Bosch Künstliche Intelligenz für mehr Sicherheit

Künstliche Intelligenz Foto: Bosch 2 Bilder

Bosch investiert in künstliche Intelligenz für mehr Sicherheit – automatisiertes Fahren als Herausforderung an die Rechenleistung und den Datenfunk.

Der US-amerikanische Lkw-Hersteller Paccar, zu dem in Europa DAF gehört, und der Entwickler von Grafikprozessoren sowie Chipsätzen Nvidia arbeiten in Sachen autonomes Fahren zusammen. Das verkündete Nvidia-Chef Jen- Hsun Huang in Berlin. In den zum Paccar-Konzern gehörenden Lkw soll künftig die sogenannte Nvidia-Drive-PX-2-Technologieplattform zum Einsatz kommen. Mit dieser soll dann autonomes Fahren auf Level-4-Niveau möglich werden. Hierbei übernimmt das System dauerhaft die Führung des Fahrzeugs. Können die Fahraufgaben vom System nicht mehr bewältigt werden, wird der Fahrer zum Eingreifen aufgefordert. Ziel sei es, mithilfe der Technik die Sicherheit im Straßenverkehr weiter zu erhöhen.

Natürlich war Jen-Hsun Huangs Auftritt bei der Connected World aber nicht nur dem geschuldet. Denn der betonte zugleich auch die enge Zusammenarbeit zwischen Nvidia und dem Automobilzulieferer Bosch. Die Stuttgarter haben sich bekanntermaßen ebenfalls dem Thema automatisiertes beziehungsweise autonomes Fahren verschrieben. So erklärte etwa der Vorsitzende der Bosch-Geschäftsführung Volkmar Denner: "Das Gehirn für selbst fahrende Autos kommt in Zukunft von Bosch." KI Autocomputer nennt sich die kleine Box, mit der Autos schlau werden sollen. KI steht dabei für künstliche Intelligenz.

KI Computer weiß, wie Fahrradfahrer und Fußgänger aussehen

Die Innovation, die ebenfalls auf der Bosch Connected World vorgestellt wurde, soll laut Denner spätestens Anfang der kommenden Dekade in Serie gehen. Daher ist Denner auch davon überzeugt, dass das Gehirn für das selbst fahrende Auto von Bosch kommt. Mit maschinellen Lernverfahren will Bosch Fahrzeugen sicher durch sich ständig ändernde Verkehrslagen führen. Denn auf diesem Weg sei es möglich, dass das Fahrzeug Vorhersagen darüber treffen, wie sich andere Verkehrsteilnehmer verhalten. "Ein Computer mit künstlicher Intelligenz ist mittlerweile dazu in der Lage, Poker zu spielen – und dabei zu bluffen", berichtete Denner. Da es unmöglich sei, alle Situationen vorab zu programmieren, sei KI der einzig gangbare Weg, autonomes Fahren zu ermöglichen.

Erst Anfang 2017 hat Bosch die Gründung eines Zentrums für künstliche Intelligenz bekanntgegeben. Rund 300 Millionen Euro haben die Stuttgarter hier in die Zukunft investiert. Laut Denner weiß der KI Autocomputer, wie Fußgänger oder Fahrradfahrer aussehen. Neben dieser sogenannten Objekterkennung erleichtere künstliche Intelligenz aber auch das Erfassen von automatisiert fahrenden Fahrzeugen. Blinkende Autos beispielsweise wechseln mit höherer Wahrscheinlichkeit die Spur als nicht blinkende. Auf diese Weise könne ein selbstfahrendes Auto mit dem KI Autocomputer an Bord komplexe Verkehrssituationen wie das Abbiegen eines vorausfahrenden Fahrzeugs erkennen, beurteilen und für den eigenen Fahrweg berücksichtigen.

Das beim Fahren erlernte Wissen speichert der Computer auf künstlichen neuronalen Netzen. Experten überprüfen das Wissen im Labor auf seine Richtigkeit. Nach weiteren Tests auf der Straße lassen sich die künstlich erzeugten Wissensstrukturen schließlich per Update auf beliebig viele andere KI Autocomputer übertragen. "Wir wollen automatisiertes Fahren in jeder Situation ermöglichen. Schon im nächsten Jahrzehnt gehören auch fahrerlose Autos zu unserem Alltag. Bosch treibt das automatisierte Fahren auf allen technologischen Pfaden voran. Auch im Bereich der künstlichen Intelligenz wollen wir eine führende Rolle einnehmen", sagte Denner.

