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Ladungskooperation Elvis Laderaum per Mausklick

Jochen Eschborn, Axel Löhr Foto: Jacek Bilski

Die Ladungskooperation Elvis will sich weiter industrialisieren.
Dazu hat sie sich vom IT-Dienstleister Serie A einen Webshop namens Freightweb erstellen lassen.

Nicht nur Waren, sondern auch Dienstleistungen werden zunehmend übers Internet angeboten. Ein Trend, der Elvis-Vorstand Jochen Eschborn nicht losgelassen hat. Daher ging der Chef der Teil- und Komplettladungskooperation auf die Suche nach einem Dienstleister, der die Idee eines Onlineshops für Lkw-Laderaum realisieren kann. Den Zuschlag erhielt Axel Löhr, Geschäftsführer der Entwickler-Schmiede Serie A, die für Elvis das sogenannte Freightweb entwickelt haben. Im Redaktionsgespräch mit trans aktuell erklären Eschborn und Löhr, welche Herausforderungen es zu meistern galt – und welche Chancen sich den Spediteuren damit eröffnen.

trans aktuell: Herr Eschborn, ist Freightweb der nächste Schritt, um den Straßentransport zu industrialisieren?

Eschborn: Ein klares Ja! Auch wenn es bis dahin noch etwas dauert. Die Idee hinter dem Freightweb ist, dass wir einen Internetshop anbieten, auf dem man eine Dienstleistung einkaufen kann. Soll heißen, ich brauche einen Lkw und bestelle diesen dort online.

Gibt es dafür einen Bedarf?

Eschborn: Gerade bei saisonalen Spitzen erleben es vor allem große Verlader immer wieder, dass sie keinen Laderaum bekommen. Oder Mittelständler, die mit Spediteuren zusammenarbeiten, haben ihrerseits nicht genügend Lkw zur Verfügung und tun sich gerade zu Stoßzeiten schwer, an zusätzlichen Laderaum für ihre Kunden zu kommen. Und um diese Spitzen abzudecken, haben wir die Idee des Freightwebs  geboren. Dann haben wir dann nach einem IT-Dienstleister gesucht, der das umsetzen kann. Dabei sind wir auf die Firma Serie A und deren Geschäftsführer Axel Löhr gestoßen. 


Herr Löhr, Ist diese Lösung nun etwas komplett Neues oder haben Sie Bestehendes adaptiert?

Löhr: Teils, teils. Für unsere Kunden haben wir die Lösung nx3 im Einsatz. Die wiederum gibt es für verschiedene Einsatzbereiche – Verlader, Logistiker und Services. Darüber hinaus gibt es dann jeweils noch verschiedene Zusatzmodule. Die Idee hinter dem Freightweb ist allerdings komplett neu.

Also doch nur modifiziert?

Löhr: Nein, tatsächlich hat sich in unseren Gesprächen schnell herausgestellt, dass es da noch Lücken zwischen den bei uns vorhandenen Modullösungen und dem Konzept des Freightwebs gab. Diese galt es dann innerhalb des Projektzeitraums zu schließen. Darüber hinaus musste das Freightweb aber auch einen individuellen Anstrich bekommen.

Wo lagen die Herausforderungen?

Eschborn: Zunächst einmal, dass es sich dabei um ein Angebot an jedermann handelt und keine vorselektierte Benutzergruppe gibt. Folglich mussten wir einen Schwerpunkt auf die Registrierung legen. Schließlich müssen wir feststellen, wer sich da anmeldet und ob da tatsächlich eine Firma dahintersteht. Weiter geht es mit Fragen zur Zahlungsfähigkeit und ob derjenige überhaupt versicherbar ist. Wir setzten da im Hintergrund auf einen Dienstleister. Dabei handelt es sich um einen Versicherer, der erst einmal sicherstellt, dass es sich um ein Unternehmen handelt und darüber hinaus auch einen entsprechenden Bonitätsindex für diesen neuen Kunden erstellt. Dabei stellt unser Dienstleister sicher, bis zu welcher Höhe er buchen darf.

