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Kombiverkehr feiert 50. Geburtstag „Kein Feigenblatt mehr“

Foto: Lukas Baumelt

Kombiverkehr feiert seinen 50. Geburtsag, beklagt aber die mangelhaften Leistungen der Bahnen. 2018 ist die Zahl der KV-Sendungen daher nicht gestiegen.

Freud und Leid liegen nahe beieinander: Kombiverkehr begeht im Rahmen eines großen Festakts den 50. Geburtstag seit der Unternehmensgründung (siehe Kasten). 1969 gründeten Transportverbände und Spediteure die Gesellschaft, um mehr Lkw-Verkehr auf die Schiene zu verlagern. 2007 schaffte der Frankfurter Operateur im Kombinierten Verkehr (KV) erstmals die Marke von mehr als einer Million Sendungen – eine Marke, die im 50. Jahr des Bestehens allerdings nicht erreicht werden konnte.

182 Verbindungen in ganz Europa

Aber Kombiverkehr verfügt inzwischen in Europa mit insgesamt 182 Verbindungen über das größte und dichteste Netz im KV. „Pro Nacht sind 170 Shuttlezüge unterwegs“, sagte Robert Breuhahn, neben Armin Riedl einer der beiden Geschäftsführer von Kombiverkehr, bei der Gesellschafterversammlung im Anschluss an die Jubiläumsfeier. Und die Nachfrage nach Leistungen steige weiter, denn der Kombinierte Verkehr trage maßgeblich zum Klimaschutz im Verkehr bei.

Anreize für Verlagerung schaffen

Dies betonte in ihrem Grußwort auch Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium. „Der Kombinierte Verkehr ist eine Erfolgsgeschichte, aber wir können uns nicht darauf ausruhen“, sagte sie. Insbesondere, weil Deutschland als Klimaziel eine Senkung des Treibhausgasausstoßes des Verkehrs von 170 auf 98 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2030 vorgesehen habe. Die Schere des Modalsplits gehe derzeit aber immer weiter auseinander, eine Entwicklung, die zulasten der Schiene gehe. Eine Verdopplung des Schienenanteils im Modalsplit sei daher „sehr ambitioniert“, deswegen sei ein Pull-and-push-Ansatz notwendig: Mittel für Infrastrukturvorhaben und die Digitalisierung einerseits, Anreize für eine Verlagerung von Lkw-Transporten andererseits. Eine CO2-Bepreisung etwa für europäische Fernverkehre sei ein guter Anreiz für einen fairen Wettbewerb unter allen europäischen Verkehrsträgern. „Die Erreichung unserer Klimaziele ist nur durch eine Verkehrswende möglich“, sagte Rita Schwarzelühr-Sutter.

Dafür muss aber noch viel getan werden. Als Grund für das Ausbleiben eines Sendungswachstums 2018 nannte die Vorsitzende des Kombiverkehr-Verwaltungsrats, Gudrun Winner-Athens, „die nicht marktfähige Leistungsqualität der Bahnen, die zu einem Verlust maßgeblicher Verkehre geführt hat“. Dabei verschonte sie auch nicht den Partner DB Cargo, der neben den derzeit rund 230 Speditionen Anteilseigner der Kommanditgesellschaft ist und viele der Kombinierten Verkehre produziert. „Unser Partner DB Cargo hat in der Produktion versagt.“

Problem Lokführermangel

Laut Breuhahn hat sich die Qualität auf der Schiene mittlerweile im sechsten Jahr in Folge verschlechtert. Die Ursachen dafür, die nahezu alle wichtigen Verkehre betrafen, waren zum einen eine hohe Baustellendichte im nationalen sowie internationalen Netz und vor allem nicht abgestimmte Baumaßnahmen auf wichtigen Korridoren; zum anderen Ressourcenknappheit, insbesondere in Bezug auf fehlende Lokführer und die Terminalkapazität.

Im internationalen Verkehr schlugen außerdem die lang anhaltenden Streiks in Frankreich negativ zu Buche, denn sie störten extrem die Verkehre nach Frankreich und Spanien, was ein Minus von 17 Prozent bedeutete. Bei den Italien-Verkehren, der aufkommensstärksten Relation von Kombiverkehr, machte sich ein Unfall im Terminal München-Riem negativ bemerkbar, der zu einer Einstellung nahezu aller Umschlagsaktivitäten vor Ort für rund zwei Wochen sorgte und damit die Abwicklung der Züge von und nach Italien beeinträchtigte.Im Bereich des nationalen Netzwerks sorgten nach Unternehmensangaben die schlechte Leistungsqualität von DB Cargo sowie die Einstellung eines Zugangebots zwischen Bremen/Terminal Roland und dem Stuttgarter Hafen für einen Rückgang der Sendungsmenge.

