequent auf unser 100% Smart Lösung und werden auch andere Baureihen standardmäßig mit Schmitz Cargobull Konnektivität ab Werk ausstatten. Dabei werden durch die Trailerkonnektivität neue Lösungen für Remote Control der Trailerfunktionen, die Überwachung des Ladungszustands und des Anti-Diebstahl-Bereichs an Wichtigkeit zunehmen. Bei der Entwicklung neuer Lösungen kooperieren wir auch mit anderen Herstellern. Unsere offene Datenschnittstelle steht ihnen zur Verfügung und ermöglicht einen problemlosen Datenaustausch.

Wie steht es mit der Zusammenarbeit mit ihrem Tochterunternehmen, der Ideenschmiede Kubikx, aus?

Die Zusammenarbeit mit Kubikx ist sehr befruchtend. Wir tauschen uns wöchentlich aus, und dies nicht nur auf Powerpoint-Ebene. Vielmehr schauen wir auch auf konkrete Produkte, die im kommenden Jahr auf die Straße kommen sollen. Dabei gibt es eine feste Rollenverteilung: Die Aktivitäten von Cargobull Telematics dienen immer dem Kerngeschäft von Schmitz Cargobull, die Aktivitäten von Kubikx haben eher die gesamte Supply Chain im Fokus. Die Abgrenzung ist daher gut einzuhalten.

Trailertelematik ist vor allem in Kühlkoffern Standard. Was sind hier die Trends?

Als innovativer Trailer-Hersteller müssen wir das Problem der Datenkonsolidierung für unsere Kunden lösen. Wir stellen unsere Schnittstelle offen zur Verfügung. Zurzeit werden Millionen Beträge auf allen Seiten in eine Vielzahl von Schnittstellen investiert. Dieser Fragestellung sind sich alle führenden OEM mit eigener Telematik bewusst. Ich denke hierbei, dass eine Standardisierung für alle eine Hilfe ist, um neue Abnehmer der Daten mit innovativen Ideen zu ermöglichen und hierdurch das gesamte Ökosystem Transport- und Logistik stärker wachsen zu lassen.

Was noch?

Wir sehen nach wie vor die wachsende Nachfrage nach assetbezogen Trailerdaten. Dies vor allem bei Transportfirmen, die die Trailerdaten direkt in ihr eigenes ERP-System übermitteln. Im Gegensatz dazu schätzen die kleineren Transportfirmen weiterhin eine Telematikplattform wie unser Trailer-Connect-Portal. Viele unserer Kunden und deren Kunden, die Verlader, legen den Fokus auf ladungsbezogene Daten. Der Zustand des Trailers ist dann eher sekundär. Hier gilt es, Informationen der Ladung in sehr hoher Qualität und Güte direkt in deren ERP-System zu spielen.

Wie sieht es aktuell mit der Verbreitung der Telematik in anderen Aufliegern aus?

Wir bieten Telematik jetzt schon nicht nur in Kofferfahrzeugen an, sondern auch im Curtainsider und im Kipper. Und das mit höchster Zuverlässigkeit und kostenoptimiert durch den Einbau ab Werk. Telematikdaten und vernetzten Fahrzeugfunktionen gehören die Zukunft. Daher setzen wir stringent unser sogenanntes 100% Smart Programm und werden unsere Trailertelematik Trailer Connect in naher Zukunft auch in weiteren Fahrzeugtypen in den Standard nehmen. Ich glaube auch, dass unsere Marktbegleiter uns hier wieder folgen werden, ausgehend von der Marktentwicklung bei Kofferfahrzeugen und Kühlgeräten.

Gibt es hier mit Blick auf Europa Unterschiede in den Ländern?

So vielseitig wie die Waren, die mit unseren Trailern transportiert werden, sind auch die Anforderungen an die Trailer. Dabei sind durch die Europäische Union und den gemeinsamen Binnenmarkt mit offenen Grenzen, die meisten Technologiefragen standardisiert. In unserem Fokus steht jedoch der Kundennutzen. Hier unterscheiden sich unsere Kunden, auch nach geografischer Lage in Europa stark, da sie ihre jeweiligen Standards mit unterschiedlichen Geschäftsprozessen umsetzen. Durch unsere vielseitige Baukastenlösung können wir jedoch die Trailer den individuellen Kundenwünschen anpassen.

Welche Trends stellen Sie bei der Telematik fest?

Auf dem Telematikmarkt herrscht ein starker Preiskampf. Es ist jedoch deutlich zu beobachten, dass das Qualitätsbewusstsein in Bezug auf die eingesetzte Hardware aber auch in Bezug auf die Verfügbarkeit von Daten steigt. Unsere Philosophie als Premium-OEM konzentriert sich auf die Reduzierung von Redundanzen, wie beispielsweise bei unserer Single-Gateway-Strategie. Nur so lassen sich signifikant Kosten sparen bei gleichbleibender Qualität und Zuverlässigkeit.

Können Sie zudem einen Blick in die Zukunft werfen?

Kurzfristig wird meiner Meinung nach Datenkonsolidierung und Standardisierung zunehmen, da die Wichtigkeit der Trailer und auch Truckdaten zur Unterstützung der Geschäftsprozesse unserer Kunden mehr in den Vordergrund rücken. Neben den bekannten Themen wie Überwachung, Absichern und Verfolgung der Ladung gewinnt die Automatisierung im und um den Trailer mehr an Bedeutung. So kann sich der Fahrer auf seine Kernkompetenz, das Fahren, konzentrieren und wird bei unterstützenden Prozessen aus der Hauptverantwortung genommen. Spannend bleibt die Frage, welche Rolle die Trailer-Hersteller bei der Elektromobilität und dem autonomen Fahren einnehmen wird. Wir bereiten uns vor, um Kunden und Lkw-Herstellen einen Trailer zu bieten, der autonomes Fahren ermöglicht.

Zur Person

  • Marnix Lannoije hat zum 1. April 2020 die Geschäftsführung von Cargobull Telematics übernommen
  • Der 44-Jährige ist in Personalunion Head of Electric & Electronic System Engineering-Products bei Schmitz Cargobull
  • Nach dem Studium (Master in Elektro-Mechanik/Mechatronic) arbeitete Lannoije in Entwicklungsprojekten unter anderem für Tyco Electronics, Audi und Bombardier Transportation
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