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Zwischenbericht der AG1 zum Klimaschutz Wege zu weniger CO2

Rasenstrasse Foto: Phoenixpix - stock.adobe.com

Laut Zwischenbericht einer Arbeitsgruppe zum Klimaschutz im Verkehr wird das Ziel, die CO2-Emissionen zu senken, um etwa ein Drittel verfehlt.

Einen Zwischenbericht hat die Regierungskommission für den Klimaschutz im Verkehr vorgelegt. Daran muss weitergearbeitet werden, denn das vorgegebene Ziel einer CO2-Verringerung um mindestens 40 Prozent bis 2030 wird um etwa ein Drittel verfehlt. Eine Lücke von etwa 16 bis 26 Millionen Tonnen CO2 gilt es noch zu schließen, damit keine milliardenschweren Ausgleichszahlungen für Deutschland fällig werden. Trotz aller Kritik des Ergebnisses in der Öffentlichkeit zeigen sich die Transportverbände verhalten optimistisch. Denn die von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) eingesetzte Verkehrskommission musste viele Interessen unter einen Hut bringen, bestand sie doch aus einem breiten Spektrum gesellschaftlicher Kräfte, vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) über den Deutschen Städtetag bis hin zu Transport- oder Naturschutzverbänden.

Elektromobilität hat Schlüsselfunktion

Es sei von Anfang an klar gewesen, dass diese so unterschiedlich zusammengesetzte Arbeitsgruppe nicht in allen Einzelfragen einen Konsens erreichen würde, hält der Präsident des Deutschen Verkehrsforums (DVF), Jörg Mosolf, fest. Vor diesem Hintergrund sei das Ergebnis beachtlich, so lägen konkrete Vorschläge für Investitionen auf dem Tisch: „Wir haben uns auf den Ausbau von Schiene, ÖPNV und Radinfrastruktur, den ambitionierten Hochlauf der Elektrifizierung und die Fortentwicklung alternativer Kraftstoffe geeinigt.“ Außerdem sei der Bundesregierung ein Prüfauftrag für eine CO2-Bepreisung erteilt worden. „Das hat es als gemeinsame Forderung von Wirtschafts-, Verbraucher- und Umweltverbänden so noch nie gegeben“, hebt Mosolf hervor. Auch der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) warnt davor, die Ergebnisse der Klimaschutzkommission kleinzureden. Der Zwischenbericht gebe „ein ganzes Maßnahmenbündel an die Hand, mit dem die Trendwende im Verkehr sofort eingeleitet werden kann“, erläutert der Verband. Diesem ersten Schritt müssten weitere folgen, denn der Klimaschutz im Verkehr verlange „gewaltige Kraftanstrengungen der gesamten Gesellschaft“. Der BGL, der in der Arbeitsgruppe auch für alle anderen Verbände der Transport- und Logistikwirtschaft sprach, habe sich für eine sozialverträgliche Ausgestaltung des Klimaschutzes eingesetzt, die für die Unternehmen Planungs- und Investitionssicherheit gewährleiste.

Nur mit einem beschleunigten Ausbau der Infrastruktur für Elektrofahrzeuge und „verlässlichen Anreizsystemen“ können nach Einschätzung des Verbands der Automobilindustrie (VDA) die „sehr ehrgeizigen Ziele“ von etwa 7 bis 10,5 Millionen E-Autos bis 2030 erreicht werden. Eine bindende Quote liefert der Bericht genauso wenig wie ein Malussystem für besonders viel Sprit schluckende Fahrzeuge. Für den VDA hat die Elektromobilität „kurzfristig“ eine Schlüsselfunktion. Weitere Fortschritte könnten durch effizientere Verbrenner, eine verstärkte Berücksichtigung alternativer Antriebe bei Lkw, mehr regenerative Kraftstoffe sowie durch Verbesserungen im Verkehrsfluss und die stärkere Nutzung digitaler, effizienzsteigernder Services erzielt werden. Geprüft werden müsse seitens der Bundesregierung auch, wie eine Reform des Abgaben- und Steuersystems aussehen könnte, in das sich eine CO2-Bepreisung einfügt, meint der VDA. Minister Scheuer hatte steuerliche Maßnahmen bislang genauso vehement zurückgewiesen wie ein Tempo­limit auf der Autobahn. Einmütigkeit herrscht auf beiden Seiten, dass die Klimapolitik im Verkehr mit Innovationen und nicht mit Verboten und Verteuerungen vorangetrieben werden soll. Scheuer setzt auf einen wählerfreundlichen Wohlfühlkurs, der möglichst niemandem wehtun soll.

Auch Daniel Rieger, der beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu) den Bereich Verkehrspolitik leitet, gewinnt dem Bericht Positives ab: „Wir haben uns auf etwa zwei Drittel der Maßnahmen einigen können. Das ist schon mal bemerkenswert“, sagte er. Aber für eine Größenordnung von 16 bis 26 Millionen Tonnen Kohlen­dioxid fehle nach wie vor eine Lösung. Zudem gehe Minister Scheuer davon aus, dass allein durch die Digitalisierung bis zu acht Millionen Tonnen CO2 eingespart werden könnten, erläutert Rieger. „Das ist aber eine Rechnung mit lauter Unbekannten, denn niemand weiß heute, wie sich die Digitalisierung auswirken wird“, kritisiert er. In jedem Fall ist für die jetzt angedachten klimaschonenden Veränderungen viel Geld vonnöten. Laut Mosolf muss der Bund bis 2030 jährlich mindestens drei Milliarden Euro zusätzlich bereitstellen – zur Unterstützung der Elektromobilität und nachhaltiger Kraftstoffe, für den Ausbau des Schienenverkehrs, des ÖPNV, der Wasserstraßen und für die Digitalisierung des Sektors.

Klimaschutz für den Straßengüterverkehr

Neue Antriebstechnologien, insbesondere der Elektromotor, sollen laut Verkehrskommission die Treibhausgaswirkung von Pkw, Lkw und Bussen reduzieren. Genannt werden neben Oberleitungen auch Antriebe per Batterie oder mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge. Die Beladungsgrade von Lkw könnten durch Frachtbörsen oder Logistikallianzen erhöht werden, betont das Papier. Lang-Lkw waren umstritten, sie wurden von „einzelnen Akteuren aus Gründen der zu erwartenden Rückverlagerung von Warenströmen von der Schiene auf die Straße abgelehnt“. Weitere Einsparpotenziale lägen in der Fahrereffizienz oder einer verbesserten Aerodynamik des Fahrzeugs. Aber auch hier scheiden sich die Geister: Leerer Raum, der durch Aerodynamik-Anbauten an Nutzfahrzeugen entsteht, könne als Ladefläche genutzt werden, sagen die einen. „Dem widersprechen andere Mitglieder, da dies aus ihrer Sicht im Widerspruch zur 2015 überarbeiteten EU-Richtlinie für Lkw-Maße und -Gewichte (2015-719) stehe“, heißt es im Bericht.

Transporte sollen zudem auf Schiene und Binnenschiff verlagert und der Kombinierte Verkehr gestärkt werden. Der deutlich höhere Marktanteil des Schienengüterverkehrs in Ländern wie der Schweiz zeige, dass das Marktpotenzial auch in Deutschland weitaus höher liegen könnte. Verlagerung und Effizienzsteigerung von Schiene und Schiff könnten dann den CO2-Ausstoß um drei bis fünf Millionen Tonnen gegenüber 2015 mindern

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
trans aktuell 08 2019 Titel
trans aktuell 08 / 2019
5. April 2019
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