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Mathematisches Modell für Logistikabläufe Impfstofflogistik für Mittelständler

Foto: fotolia / Mariano N. Ruiz, vege, Montage: Monika Haug

Adrian Weiler vom Softwareanbieter Inform über IT-gestützte Impfstofflogistik und wie auch Mittelständler sich Aufträge ergattern können.

trans aktuell: Herr Weiler, was macht Impfstofflogistik aus IT-Sicht so interessant? Und kann die IT helfen, dass auch KMU entsprechende Aufträge bekommen?

Adrian Weiler: Die Impfstofflogistik ist eine ganz besondere Herausforderung, weil sowohl der Transport als auch Lagerung und Umschlag ganz viele Planungsentscheidungen erfordern und hochkomplex sind. Hinzu kommt, dass die Stellen, die für die Versorgung mi dem Covid-19-Impfstoff zuständig sind, nicht unbedingt über das nötige Knowhow in vollem Umfang verfügen. Ohne mathematische Unterstützung ist das professional und in vollem Umfang nicht zu leisten.

Haben deswegen die großen Logistikdienstleister zuerst den Zuschlag erhalten?

Große Logistikkonzerne haben eine eigene Gruppe, die sich mit mathematischen Modellen beschäftigen. Mittelständische Unternehmen haben dafür kein Personal und werden daher in die Rolle des Zulieferers gedrängt. Wir von Inform haben einen Vorschlag, um die KMU entsprechend zu unterstützen.

Foto: Inform
Adrian Weiler, Geschäftsführer des Softwareanbieters Inform aus Aachen.
Wie sieht das Angebot von Inform aus?

Ein mittelständischer Logistiker, der sich beispielsweise auf Pharmatransporte spezialisiert hat, kann uns mit den Planungen und Simulationen für eine Impfstofflogistik beauftragen. Das Unternehmen stellt uns seine Daten zur Verfügung – etwa in Form von Excel-Dateien – und wir füttern das unseren Algorithmen, die in der Cloud gehostet werden. Wir rechnen dann die verschiedenen Szenarien durch und diskutieren die Ergebnisse mit dem Unternehmen. Damit agieren wir also nicht wie üblich als Softwareanbieter, sondern als Dienstleister.

Ist denn die Informationslage so gesichert, dass sich Daten erheben lassen?

Klar ist, dass die Datenlage für Dienstleister unsicher ist, weil noch unklar ist, welche Impfstoffe wo eingesetzt werden und was die Anforderungen der einzelnen Stoffe sind. Noch haben insgesamt 20 Hersteller ihren Covid-19-Impfstoff noch gar nicht auf den Markt gebracht, was zu einer großen Unsicherheit in der Supply Chain führt. Das ist alles einer großen Dynamik unterworfen. Aber gerade in einer unsicheren und dynamischen Entscheidungssituation wie jetzt braucht man ein mathematisches Modell.

Wie sieht das aus?

Das Modell hilft dabei, etwa Logistikabläufe mit einem Computermodell virtuell darzustellen. Damit lässt sich simulieren, wie die Abläufe in der realen Welt unter bestimmten Annahmen – das sind die Inputs – laufen werden. Und diese Annahmen lassen sich variieren. Auf diese Weise kann man verschiedene Szenarien herstellen, etwa dazu, wie sich die dynamische Verfügbarkeiten von Impfstoffen im Zeitverlauf auf die Transportketten auswirken. Das ist beispielsweise wichtig bei der Frage, wie viele zusätzliche Lkw gebraucht werden, wenn ein neuer Impfstoff mit einem anderen Produktionsort auftaucht.

Was macht man mit den verschiedenen Szenarien?

Um herauszufinden, welche am wahrscheinlichsten sind, muss man 10 bis 15 Szenarien durchrechnen, um als Ergebnis eine Einschätzung zu erhalten, wo, wann, welche und wie viele Kapazitäten benötigt werden, etwa in Bezug auf Fahrzeuge, Transportboxen, Personal, Lager oder Tiefkühlmöglichkeiten.

Wie sicher sind die Szenarien?

Die Annahmen sind immer nur angenommen, aber wenn man sie geschickt variiert, kann man auch analysieren, wie sicher die Ergebnisse sind. Kein Szenario ist richtig oder falsch, aber man kann ihnen unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten zuordnen.

Woher beziehen Sie die Annahmen?

Aus den Ausschreibungen der Landesgesundheitsämter sowie aus den Informationen der Speditionen, etwa zur den verfügbaren Transporteinheiten oder Lagerflächen.

Welche Verbesserungen lassen sich durch entsprechende Simulationen erzielen?

Im Vergleich zu einem simulierten Ablauf sicherlich ein Einsparpotenzial von bis zu 15 Prozent, bezogen auf den Transport, oder 25 Prozent geringere Lagerbestände. Dabei geht es bei der Impfstofflogistik aber gar nicht so sehr um das Thema Kosteneinsparung – viel wichtiger ist das Thema Zuverlässigkeit. Und das kann man nur erreichen, wenn man eine möglichst gute Planung für die Abläufe hat. Keiner will hier aus Kapazitätsgründen zu spät ausliefern.

Zur Person

  • Adrian Weiler ist seit 1986 Geschäftsführer von Inform.
  • Zuvor arbeitete der Diplom-Wirtschaftsingenieur mit Abschluss an der Universität Karlsruhe bei Daimler-Benz in Deutschland sowie bei Wörth & Hills Industries in Australien

Das Unternehmen

  • Inform gibt es seit 1969, das Unternehmen mit Sitz in Aachen hat mehr als 800 Mitarbeiter
  • Das Softwareunternehmen hat sich seitdem auf die Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) in Planungs- und Entscheidungsprozessen spezialisiert
  • Tätig ist Inform in vielen Branchen, Schwerpunkt aber ist die Logistik
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