Weitere Lkw-Fahrverbote seit 1. Januar 2020 in Tirol. Mittelständische Transportunternehmen sehen ihre Existenz bedroht.
Seit dem 1. Januar ist die Route durch das österreichische Bundesland Tirol für Transitbeförderungen von zwei Dritteln aller anfallenden Güter und für über 80 Prozent aller deutschen Lkw gesperrt, kritisiert der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Ein wesentlicher Grund dafür ist auch, dass zum Schutz von Bevölkerung und Umwelt nur noch neueste Lkw der Klassen Euro 6c und 6d den Alpenpass überqueren dürfen.
Massiver Umsatzeinbruch
„Viele Unternehmen hier können nur noch mit maximal einem Drittel ihres Fuhrparks die Brennerroute befahren“, sagt Sebastian Lechner, Hauptgeschäftsführer des Landesverbands Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen (LBT). Der BGL meldet Umsatzeinbrüche von etwa 40 Prozent bei den betroffenen Unternehmen. Die Transportdauer verdoppele sich und damit auch die Personalkosten. Hinzu komme bei der Nutzung der Schiene über die Rollende Landstraße eine Verteuerung um 30 Prozent im Vergleich zum Straßentransport. Dieser Mehraufwand könne derzeit nicht an die Auftraggeber weitergegeben werden, berichtet Transportunternehmer Georg Dettendorfer aus Nussdorf am Inn.
Die Bahn hat zudem nicht genügend Kapazitäten, und es fallen Züge aus. „Wir haben nichts dagegen, mit dem Zug zu fahren, aber Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit müssen gegeben sein“, erklärt Dettendorfer. Gebraucht werde ganz dringend eine Verbindung zwischen Trient und Regensburg. Er hofft, dass sich die jetzigen Probleme als Anlaufschwierigkeiten erweisen, während Lechner darauf setzt, dass die EU-Kommission massiv auf Tirol einwirkt. „Wir warten auf ein Vertragsverletzungsverfahren“, sagt er.
Kritik an Kleinstaaterei
Generell hätte der LBT-Chef gern ein schlüssiges Gesamtkonzept, eine Konsenslösung, die auf fairen und nachvollziehbaren Parametern beruht. „Wir haben die Kleinstaaterei satt“, erklärt er. Im Sinne von Umwelt und Klima sei auch eine Technologieachse zwischen Bayern und Brenner denkbar, auf der neue Antriebe und innovative Lösungen zum Einsatz kommen könnten.
Die Transportbranche muss sich darauf einstellen, dass künftig nicht nur aus Tirol, sondern auch aus der Hauptstadt Wien schärfere Vorgaben kommen. Die neue Regierung aus ÖVP und Grünen will nicht nur die Lkw-Maut unter ökologischen Gesichtspunkten neu regeln. Eine Überarbeitung der EU-Wegekostenrichtlinie soll eine schon lange geforderte Korridormaut zwischen München und Verona ermöglichen, damit die teureren Schweizer Alpenpässe nicht mehr umfahren werden.
Lkw-Kontrollen verschärfen
Ein Vorbild könnten die Schweizer auch bei Lkw-Kontrollen werden. Das österreichische Regierungsprogramm sieht hier ebenfalls eine Verschärfung in eine Richtung vor, wie sie die Schwerverkehrskontrollzentren im Nachbarland schon praktizieren. Das dient der Sicherheit, aber auf diese Weise sollen auch Verstöße gegen Sozialstandards, Lenkzeiten, Tempolimits und Kabotage bekämpft und das heimische Transportgewerbe gestärkt werden. Um ihr Verlagerungsziel zu erreichen, wollen die Österreicher den Schienenverkehr mehr fördern und die Trassenpreise für drei Jahre einfrieren.