Und wenn der Kunde dann trotzdem ausfällt?

Eschborn: Dann springt der Versicherer dafür ein. Der garantiert nämlich die Zahlung bis zu der von ihm festgelegten Bonitätsgrenze. Wobei das im Internethandel nichts Besonderes ist – für die Transportbranche hingegen schon.

Das hört sich nach ziemlich viel Bürokratie bei der Anmeldung an …   

Löhr: Genau das war die Herausforderung, der wir uns stellen mussten. Tatsächlich gibt es viele Geschäftskunden-Portale, bei denen man bei der Anmeldung geradezu erschlagen wird. Bei Freightweb haben wir das anders gelöst. Wir haben nur wenige Eingabefenster – also eher vergleichbar mit dem Versandhandel, den man als Endkunde kennt. Soll heißen, wir haben die Dienstleistung in den Vordergrund gestellt. Wie das Ganze dann im Hintergrund abläuft, ist dann Sache der IT.

Vor welchen Problemen standen Sie dabei?

Eschborn: Die größte Herausforderung ist erst mal, einen Preis zu nennen. Denn Sie müssen sozusagen ins Blaue für eine Dienstleistung, die Sie noch nicht kennen, einen Preis nennen. Und das für jeden Bestimmungsort und zu jeder Tageszeit. Für den Spediteur oder Frachtführer ist das etwas vollkommen Neues. Der muss normalerweise erst mal prüfen. Auf Freightweb ist es nun so, dass er eine Strecke von A nach B eingibt und dafür einen Preis genannt bekommt. Und der kommt per Mausklick – unmittelbar und ohne langes Warten.

Wie realisieren Sie das?

Eschborn: Dafür haben wir für verschiedene Regionen jeweils eine Tarifexpertenkommission gebildet. Die legt die tagesaktuellen Preise anhand von Angebot und Nachfrage fest – und das deutschlandweit beziehungsweise zukünftig sogar europaweit. Klar ist aber, dass diese Dienstleistung teurer ist, als wenn jemand einen längerfristigen Kontrakt abschließt.  Schließlich geht es um das Abdecken von Transportspitzen – und das  gerade dann, wenn Laderaum ohnehin knapp ist.

Von wie viel mehr sprechen wir da?

Eschborn: Das lässt sich pauschal nicht sagen, da es wie gesagt regional unterschiedlich und zudem noch tagesaktuell ist. Sie können aber von einer Spanne von 10 bis 40 Prozent ausgehen.

Zahlt das jemand? Schließlich ist der Markt hart umkämpft …

Eschborn: Der im Freightweb gebuchte Lkw wird kurzfristig benötigt. Es geht also darum, dass das Band nicht stehen bleibt. Sie können sicher sein, dass die Verlader in solchen Situationen gerne auch ein paar Euro mehr zahlen. Für uns Transporteure wiederum ist eine vernünftige Preisgestaltung für den Lkw-Frachtraum der Weg aus der Abwärtsspirale.

Sie können doch keine Fahrzeuge für eine mögliche Buchung zurückhalten …

Eschborn: Das ist richtig. Der Lkw ist für uns das, was der produzierenden Industrie ihre Maschinen sind – und die müssen laufen. An diesem Credo hat sich nichts geändert. Und tatsächlich war das auch eine der größten Sorgen, die die Elvis-Partner umgetrieben hat. Schließlich ist diese Art der Vermarktung für uns vollkommen neu und daher nur bedingt berechenbar. Allerdings ist es ja nicht so, dass die Lkw bei unseren Verkehren nicht wieder auf den Hof kommen. Liegt dann ein solcher Auftrag vor, wird er natürlich bevorzugt behandelt.