Interesse nimmt zu

Das ist nicht weiter verwunderlich, denn das Interesse und damit der Markt an vernetzen Fahrzeugen nimmt zu. Spätestens seit der verpflichtenden Einführung des automatischen Notrufs E-Call ist in der EU ab März 2018 faktisch jedes neu produzierte Auto ein vernetztes Auto. Laut dem Marktforschungsunternehmen Gartner werden bis 2020 rund 250 Millionen Connected Cars auf den Straßen dieser Welt unterwegs sein. Mit dem Wandel der Fahrzeuge zu mobilen Endgeräten auf Rädern rücken auch digitale Dienste, die etwa den Zustand des Autos überwachen (siehe Kasten: Maintenance weitergedacht) oder den Fahrer vor Falschfahrern warnen, immer stärker in den Fokus der Kaufinteressenten.

"Services für Connected Cars werden mehr und mehr zum Differenzierungs-merkmal in der Automobilindustrie", berichtete Bosch-Geschäftsführer Dr. Dirk Hoheisel. Vor diesem Hintergrund kündigte er den Start der sogenannten Bosch Automotive Cloud Suite an. Dabei handelt es sich um eine Plattform für Mobilitätsdienste. Die Automotive Cloud Suite umfasst eine Software-Plattform sowie einen umfangreichen Baukasten, mit dem Fahrzeughersteller und andere Anbieter von Mobilitätsservices dann Dienste aller Art entwickeln und in den Markt bringen können. Die Bosch Automotive Cloud Suite baue dabei auf der sogenannten Bosch IoT Suite auf (IoT: Internet of Things). "Über die Automotive Cloud Suite können unsere Kunden Services realisieren, wir nutzen sie aber auch für eigene Dienste", erklärte Hoheisel.

Software-Updates aus der Cloud

Neben der vorausschauenden Diagnose bieten sich für Bosch dabei noch ganz andere Anwendungsfelder an. Was beispielsweise für Smartphones selbstverständlich ist, bringen die Stuttgarter ins Fahrzeug: Software-Updates aus der Cloud. Über Nacht lassen sich so, verschlüsselt und vor Hackerangriffen geschützt, neue Features ins Fahrzeug bringen, berichtete Hoheisel. Mit den vernetzen Fahrzeugen und den zugehörigen Services geht natürlich auch der Bedarf an einem schnellen Mobilfunk einher. Die Deutsche Telekom treibt daher den Datenstandard 5G voran. Dabei geht es allerdings nach Ansicht von Vorstandsvorsitzenden Timotheus Höttges nicht nur um die reine Übertragungs-geschwindigkeit.

"One size fits none", lautet sein Credo. Soll heißen, dass ein Angebot, das für alle gilt, für niemanden das richtige ist. Es gelte auch aufgrund der riesigen Datenmengen immer zu unterscheiden, mit welcher Priorität etwas gesendet werden muss. Beim autonomen Fahren darf es beispielsweise nur minimalste Latenzzeiten bei der Übertragung geben."Die Abkürzung IoT steht nicht für Island of Things", sagte Höttges und spielte damit auf das "Netzwerk von Netzwerken" an, aus dem sich die 5G-Technologie zusammensetzt. Denn der Weg über die Cloud sei oftmals zu langsam. Vielmehr brauche es Rechenleistung in den einzelnen Funkzellen, um die benötigten Informationen umgehend zurückgespielt zu bekommen.

Netzwerk 5G kommt

Ebenfalls in Zusammenhang mit dem autonomen Fahren, betonte Höttges. "Je mehr Geräte und Maschinen angeschlossen sind, desto schlauer werden sie." Es werde 5G sein, das zunächst Milliarden von Dingen miteinander verbindet – von Autos über Haushaltsgeräte bis hin zu Wearables oder Medizinprodukten. Die dafür benötigte Infrastruktur ist allerdings teuer. Allein die Deutsche Telekom plant, im Jahr 2017 rund zwölf Milliarden Euro in diesem Bereich zu investieren. Höttges betonte, dass die Telekommunikationsunternehmen angesicht solcher Summen eine größere Planungssicherheit benötigen. "Wir brauchen noch etwas anderes für das Internet der Dinge: Spektrum, Spektrum und mehr Spektrum – so viel wie möglich", sagte Höttges.

