Aus für Lkw-Platooning Sprit und CO2 sparen: Fehlanzeige

Platooning-Test alle Lkw-Marken Foto: Ertico

Das Platooning von Lkw unterschiedlicher Marken ist weitgehend tot, und das EU-Projekt hat sein Spritsparziel krass verfehlt. Rund 20 Millionen Euro EU-Gelder werden bis Ende November geflossen sein.

Am 30. November läuft das Projekt „Ensemble - Enabling Safe Multi-Brand Platooning for Europe“ aus, und die Bilanz ist offenbar mehr als mau. Anfragen der Redaktion beim Konsortiumsführer, der niederländischen Forschungseinrichtung TNO, wurden nicht beantwortet. Und auch Forschungsdienstleister Ertico hielt sich auffällig zurück.

Hauptziel: Kraftstoffverbrauch verbessern

„Das Hauptziel des Ensemble-Projekts ist es, den Weg für die Einführung von Mehrmarken-Lkw-Platooning in Europa zu ebnen, um den Kraftstoffverbrauch, die Verkehrssicherheit und den Durchsatz zu verbessern“, heißt es auf der Internetseite der EU. Dies werde durch das Fahren von sechs Lkw unterschiedlicher Marken in einem (oder mehreren) Platoon(s) unter realen Verkehrsbedingungen über nationale Grenzen hinweg demonstriert, so die Ankündigung.

Rund 26 Millionen Euro werden bis Ende November in das Projekt Ensemble geflossen sein, davon annähernd 20 Millionen aus den Töpfen der EU. Am meisten profitiert hat Scania mit 2,2 Millionen Euro, gefolgt von Volvo mit 1,9 Millionen Euro und MAN Truck & Bus mit 1,8 Millionen Euro. Iveco war mit 1,6 Millionen Euro dabei, Daimler Truck mit 913.000 Euro, DAF Trucks mit rund 904.000 Euro und Daimler mit rund 507.000 Euro. Die restlichen Gelder teilen sich Zulieferer und ­Forschungseinrichtungen.

Kaum Infos zu bekommen.

Die jüngste und letzte Projektdemonstration fand am 23. September in Barcelona statt. Nähere Infos dazu waren von öffentlichen Stellen auch auf mehrmalige Nachfrage nicht zu erhalten. Das gilt auch für Bilder. Zunächst waren nur Fotos von parkenden Lkw zu bekommen, Fotos mit Fahrdynamik (oben) gibt es nur vom Handy in geringer Auflösung. Und um Spritsparen ging es eher nicht.

„Multimarken-Platooning, eine Realität in Europa!“, heißt es jetzt auf der Ensemble-Seite im Internet. Die Fahrzeuge seien zum ersten Mal zusammen in einem vollständig koordinierten Zug gefahren. „Das Ergebnis ist eine gemeinsame Lösung, die für eine weitere Standardisierung bereit ist“, wird nebulös verlautbart. Es könne mehr Sicherheit auf europäischen Straßen gewährleistet werden. Grundlage sei ein eigens entwickeltes Kommunikationsprotokoll von Fahrzeug zu Fahrzeug.

Daimler zog sich zurück und beteiligte sich weiter

Was zunächst den Straßentransport revolutionieren sollte, wird jetzt ganz klein gefahren. Auf den Internetseiten der großen ­Autobauer findet sich zu dem aktuellen Ereignis: nichts. Die wollen offenbar auch gar nicht dringend hintereinander herfahren. Daimler hatte bereits im Januar 2019 verkündet, sich aus dem Platooning zurückzuziehen. Selbst unter optimalen Bedingungen fielen die Einsparungen in der Praxis geringer aus als erhofft, betonte das Unternehmen damals, beteiligte sich aber weiter an dem Projekt „aus Loyalität gegenüber den Partnern und um Verpflichtungen gegenüber der EU zu erfüllen“, sagte ein Sprecher.

Autonomes Fahren in den USA im Mittelpunkt

Daimler habe früh Flagge gezeigt und deutlich gemacht: „Wenn wir das Transportwesen in die Zukunft führen wollen, dann nicht durch Platooning, sondern durch autonomes Fahren“, führte der Sprecher aus. Man habe aber durch das Ensemble-Projekt im Bereich der Car-to-Car-Kommunikation sehr interessante Erfahrungen sammeln können. Die seien nützlich für autonomes Fahren nach Level 4, also hoch automatisiertes oder voll automatisiertes Fahren, das bei Daimler in erster Linie auf den Highways der USA stattfindet.

Maximal 3 bis 4 Prozent Spritersparnis

Nachdem Daimler im Januar 2019 aus diesem Platooning ausgestiegen war, wurden vier Monate später die Ergebnisse des von der Bundesregierung mit 1,9 Millionen Euro geförderten Platooning-Projekts Eddi verkündet, an dem MAN, DB Schenker und die Hochschule Fresenius beteiligt waren. „Wir konnten zeigen, dass Platooning Potenzial hat, einen Beitrag zur Reduzierung von Verbrauch und CO2-Emissionen zu leisten“, sagte der damalige MAN-Chef Joachim Drees. Die Rede war da nur noch von drei bis vier Prozent. Zu Beginn der Truck-Platooning-Challenge waren vom Unternehmen bis zu zehn Prozent genannt worden.

Jeder Hersteller nutzt Ergebnisse für sich

"Ensemble" ist Französisch und heißt auf Deutsch "zusammen". Aber die im Rahmen des EU-Projekts gewonnenen Erkenntnisse nutzt jetzt jeder Hersteller für sich. Für MAN etwa war die Definition von Schnittstellen ein interessanter Punkt. „Wir werden ja bei der Automatisierung irgendwann einmal ganz generell nicht nur von MAN zu MAN oder Scania kommunizieren müssen, sondern auch von MAN zu Volvo oder Renault“, erklärt ein MAN-Sprecher. Der Fokus liege jetzt auf der Weiterentwicklung zum fahrerlosen Fahren.

Platooning für die Schublade

Mit einer kurzfristigen Umsetzung in die Realität sei beim Platooning nicht zu rechnen gewesen, heißt es jetzt von MAN. Die Lkw im Marken-Gänsemarsch sollten auch für eine effizientere Nutzung des Platzes auf Autobahnen und weniger Staus sorgen, aber auch dieser Effekt wird sich erst mal nicht einstellen können, jetzt, da die hochfliegenden Pläne in die Ablage gewandert sind. „Derzeit haben wir keine Platooning-Projekte“, erklärte der Sprecher. „Platooning liegt erst mal in der Schublade und ist abrufbereit, wenn es gebraucht werden sollte."

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