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La Log-Chefin Anja Sylvester „Fahren ist kein Ehrenamt“

Foto: Anja Sylvester

La-Log-Chefin Anja Sylvester, die auch stellvertretende Vorsitzende der Logistics Alliance Germany ist, über Mikrologistik im ländlichen Raum.

Aufgewachsen ist Anja Sylvester (52) in Singapur, ihre Eltern stammen aus Hamburg. „Trotzdem hat mich meine Arbeit immer in den ländlichen Raum geführt“, schmunzelt sie und bekräftigt: „Der ländliche Raum ist meine ganz persönliche Herausforderung.“ Als Geschäftsführerin der Firma La Log Land Logistik mit Sitz in Frankfurt/Oder stellt Anja Sylvester fest, „dass die Nahversorgung im ländlichen Raum aus ökonomischer Sicht kaum möglich ist“. Grund dafür sei, dass die Zentralisierungsstrategie der Wirtschaft zu immer weiteren Entfernungen für Menschen und Güter führe. „Es gilt ins­besondere dort, mit innovativen Ideen zu unterstützen und auch die Politik immer wieder für die neuen Herausforderungen zu ­sensibilisieren.“

Gerade das ausgeglichene Wechselspiel zwischen ländlichem Raum und Stadt sei enorm wichtig. Ihr Appell lautet: „Die letzte Meile ist zwar das letzte Glied in der Transportkette, aber eine funktionierende letzte Meile ist extrem wichtig, um die Lebensqualität für die Menschen zu verbessern, die im entlegensten Dorf leben.“

Doch nicht nur als Geschäftsführerin von La Log beschäftigt sie sich mit dem ländlichen Raum – auch für ihre Arbeit bei Interlink, einer Beratungsfirma für Verkehr und Mobilität, liegt der Fokus auf Mobilitätslösungen für den ländlichen Raum, hier jedoch eher im Bereich Personenverkehr. Beide Berufe übt sie jeweils zu 50 Prozent aus, „zumindest auf dem Papier“, wie die Mutter eines 16-jährigen Sohns lachend berichtet.

Hinzu kommt seit Mai noch das Amt der stellvertretenden Vorsitzenden bei der Logistics Alliance Germany (LAG). „Die Mitglieder haben mich für diese Aufgabe vorgeschlagen, obwohl La Log erst seit August 2018 Mitglied in der LAG ist.“ Sie freut sich sehr, dass ihr als Geschäftsführerin eines „Mini-Start-ups“ das Vertrauen geschenkt wird. In der LAG, die sich als öffentlich-privates Partnerschaftsprojekt des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und mehr als 70 Unternehmen der deutschen Logistikwirtschaft zum Ziel gesetzt hat, den Logistikstandort Deutschland im außereuropäischen Ausland zu vermarkten, betreut sie das Ressort Bestandsmitglieder und Leuchtturmprojekte. Auch hier möchte sie ihr Thema einbringen. „Die letzte Meile geht alle etwas an.“

Darüber hinaus ist die engagierte Expertin zusätzlich beim Netzwerk „Women in Mobility“ aktiv, einem Netzwerk für Frauen der Mobilitätsbranche, „wobei dieses Engagement zurzeit aus Termingründen leider ein bisschen hintenanstehen muss“. Doch um Frauen innerhalb der männerdominierten Mobilitäts- und Logistikbranche stärker in den Fokus zu rücken, nutze sie ganz klar auch ihre Position in der LAG. Sie betont: „Frauen müssen sich stark und selbstbewusst zwischen Männer stellen.“ Und sie weiß, dass Frauen immer noch größere Anstrengungen unternehmen müssen, um fachlich anerkannt zu werden. Beispielsweise in Führungspositionen, Projektleitungen oder als Referentinnen auf Konferenzen. Ob Geschäftsführerinnen, Fachgebietsleiterinnen oder Sekretärinnen: „Alle Positionen sind wichtig, um ein Unternehmen zum Erfolg zu führen.“ Und im Besonderen hat sie festgestellt: „Mütter sind die besten Mitarbeiter.“

Frauen fachlich anerkennen

Sie selbst arbeite jedenfalls gern mit Müttern zusammen, schließlich seien meist sie es, die sich gleichermaßen für den Beruf und ebenso alle familiären Belange einsetzten – „und dieses Engagement spiegelt sich einfach bei der Arbeit wider“.