In Europa müssten daher hinsichtlich der Frequenzpolitik neue Wege beschritten werden. Anstatt die Frequenz für einen begrenzten Zeitraum zu verpachten, müssten Telcos langfristig ein Spektrum kaufen können. "Wenn wir unsere Taktik überdenken, besteht die Chance, dass Europa die zweite Hälfte der Digitalisierung für sich entscheidet", erklärte er. In der ersten Halbzeit sei das nicht der Fall gewesen. Für Prof. Dr. Ralf Herbrich, Leiter Machine Learning bei Amazon, steht in Sachen künstliche Intelligenz die Kundenerfahrung im Vordergrund. Den Ausgangspunkt bilden historische Daten. Das geht mittlerweile aber weit über die Info dessen hinaus, was zu einem bestimmten Artikel passt oder was andere Kunden darüber hinaus gekauft haben.

Vor allem bei der Frischelogistik baut Amazon auf die neue Technologie. "Wer frische Lebensmittel kauft, erwartet auch optisch genau das zu bekommen, was er auf dem Foto gesehen hat", berichtete er. Um das zu erreichen, sei von 26 Erdbeeren über einen Verlauf von 40 Tagen immer wieder Fotos gemacht worden. So habe das System gelernt, wie sich der Reifegrad verändert. Das wiederum bedeutet, dass der Onlineversandhändler genau weiß, wie eine Frucht auszusehen hat, bevor sie auf Reisen geht. Das alles geht dann irgendwann vollautomatisch mittels Kameras – wo jetzt noch manuelles Eingreifen von Mitarbeitern erforderlich ist.

Logistik wird digital

Für Leo Vinitsky, Vice President of IT Global Clearance & Supply Chain beim KEP-Dienstleister Fed Ex, gehört die Digitalisierung seit jeher zur Logistik. Bereits der Fed-Ex-Gründer habe 1978 den folgenden Satz geprägt: "Informationen über das Paket sind so wichtig wie das Paket selbst." Diesem Credo habe sich das Unternehmen bis heute verschrieben. Ob manuell oder automatisch – jede Sendung werde digital erfasst. Mit dem Monitoring-Service Sense Aware biete Fed Ex – unter anderem auch in Deutschland – den Kunden die Möglichkeit, besonders sensible, wertvolle oder zeitkritische Sendungen in Echtzeit zu verfolgen.

Der Sensor informiert dabei nicht nur über die geografische Position, sondern auch über die Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit, Lichteinstrahlung, Luftdruck und darüber, ob eine Sendung Erschütterungen ausgesetzt wurde. Aber auch bei den Lkw sieht Vinitsky die Digitalisierung als Schlüssel zum Erfolg. Mittels Platooning (elektronische Deichsel) sei es möglich Ressourcen bis zur letzten Meile zu sparen. "Eine vernetze Welt ist eine bessere Welt", lautet daher sein Resümee. Ein Fazit, dass man für die gesamte Bosch Connected World ziehen kann.

Maintenance weitergedacht

  • Die Werkstatt erhält über die Cloud automatisch eine Nachricht und kann sich auf die Reparatur vorbereiten
  • Dank vernetzter Logistik und vernetzter Gabelstapler steht das Austauschteil bereit, wenn Fahrer ankommt
  • Der Mechaniker lässt sich die Anleitung zur Reparatur über eine Augmented-Reality-Brille einblenden
  • Das Ersatzteil kann so viel schneller eingesetzt werden

Unfälle reduzieren

  • Die Zahl der tödlich verlaufenden Unfälle im Straßenverkehr hat sich in Deutschland seit der Jahrtausendwende um mehr als die Hälfte auf etwa 3.200 im Jahr 2016 reduziert
  • Bessere Sicherheitssysteme wie das Antiblockier­­­system ABS oder das elektronische Stabilitäts­programm ESP haben zum Rückgang beigetragen
  • Auch das automatisierte Fahren könnte laut Bosch  den Straßenverkehr sicherer machen
  • Künstliche Intelligenz sei der Schlüssel dazu

Künstliche Intelligenz

  • Künstliche Intelligenz (KI) beschreibt ein Vorgehen, bei dem Maschinen das Lernen lernen
  • KI ist folglich die Simulation intelligenten Verhaltens auf Basis vorgegebener oder erlernter Muster
  • Ein KI-System erkennt die Umgebung mithilfe von Kameras und Sensoren
  • In diesen Kontextinformationen deckt das System Zusammenhänge auf und leitet daraus Handlungen ab (Deep Learning)
  • Aber: Während einem Kleinkind ein paar Katzen reichen, um danach jede Katze als solche zu erkennen, betrachtet der Computer Millionen von Katzenbildern, bis er eine Katze erkennt
Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
TA 09 2017 Titel
trans aktuell 09 / 2017
21. April 2017
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