Lang-Lkw bei Lakner Mit Stralis LNG auf Tour

Foto: ZF 8 Bilder

Jochen Abt, Geschäftsführer der schwäbischen Lakner-Speditionsgruppe, will niedrige Schadstoffemissionen mit hoher Wirtschaftlichkeit unter einen Hut bringen. Sein Rezept: eine Zugkombination mit hoher Nutzlast und LNG-Antrieb im Linienverkehr.

Wenn man Jochen Abt nach den Aussichten für sein kürzlich gestartetes LNG-Projekt fragt, muss selbst der 50-jährige Geschäftsführer in die sprichwörtliche Glaskugel sehen. „Das alte Henne-Ei-Problem greift voll in die Planung ein“, diagnostiziert der Firmenlenker aus Schwäbisch Gmünd. Der engagierte Spediteur setzt seit Frühsommer dieses Jahres drei mit verflüssigtem Erdgas angetriebene Sattelzüge ein, weiß aber um die – heute noch – eingeschränkten Tourmöglichkeiten.Mit momentan vier aktiven LNG-Tankstellen in Deutschland sind die modernen Erdgas-Trucks trotz ihres mit einer Reichweite von 1.200 bis 1.500 Kilometer großen Aktionsradius einfach noch nicht zu jedem Ziel bundesweit wirtschaftlich einsetzbar. Fallweise müsste man Umwege in Kauf nehmen, um die Gastanks mit minus 160 Grad kaltem Methan zu befüllen.

Eine greifende Maßnahme musste her

Würden mehr Tankstellen das tiefgekühlte Erdgas anbieten, wäre zweifellos die Zahl der LNG-Fahrzeuge höher. Mehr Tankstellen kommen aber erst, wenn die Zahl der Fahrzeuge wächst – ein Henne-Ei-Dilemma in Reinform. Davon ließ sich Abt aber nicht beeindrucken, als er im Frühjahr zusammen mit dem Einkaufs­chef von ZF zusammensaß, um mögliche Aktivitäten in Richtung Umweltschutz zu diskutieren. Keine schwungvollen Absichtserklärungen, sondern eine pragmatische, sofort greifende Maßnahme sollte es sein. Die Antwort auf die damals gestellte Frage „Was können wir tun?“ steht nun auf dem Lakner-Betriebshof in Schwäbisch Gmünd und ist startbereit für den Linienverkehr Nürnberg–Friedrichshafen. Auf dieser Relation befördert Lakner von ZF in Nürnberg produzierte Getriebegussgehäuse zur Weiterverarbeitung nach Friedrichshafen.Abt, seit zwei Jahren mit ZF im Transport­geschäft, wählte für diesen Verkehr einen 460 PS starken Iveco Stralis Natural Power mit Erdgasmotor und LNG-Tanks, der einen nagelneuen Kögel-Novum-Curtainsider für den Transport von Automotive-Gitterboxen zieht. Drei Exemplare dieser mit auffälligem „Vision-Zero“-­Design versehenen Sattelzüge sind derzeit auf der grünen Tour von Nürnberg nach Friedrichshafen unterwegs. „Die Strecke bot sich an, weil wir die Fahrzeuge in Ulm mit LNG betanken können“, erklärt Abt die Routenwahl für seine drei neuen 40-Tonner.

Zu einer der Premierenfahrten setzte sich der Firmenchef selbst ans Steuer und war angenehm überrascht. „Gutes Anfahr­moment, sehr leise und keine Dreh­momentschwächen mehr!“, attestiert Abt dem 2.000 Nm starken Iveco beste Manieren. Auf der Autobahn setzt der Geschäftsführer alle Assistenzsysteme ein und lässt den Stralis seinen Weg fahren. „Das funktioniert mit nur noch minimalem Eingriff“, freut sich der Unternehmer.Die Fahrer der drei neuen Sattelzugkombinationen seien ebenso zufrieden, berichtet Abt, dessen rund 100 Motorfahrzeuge umfassender Fuhrpark sich hauptsächlich aus Mercedes und Volvo zusammensetzt. Auch bei den neu angeschafften Kögel-Mega-Aufliegern der Novum-Generation haben die Lakner-Fahrer mit guten Bewertungen die Grundlage für weitere Anschaffungen gelegt.Die drei Züge schließlich verkehren bis zu dreimal täglich auf der Strecke Nürnberg–Ulm–Friedrichshafen im Begegnungsverkehr. In Ulm wird umgesattelt und der beladene Trailer an den Kollegen mit Ziel ZF am Bodensee übergeben. Dort liefert Lakner Getriebegussgehäuse just in time in die Produktion. „Bei dem häufigen Trailerwechsel und Planenöffnen spielt reibungslos funktionierende Technik wie beispielsweise eine schnell zu öffnende Schiebeplane eine wesentliche Rolle“, erklärt Abt die Wahl des bayerischen Trailer-Herstellers.