Nun ist die Speditionsbranche nicht unbedingt IT-affin …

Löhr: Das liegt nur daran, dass oft sowohl das Geld als auch die entsprechenden Mitarbeiter fehlen. Es gibt viele Unternehmen, die gleich mehrere IT-Lösungen nutzen und jetzt kommt noch Freightweb hinzu. Natürlich könnten wir da Schnittstellen bauen, um auch diesen Bereich zu industrialisieren. Und das ist tatsächlich auch angedacht. Dazu braucht es aber erst ein höheres Sendungsaufkommen. Sonst lohnen sich der Aufwand und die damit verbundenen Kosten nicht.

Wird sich das ändern?

Löhr: Davon bin ich überzeugt. Zum einen, weil ein Generationswechsel stattfindet. Es gibt aber allgemein ein Umdenken. In den USA nennt man das Mobility first – also weg von den stationären Arbeitsplätzen. In einer Branche wie der Logistik, die von Bewegung lebt, schlägt das noch viel stärker durch. Da wird es für die Fahrer nicht nur die Telematik geben, die alles protokolliert, sondern noch ganz andere Lösungen, die die Prozesse vereinfachen.

Wie kommt das Portal an?

Eschborn: Wir haben 300 Unternehmen, die sich auf Freightweb angemeldet haben. Es lässt sich nachvollziehen, dass sie sich einloggen und probieren – nur zur Buchung kommt es selten. Das zeigt uns, dass seitens der Verlader noch eine gewisse Verunsicherung im Hinblick auf diese anonyme Art der Buchung gibt. Beim Versandhandel, einer Flugticketbestellung oder einer Hotelbuchung gibt es ein entsprechendes Vertrauen. Einen Lkw übers Internet zu buchen ist noch vollkommen neu. Zumal die Klientel eine andere ist. Mit dieser anfänglichen Hemmschwelle haben wir aber gerechnet.

Und die Elvis-Partner?

Eschborn: Es sind schon rund 80 Unternehmen an dem Freightweb beteiligt. Ein durchaus beachtlicher Wert, wenn man bedenkt, dass sich jeder Partner aussuchen kann, welche Bausteine der Kooperation er in Anspruch nehmen möchte. 

Was versprechen Sie sich vom Freightweb?

Eschborn: Auf jeden Fall eine größere Nähe zu mittelständischen Verladern. Elvis versteht sich als Lkw-Kooperation. Das heißt, zwischen uns und dem Verlader steht in der Regel der Spediteur. Bei Großaufträgen sieht das anders aus. Die werden in der Regel ausgeschrieben. Wichtig ist aber, dass für den Kunden immer die Elvis-Zentrale der Ansprechpartner ist und auch der Erstspediteur – was gerade in Bezug auf die Haftung bei etwa Transportschäden wichtig ist. Die wiederum haben wir im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeit natürlich beschränkt.

Sie können aber nur Standardlösungen anbieten – oder?

Eschborn: Ja, das ist aber auch beabsichtigt. In der Vergangenheit haben viele ihr Heil in der Spezialisierung gesucht. Das hat aber höchstens dabei geholfen, den Kunden zu beachten – nicht aber, die Preise hoch zu halten. Letztlich ist der Lkw ein Massengeschäft. Und wenn Spezialisierung nicht entsprechend honoriert wird, lohnt sie sich nicht. Dieses Portal ist aber nicht Elvis-spezifisch. Es kann nicht von einem Produkt allein leben kann. Amazon bietet schließlich schon lange nicht mehr nur Bücher an. Im Freightweb muss es daher auch Angebote zu Stückgut, KEP-Dienste sowie Luft- und Seefracht geben – oder sogar ein Lager.

Das wäre dann aber keine Elvis-Leistung mehr …

Eschborn: Stimmt. Wir wollen das Portal auch für andere Transporteure öffnen, um das gesamte Spektrum anbieten zu können. Das wird aber noch dauern. Noch steht das Freightweb am Anfang. Das ist schon mal der Blick in die Zukunft.

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