Schwachpunkt Terminal

Laut Kombiverkehr-Geschäftsführer Armin Riedl ist neben den Bahnen auch die Terminalstruktur ein weiterer Schwachpunkt im Kombinierten Verkehr. Sorgenkind sei bei den fast 30 Beteiligungsgesellschaften von Kombiverkehr die DUSS, an der DB Netz 75 Prozent und die DB 12,5 Prozent hält. Laut Riedl sei man sich immer noch nicht einig über die Positionierung der DUSS im Markt. „Eine reine Abschöpfung der Gewinne wie bisher kann so nicht weitergehen“, sagte er.

Digitalisierung als Chance

Wie Riedl aber auch berichtete, bietet das Thema Digitalisierung die Chance zu einem deutlichen Qualitätssprung auf der Schiene, etwa durch die beleglose Agenturabwicklung, die bis Ende 2019 geplant ist. Im Rahmen der Initiative KV 4.0 stehen Projekte wie der Train-Monitor an, der eine Echtzeitverfolgung auf der Schiene ermöglichen und eine Prognose dafür liefern soll, wann eine Sendung abladebereit am Zielbahnhof ist. Ein weiteres großes Projekt ist der digitale Austausch von Sendungsdaten in der ganzen intermodalen Transportkette. Hier sind laut Riedl bereits sechs Datendrehscheiben definiert, mit denen die Beteiligten in Zukunft arbeiten sollen.

Die Aussicht für 2019: Auch in den ersten fünf Monaten haben die Verantwortlichen laut Breuhahn „keine leistungsfähige Qualität“ erreicht – „wir rechnen bestenfalls mit einer Stagnation unseres Verkehrsaufkommens“. Jetzt sei es Zeit, den Worten auch Taten folgen zu lassen und den KV nicht länger nur als verkehrspolitisches Feigenblatt zu nutzen. Auch Armin Riedl plädiert für eine endlich umfassende Unterstützung des Kombinierten Verkehrs: „Es ist irre, dass ein gasbetriebener Lkw inzwischen mautfrei fahren darf, während die Schiene als wirklich CO2-freier Verkehrsträger immer noch eine EEG-Zulage zahlen muss.“

Das Geschäftsjahr

  • 2018 transportierte Kombiverkehr 937.837 Lkw-Sendungen (1,9 Millionen TEU), 2,1 Prozent weniger als im Vorjahr.
  • Die Anzahl der nationalen Sendungen reduzierte sich um 3,6 Prozent auf 200.059, blieb aber mit 21 Prozent weiterhin eine wichtige Stütze im Gesamtaufkommen von Kombiverkehr.Im internationalen Verkehr wurden 737.778 Lkw-Sendungen transportiert (rund 1,5 Millionen TEU). Der Sendungsrückgang gegenüber dem Vorjahr betrug 1,7 Prozent.
  • Das Ergebnis nach Steuern ging von 981.981 Euro im Jahr 2017 auf 870.550 Euro im vergangenen Jahr zurück. Der Umsatzerlös reduzierte sich um 21,8 Millionen Euro.

Kombiverkehr-Geschichte

  • Am 11. Februar 1969 wurde die Kombiverkehr Kommanditgesellschaft auf Initiative des damaligen Verkehrsministers Georg Leber unter Beteiligung der Verbände des Güterfernverkehrs, des Speditions- und des Möbeltransportgewerbes sowie der Deutschen Bundesbahn und von 56 Straßentransporteuren und Kraftwagenspediteuren in Frankfurt am Main gegründet.
  • Der erste Zug von Kombiverkehr startete am 1. Juli 1969 im Verladebahnhof Frankfurt am Main (Ost) und hatte Hamburg als Ziel. Weitere Linien verbanden das Ruhrgebiet mit Mannheim beziehungsweise Stuttgart und Hamburg mit München.
  • Heute unterhält Kombiverkehr (130 Mitarbeiter) ein europäisches Netzwerk mit wöchentlich über 770 Direkt- und Shuttlezügen und hält Beteiligungen an 26 Gesellschaften im In- und Ausland.
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