Anja Sylvester studierte in Kiel Geografie und Volkswirtschaftslehre. Es folgten Ausbildungen zur Mobilitätsberaterin in Kiel, im Bereich Marketing in Hamburg und als Moderatorin für Gruppen und Arbeitsprozesse in Berlin. Ihre berufliche Laufbahn im Bereich Verkehrskonzepte startete in der Mobilitätszentrale Nord in Kiel, führte sie zur Pinneberger Verkehrsgesellschaft und zur Gesellschaft für Qualität in Berlin, wo sie Verkehrsunternehmen beriet.

Zu ihrer Arbeit für La Log sagt Anja Sylvester: „Wir möchten Transportangebote im ländlichen Raum schaffen, die bezahlbar sind, auch wenn es sich um kleinste Mengen handelt.“ Beispielsweise, dass Logistikdienstleister, Bahn und Bus oder örtliche Handwerker kleine Frachten auf ihren ohnehin geplanten Touren mitnehmen, um sie Kunden zuzustellen. So ließen sich also freie Kapazitäten nutzen, anstatt neue auf Straße und Schiene zu setzen. „Wir sprechen hier nicht von Dumping, aber niemand soll ehrenamtlich fahren.“ Und sie stellt klar: „Transportkosten müssen vom Produkt entkoppelt und ehrlich berechnet werden.“ Das sei ein Schritt, der zu neuen Preisstrategien gegenüber dem Kunden führen werde. Denn sie habe festgestellt, dass Kunden viel geduldiger auf Lieferungen warteten, als es uns die Onlinehändler mit ihren aktuell immer kürzer werdenden Lieferzeiten vormachen wollten.

Für Anja Sylvester geht es bei La Log auch um Digitalisierung, um Schnittstellen und um Interoperabilität. „Menschen müssen so mitgenommen werden, dass sie digitalen Hilfsmitteln vertrauen und sie in ihren Arbeitsalltag integrieren, sodass jeder davon profitiert.“ Nur wenn es uns gelinge, digitale Anwendungen miteinander kommunizieren zu lassen, könne es uns gelingen, durch Transparenz und Datenübermittlung in Echtzeit eine zukunftsweisende, ressourcenschonende Logistik aufzubauen.

Bereits im Jahr 2014 hatte Anja Sylvester mit ihrer Idee an einem Start-up-Pitch des BMVI teilgenommen – damals nicht allzu erfolgreich. „Das war unser erster Pitch“, erinnert sie sich. Und erst im Nachhinein sei die Erkenntnis gekommen, dass ihre Idee von La Log kein Produkt sei, das sich verkaufen lasse. „Für unsere Idee gibt es keinen Investor“, weiß sie jetzt. Und sie vergleicht das Ganze mit anderen Start-ups: „Investoren wollen Rendite, sie machen Start-ups groß und bereiten dann ihren Exit vor.“ Das sei für La Log allerdings nicht die richtige Philosophie. „Wir möchten nicht gewinnbringend verkaufen, denn La Log ist nachhaltig angelegt.“

Das Konzept von La Log Land Logistik

  • La Log Land Logistik mit Sitz in Frankfurt/Oder steht für die Verknüpfung freier Ladeflächen zwischen Logistikdienstleistern und dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu kombinierten, anbieterübergreifenden Transportketten.
  • Die Tätigkeiten von La Log beziehen sich übergreifend sowohl auf den ländlichen als auch auf den städtischen Raum.
  • La Log initiiert den Kommunikationsprozess zwischen Versendern, Verkehrsunternehmen, Logistikern, Kommunen sowie politischen Entscheidungsträgern und auch die Umsetzung.
  • La Log will Kleingut durch Mikrologistik einen Anschluss an den überregionalen Kombinierten Verkehr ermöglichen und die regionale Wertschöpfung steigern.
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