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E-Lastenräder Die neuen Player mit Elektro-Antrieb

Citkar, Berlin, Lastenrad Foto: Citkar

Citkar, Gazelle oder Rytle: Lastenräder auf einer IAA Nutzfahrzeuge schienen bisher undenkbar. Doch die Konzepte kommen an.

Die IAA Nutzfahrzeuge ist bekannt für – klar – Lkw. Doch in diesem Jahr mischte ein Fahrzeugtyp die Branche auf, den man normalerweise einer anderen internationalen Leitmesse zuordnet: der jährlich stattfindenden Fahrradmesse Eurobike in Friedrichshafen. Gemeint sind Lastenräder, die in vielen Variationen ausgestellt waren. Ein Beispiel stammt vom Berliner Start-up Citkar. Das E-Cargobike namens Loadster hat vier Räder, der Fahrer tritt sitzend in die Pedale. „Man fühlt sich wie in einem Kettcar“, erklärt Sven Kindervater, Marketing- und Vertriebs­leiter bei Citkar. Der Vergleich mit dem Kinderfahrzeug kommt nicht von ungefähr: Citkar-Gründer Jonas Kremer kam vor fünf Jahren auf die Idee zum Loadster, als ihm ein kleiner Junge mit einem Kettcar entgegenfuhr. Wichtig waren dem Team aber im Unterschied zum Kettcar ein Dach und eine Frontscheibe, um dem Fahrer mehr Komfort zu bieten.

Auch das Thema Sicherheit schreibt Citkar groß. Rückspiegel, Blinker und vor allem Sitz und Lenkrad erinnern mehr an ein Auto als an ein Fahrrad. Trotzdem benötigen die Fahrer keinen Führerschein, denn der Loadster darf maximal 25 km/h schnell fahren und gilt somit als Pedelec. Bisher gibt es fünf Exemplare, eines davon testet seit Oktober der Onlineversandhändler Zalando in Berlin. Die Lastenräder sind laut Zalando mit 500 Liter Transportvolumen für die Paketzustellung ge­eignet. Das Unternehmen will den ­Loadster für sogenannte Same-Day-Touren einsetzen, also beim Ausliefern von Bestellungen, die morgens getätigt und am selben Abend ausgeliefert werden. „Weitere Kooperationen wie diese sind geplant“, erklärt Kindervater.

Citkar produziert in den Berliner VFJ-Werkstätten

Daher fährt das Start-up die Produktionskapazitäten hoch. Bis Ende des Jahres will Citkar 25 Exemplare fertigen, im Frühjahr 2019 soll es schon 250 Loadster geben. Das Unternehmen hat sich zu diesem Zweck eine besondere Produktionsstätte ausgesucht: Menschen mit Beeinträchtigungen fertigen die Lastenräder in den Berliner Werkstätten des Vereins für Jugendhilfe (VFJ). Dabei lege Citkar großen Wert auf faire Arbeitsbedingungen.

Ein anderes Konzept – zumindest optisch – verfolgt der niederländische Fahrradhersteller Gazelle in Zusammenarbeit mit dem Fahrzeugeinrichter Aluca und dem Start-up Dockr. Das E-Cargobike D10 sieht aus wie ein Miniatursattelzug, den anstelle einer Zugmaschine ein Fahrrad mit elektrischer Pedalunterstützung zieht. Das Lastenrad hat Platz für eine (D10) oder zwei (D20) Standardgepäckboxen mit den Abmessungen einer Euro-Palette, einem Volumen von einem Kubikmeter und einer Tragfähigkeit von je 100 Kilogramm. Das sogenannte Smart-Boxz-Konzept des D10 E-Cargo stammt von Aluca. Die Gepäckboxen lassen sich von der linken und rechten Seite des Lastenrads mithilfe eines Standardschienensystems auf dem Anhänger anbringen. Die Verladung gestalte sich daher entlang der gesamten Lieferkette unkompliziert, heißt es.

Gazelle, D10, E-Cargobike, Lastenrad Foto: Gazelle
Das E-Cargobike D10 des niederländischen Herstellers Gazelle erinnert an einen Minisattelzug.

Weltpremiere feierte der Minisattelzug auf der IAA, im nächsten Jahr soll er auf den Markt kommen. Im Herbst starteten laut dem Hersteller Gazelle aber bereits die ersten Pilotprojekte in Amsterdam gemeinsam mit der niederländischen Post.

Das Rytle-Konzept umfasst vier Bausteine

Eine ähnliche Idee, die den Transport entlang der gesamten Lieferkette anhand mobiler und vorgepackter Boxen erleichtert, stammt von der Firma Rytle aus Bremen – ein Spin-off des Fahrzeugwerks Bernard Krone und der Unternehmensberatung Orbitak. Das Rytle-Konzept umfasst vier Bausteine: das Lastenrad Movr, Transportboxen, Mikrohubs sowie App und Cloud. Der dreirädrige Movr, der zwei E-Motoren besitzt, kann 180 Kilogramm transportieren.

Die dazugehörige Box kann der Fahrer einfach abkoppeln und auf den Laufrollen leicht bewegen. Neun solcher Boxen passen in den von Krone hergestellten Mikrohub. Die Wechselbrücke lässt sich auf den Boden fahren, um den Fahrern das Be- und Entladen zu ermöglichen. „Die Kommissionierung erfolgt daher außerhalb der Stadt, und die Lastenräder können – sofern es die Ware zulässt – einen Lkw im Stadtverkehr ersetzen“, erklärt Dr. Arne Kruse. Gemeinsam mit Ingo Lübs, Marketingleiter der Krone-Nutzfahrzeuggruppe, gründete er Rytle und leitet nun mit Lübs die Geschicke der Firma.

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Jeweils eine App für Fahrer und eine für Versender

Künftig wird es jeweils eine App für Fahrer und Versender geben. Wer als Fahrer zur Verfügung steht, loggt sich ein und bekommt die freien Räder in der Umgebung angezeigt. Außerdem kann sich der Fahrer die Ware aussuchen, die er transportiert. Die Bezahlung erfolgt ebenfalls per App und pro ausgelieferter Sendung. Ebenso einfach funktioniert die App für Versender, die ihre Ware in die App stellen.

Pilotprojekte laufen bereits bei Kunden wie UPS, Hermes oder der City Post. Meistens handele es sich um eine schrittweise Einführung. „Die meisten starten mit ein bis zwei Lastenrädern, die weiteren Bausteine kommen nach und nach hinzu“, erklärt Lübs.

So wie im Fall von Rytle könnte es der gesamten Branche gehen: Noch handelt es sich meist um Pilotprojekte. Doch nach und nach springen weitere Unternehmen auf, neue Player kommen auf den Markt – und schon bald sind Lastenräder von der letzten Meile nicht mehr wegzudenken.

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