Iveco Stralis 460 NP Foto: Karl-Heinz Augustin
Auf 460 PS und 2.000 Nm bringt es der Iveco-Gasmotor mit 13 Liter Hubraum.

Iveco hat die meiste Erfahrung mit LNG

Dass der Kontakt zum Verkauf unproblematisch ist, spielte zusätzlich in die Karten bei der Entscheidung zum Fahrzeugkauf. Sowohl Iveco wie auch Kögel haben sich beim Projekt „Vision Zero“ von Beginn an mit eingebracht. Die Wahl von Iveco als Gasfahrzeuglieferant war logisch: „Iveco bietet als einziger Hersteller ein echtes Gasfahrzeug auch mit niedriger Sattelhöhe an und hat am meisten Erfahrung mit LNG“, argumentiert Abt, „und Kögel konnte uns mit den Mega-Aufliegern der Novum-Generation ein für unsere Bedürfnisse maßgeschneidertes Fahrzeug auf die Räder stellen.“Bei allem ehrlichen Engagement für einen möglichst umweltfreundlichen Straßentransport zählt für Abt als Geschäftsmann natürlich auch die Kostenseite. Denn mit einem Mehrpreis von rund 30 Prozent gegenüber einem Diesel-Fahrzeug müssen die LNG-Trucks im Laufe ihrer Einsatzdauer zusätzlich Kosten einsparen, um wirtschaftlich vertretbar zu sein. Hier zahlt der Minderverbrauch des kostengünstigeren LNG-Gases bei einer Jahreslaufleistung ab 100.000 Kilometer auf der Habenseite ein.Auch die Kaufpreisbezuschussung durch den Gesetzgeber hilft, die Mehrkosten wirtschaftlich sinnvoll umzulegen.

LNG
LNG in der Diskussion

Mit der derzeit auf zwei Jahre festgelegten Befreiung von der Maut hat Abt aber seine Not: „Wir geben diesen Kostenvorteil teilweise an den Kunden weiter und benötigen die Mautbefreiung zur Finanzierung der Anschaffungskosten. Für uns ist aber unverständlich, warum der Zeitraum auf kurze zwei Jahre limitiert ist. Damit ist für uns die Planungssicherheit für das auf vier Jahre festgelegte Projekt ‚Vision Zero‘ nicht gewährleistet!“Von der Politik, namentlich dem Verkehrsministerium, wünscht sich Abt eine klare Position zum Thema LNG-Subventionierung, so wie es bei der Elektro-Mobilmachung der Fall ist. Im Gegensatz zu den bislang ungelösten Energiespeicherproblemen bei elektrifizierten Lkw sei der Erdgasantrieb, so argumentiert Abt, das einzige alternative Kraftstoffkonzept, das bereits heute aktiv in Sachen Umweltschutz einzahlt. So reduzieren sich beim LNG-betriebenen 13-Liter-Motor unter dem Stralis-Fahrerhaus laut Hersteller die Stickoxide um 90 Prozent, die Rußpartikel gar um 99 Prozent gegenüber einem konventionellen Euro-6-Diesel. Insgesamt soll der Lakner-Zug mit rund 20 Prozent geringerem CO2-Ausstoß auf seiner täglichen Tour durch Bayern laufen. „LNG ist für uns eine echte Alternative“, ist Abt überzeugt, zumal Iveco die Spedition bei der Vermarktung nach Ende der vierjährigen Mietkaufperiode mit festen Rückkaufangeboten unterstützt.

CO2-Vermeidung durch Fahrstreckenreduzierung

Einen passiven, wenngleich nicht weniger effektiven Beitrag zur Umweltschonung leistet auch der neue Kögel-Trailer hinter dem Erdgas-Iveco. Mit deutlich verringertem Eigengewicht und einer passgenau auf den Einsatz abgestimmten Konfiguration spart der Mega-Auflieger nicht nur beim Bau Ressourcen, sondern trägt mit seiner so maximal ausgelegten Nutzlast zu einem wirtschaftlich und ökologisch optimierten Einsatz bei. Last, but not least ist auch die räumliche Nähe zum Hersteller vorteilhaft für Lakner. „Bei Kögel bin ich innerhalb einer Stunde zu einer Brotzeit in der Fahrzeugauslieferung vor Ort“, argumentiert Abt. Auch das sei praktizierter Umweltschutz und CO2-Vermeidung durch Fahrstreckenreduzierung. Gleiches gilt auch für die Ulmer Iveco-Partner, die sprichwörtlich auf kurzem Wege erreichbar sind.Die Kombination aus beiden Fahrzeugen kommt nicht nur beim Geschäftsführer gut an. Auch die Fahrer seien nach anfänglicher Skepsis von dem neuen Konzept überzeugt. „Ein zufriedener Fahrer ist heute für uns in Zeiten des akuten Fahrermangels sehr wichtig“, erläutert Abt, der einen Großteil seiner Angestellten aus dem europäischen Südosten rekrutiert. Kroaten, Rumänen und Bulgaren seien sehr zuverlässige Mitarbeiter, mit denen man rundum gute Erfahrungen gemacht habe, berichtet er.

Mit einem eigenen Fahrerwohnheim und regelmäßigen Heimatrückfahrten hält er sie bei der Stange und wirbt in Rumänien aktiv gute Fahrer für die Arbeit in seiner Firmengruppe an. Rund die Hälfte aller Verkehre laufen im Neumöbeltransport mit Wechselkoffern in Deutschland, Österreich, der Schweiz und teilweise zum Möbelhersteller in Nordfrankreich. Die restliche Armada in den Farben der Spedition Abt und der Spedition Lakner fährt als Sattelzüge vornehmlich im Linienverkehr im Automotive-Bereich.Ein anderes Geschäftsgeheimnis aber verrät Abt erst ganz zum Schluss: Er gehört zu den größten Tiertransporteuren der Welt. Seit Kurzem hat er mit dem legendären Tierfigurenhersteller Schleich, der in der Nähe von Lakner beheimatet ist, einen Kontrakt über Transport und logistische Rundumbetreuung geschlossen. So wandern Millionen wahr gewordener Kinderträume durch die Hallen des einfallsreichen Spediteurs in Schwäbisch Gmünd. Vielleicht treten sie demnächst auch einmal mit einem Lakner-LNG-Zug auf eine grüne Tour an.

Foto: Oliver Willms
Das ist Lakner.

Das ist Lakner

1928 gründete in Rechberg Severin Abt, der Großvater des jetzigen Geschäftsführers Jochen Abt, ein Transportunternehmen, das 1945 mit dem ersten Personentransport auf einem Abt-Lkw mit Holzaufbau und Holzbänken begann. 1953 übernahm Abt den städtischen Personenverkehr in der schwäbischen Kleinstadt Schwäbisch Gmünd. Nach dem Tod von Gründer Severin Abt ging die Firma in den drei Bereichen Transport und Logistik, Reisebüro und Personenbeförderung an seine drei Söhne. 1981 übernahm Seniorchef Arthur Abt die 1928 gegründete Spedition Josef Lakner und integrierte sie in den eigenen Transportbetrieb. 1998 trat Jochen Abt in die Geschäftsführung ein. 2002 wurde die neue Logistikanlage in Schwäbisch Gmünds Gewerbegebiet Gügling eröffnet. Heute arbeiten rund 300 Mitarbeiter an fünf Standorten und in etwa 100 Motorfahrzeugen für die Lakner-Speditionsgruppe im Bereich Automotive, Neumöbeltransport und Stückgut.

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
lao 12 2019 Titel
lastauto omnibus 12 / 2019
23. November 2019
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